Interview im australischen TV

Wenn es Putins Propagandisten die Sprache verschlägt

Hatte im australischen Fernsehsender ABC einen schweren Stand: Russlands Botschafter Alexej Pawlowsky.

Hatte im australischen Fernsehsender ABC einen schweren Stand: Russlands Botschafter Alexej Pawlowsky.

Wie professionell umgehen mit einem von Putins Propagandisten, wenn in Interviews Tatsachen geleugnet, Fakten verdrängt, Begriffe vermieden werden? Die Journalistin Sarah Ferguson von der Australian Broadcasting Corporation (ABC), dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen Australiens, hat es jetzt vorgemacht. Im Interview mit Alexej Pawlowsky, dem russischen Botschafter in Down Under, ließ sie letztgenannten ziemlich alt aussehen – weil sie stets nachsetzte und die Phrasen des Russen bloßstellte.

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„Botschafter, Sie sind hier in Australien und genießen die Vorteile einer freien und offenen Gesellschaft. Wie leben Sie damit, das repressive, diktatorische Putin-Regime zu repräsentieren?“, so der Einstieg der 57-Jährigen.

Während die Begriffe „repressiv“ und „diktatorisch“ fielen, hörte man Pawlowsky lachen, woraufhin die Journalistin sofort nachhakte: „Finden Sie das lustig?“ „Was ich lustig finde, ist Ihre Art, ein Interview zu beginnen“, erklärte Pawlowsky daraufhin. „Das war eine ziemlich direkte Frage“, kartete die Moderatorin zurück. Pawlowsky: „Ja, zu direkt.“

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Hatte in Russland nie Probleme

Dann erklärte der Russe seine Sicht: „Lassen Sie mich Ihnen zunächst sagen, dass ich nie Probleme hatte, in meinem Land zu leben. Dort habe ich nach meiner vorherigen Tätigkeit 13 Jahre gelebt, bevor ich nach Australien kam. Ich hatte nie den Eindruck, dass ich autoritär lebe – oder wie nannten Sie das?“

„Repressiv und diktatorisch“, unterstrich Ferguson nochmals und ging dann ins Detail: „Es ist ein Regime, das in sein Nachbarland eingefallen ist. Es ist ein Regime, in dem Proteste unterdrückt werden, in dem freie Medien mundtot gemacht werden, in dem Andersdenkende ermordet oder inhaftiert werden, in dem das Ausmaß Ihrer Kriegsopfer der Öffentlichkeit verborgen bleibt. Wie würden Sie diese Staatsform beschreiben, wenn nicht als Diktatur?“

Australier Opfer einer „Gehirnwäsche“?

Der war nicht mehr bereit, darauf einzugehen. „Ich habe mich auf wesentliche Fragen zu Russlands Politik vorbereitet, um Russlands Position zu bestimmten Themen wie Russlands Rolle in der Welt“, erläuterte der Botschafter. Ferguson erwiderte, dass diese Fragen ja „noch drankommen“, dass es aber zunächst wichtig sei, die Zuschauerinnen und Zuschauer zu informieren, „wer Sie sind und wen Sie vertreten“. Also widmete sie sich einer Behauptung des russischen Botschafters offenbar älteren Datums, dass Australier einer „Gehirnwäsche“ unterzogen worden seien, um die Ukraine in ihrem Kampf gegen die russische Invasion zu unterstützen.

Man muss keiner ‚Gehirnwäsche‘ unterzogen werden, um das zu verstehen.

Sarah Ferguson,

australische TV-Moderatorin

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Ferguson: „Die russische Invasion in der Ukraine war eine kriminelle Handlung, und das russische Militär hat die Menschen in der Ukraine terrorisiert. Verstehen Sie, dass man keiner ‚Gehirnwäsche‘ unterzogen werden muss, um das zu verstehen?“ In seiner Not brachte der russische Botschafter jetzt die US-Invasion im Irak vor 20 Jahren ins Spiel: „Eine wirklich kriminelle Aktion, die brutale Invasion eines souveränen Staates, illegal und eine unmoralische Aggression war, was vor 20 Jahren passierte, Anfang März ...“

Wenn wir 20 Jahre zurückblicken, dauert es zu lange ...

„Lassen Sie uns über das sprechen, was seit einem Jahr passiert“, konterte die Moderatorin und fügte ein paar Halbsätze später hinzu: „... ich fürchte, wenn wir jetzt 20 Jahre zurück in die Geschichte schweifen, wird das alles hier sehr lange dauern.“ Angesichts der Hartnäckigkeit der Interviewerin kam Botschafter Pawlowsky gelegentlich ins Stottern, legte Pausen ein oder brach Sätze ab. Souverän wirkte das nicht.

Ferguson verwies auf einen gerade veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen, in dem verschiedene angeblich von der russischen Armee in der Ukraine begangene Kriegsverbrechen aufgeführt sind, darunter „Folter, Vergewaltigung, Hinrichtung“, der „wahllose“ Beschuss ziviler Infrastruktur und die erzwungene Deportation ukrainischer Kinder nach Russland. Und direkt an den Botschafter gerichtet fragte sie: „Wie können Sie behaupten, dass dies ein Krieg zur ‚Befreiung‘ der Ukraine ist?“

Krieg oder Spezialoperation?

Der offiziellen Linie seines Landes folgend behauptete der Russe, dass es sich um „einen Stellvertreterkrieg der Nato gegen Russland“ handle. Die Journalistin erwiderte, Russland habe seit Februar 2022 „den Tod von mehr als 8000 ukrainischen Zivilisten verursacht. In seiner Rede an die Nation im Februar sagte Präsident Wladimir Putin aber: ‚Wir befinden uns nicht im Krieg mit den Menschen in der Ukraine‘. Meine Frage: Warum tötet ihr sie?“, so Ferguson.

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Auch als der Botschafter zum wiederholten Mal den Krieg eine „Spezialoperation“ nannte, fuhr die Journalistin dazwischen: „Es ist ein Krieg.“ Ein Einwand, der Pawlowsky aufbrausen ließ: „Sie müssen das nicht jedes Mal wiederholen.“ – „Doch. Ich denke, das muss ich“, beharrte Ferguson.

Diese Tragödie in der Ukraine begann, als der Westen einen Staatsstreich in Kiew förderte.

Alexej Pawlowsky,

russischen Botschafter in Australien

„Ich würde sagen, dass diese Tragödie in der Ukraine begann, als der Westen einen Staatsstreich in Kiew förderte und eine ultranationalistische, fremdenfeindliche Regierung an die Macht brachte. Das war die Regierung, die tatsächlich mehr als 50 Menschen in Odessa verbrannt hat“, behauptete der russische Botschafter daraufhin. „Wenn Sie nur russische Propagandamythen von früher wiederholen wollen, dann fahren Sie bitte fort“, ermunterte Ferguson den Botschafter. Der daraufhin erwiderte: „Sarah, Sie wiederholen westliche Propaganda, aber das soll okay sein?“

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In diesem Stil ging es weiter. Das Echo in den sozialen Netzwerken weltweit ist gewaltig. „Sensationelles Interview“, schreibt die Nutzerin Lynn Hudson auf Twitter. „Total umwerfend!“, schreibt Janet Baker.

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Australien unterstützt im Krieg die angegriffene Ukraine. Nach einer Anfrage von Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Australien der Ukraine Bushmaster-Panzerfahrzeuge geliefert.


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