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So war's einst im Fantasyland Cintra

Da waren’s auch schon sieben – Sechs Elfen und eine Zwergin treten in „The Witcher: Herkunft des Blutes“ gegen das Böse an

Man nennt sie auch Lerche: Éile (Sophia Brown) ist eine Art Rockstar in der Welt der Miniserie „The Witcher: Blood Origin“. Wer sich mit ihr anlegt, bekommt indes zu spüren, dass sie früher mal in einer Königinnengarde diente. Szene aus der Serie, die am 25. Dezember bei Netflix startet.

Man nennt sie auch Lerche: Éile (Sophia Brown) ist eine Art Rockstar in der Welt der Miniserie „The Witcher: Blood Origin“. Wer sich mit ihr anlegt, bekommt indes zu spüren, dass sie früher mal in einer Königinnengarde diente. Szene aus der Serie, die am 25. Dezember bei Netflix startet.

Diese Paralleluniversen immer. In der Welt namens Cintra, die der polnische Autor Andrzej Sapkowski für seine „Witcher“-Geschichten erfand, kam es einst durch unselige Kräfte zu einer Universumsüberschneidung – Fans des Franchise auch als Sphärenkonjunktion bekannt. Dadurch gelangten Monster und Menschen (also nichts Gutes) in eine von Elfen bewohnte Welt. Damals begann auch das Zeitalter der Hexer, mit Spezialkräften begabter Meister des Schwertkampfs, wie Geralt von Riva, von dem fünf „Witcher“-Romane, zwei Shortstory-Bände, mehrere Computerspiele und bislang zwei Serienstaffeln künden.

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Eine kleine straighte Geschichte über Heldinnen, Helden und das Böse

Der Netflix-Weihnachtsvierteiler „The Witcher: Herkunft des Blutes“ ist ein von der Mutterserie weitestgehend unabhängiges Prequel und erzählt, wie diese wundersame Welt 1200 Jahre vor Geralts Zeit entstand – in 190 Minuten. Das ist sportlich, denkt man zunächst. Aber es wird im Grunde auch nur eine kleine, straighte „Gefährten und Gefährtinnen gegen das Böse“-Geschichte erzählt.

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Den Rahmen der Story steckt Rittersporn alias Strandläufer (Joey Batey), ein nervtötender, aber irgendwie auch netter Barde, von dem man immer erwartet, er singe gleich „Atlantis“, weil er Donovan Leitch, dem Brit-Dylan der 60er-Jahre, doch recht ähnlich sieht. Stattdessen ruft er zu Serienbeginn in einem fort „Fuck!“, als wäre er Hugh Grant, als der um ein Haar die erste Hochzeit in der romantischen Komödie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ verschlafen hätte, mit der seine Karriere Fahrt aufnahm.

Es geht aber doch eher in Richtung Todesfall, denn Rittersporn, den „Witcher“-Fans auch aus der Mutterserie kennen, befindet sich in einer blutigen Schlacht, in der sich die Dinge übel gegen ihn zuspitzen. Gerettet wird er – Vorsicht: Spoilerlawine! – von einer gestaltwandlerischen, zeitreisenden Geschichtenerzählerin, die ihm in einem Steinkreis eine Laute bereitgestellt hat.

Die Frau macht ihm weis, er sei ein Held, und weil die Leute seiner Zeit Hoffnung bräuchten, müsste man für sie die uralte „tolle Geschichte der Sieben“ wieder ausgraben. Was sie denn auch prompt tut. Rittersporn lauscht, um später selbst davon singen zu sollen. Schon der Rittersporn-Rahmen ist etwas grobholzig.

Ausgestoßene werden zu einer Gemeinschaft. Die erste Kernfigur der Serie ist Fjall (Laurence O‘Fuarain), der Wächter der Königstochter Merwyn (Mirren Mack), deren Vater über Cintra, das vor 1200 Jahren noch Xin‘trea hieß, herrschte, und der drei verfeindete Reiche unter dem Motto „Kontinent der Möglichkeiten“ für ein Zeitalter des Friedens und Fortschritts vereinen wollte.

Wer die Pflicht wegen Sex vergisst, darf nicht auf Nachsicht hoffen

Ein über alle Maßen ehrgeiziger Magier namens Balor (Lenny Henry), den brandgefährliche Egoprobleme umtreiben sowie das ja immer säbelrasselnd-zackige, dem Kriegführen zugeneigte Militär solcher Serien, machen dem Fürsten einen Strich durch die pazifistische Rechnung. Fjall kann nicht einschreiten, denn er wurde aus seinem Hundeclan und vom Reichsgebiet verbannt, weil er nicht nur auf die schöne Prinzessin aufgepasst, sondern ihr (auf ihr Drängen hin) auch beigewohnt hat – wobei beide erwischt wurden.

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„Schützen. Nicht vögeln“ bringt Éile alias „die Lerche“ das Scheitern Fjalls auf den vulgären Punkt, als sie Fjall in einer Art Gefängniszelle trifft – eine frühere Königinnengardistin im verfeindeten Rabenclan, die sich als Bänkelsängerin selbstständig gemacht hat und aussieht wie eine Rock-‘n‘-Rollerin unserer Breiten. Ihr Lied „We Are the Black Rose“ pfeifen in Xin‘trea die Spatzen von den Dächern – der Kampfgeist-Hit zum Mitsingen für Deklassierte, ein Protestsong, der ein wenig an Katniss Everdeens „The Hanging Tree“ aus den „Tribute von Panem“-Filmen erinnert.

Fjall und Éile können entkommen, um die Keimzelle der glorreichen Fantasy-Sieben (sechs Elfen und Elfinnen sowie eine Zwergin) zu bilden, die gegen Balor, sein heuschreckenartiges Monster aus einer anderen Dimension und alle übrigen bösen Kräfte (eine überraschende darunter) zu Felde ziehen wollen.

„Blood Origin“ hat ungeküsste Dialogzeilen und flache Figuren

Die Miniserie ist unterhaltsam, wenn man keine allzu großen Ansprüche stellt und sich damit begnügt, vorm Fernseher zu Marzipankartoffeln und Glühbier spitzohrigen Elfen beim Überleben zuzusehen. Die Figuren der Serienschöpfer Declan de Barra und Lauren Schmidt Hissrich sind samt und sonders nur Skizzen ohne echte Charaktertiefe, viele Dialoge sind wirklich ungeküsst. Der Feststellung „Immer wenn ich glaube, dümmer geht es nicht, werde ich eines Besseren belehrt“ des letzten Geisterstammmitglieds Scian (Michelle Yeoh) möchte man sich deshalb auch immer mal wieder anschließen. Die Logik ist ebenfalls nicht immer Mutter dieser Schwertkiste und wann immer ein Problem auftaucht, wird quasi im nächsten Atemzug eine (oft holprige) Lösung gefunden.

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Wo wir gerade beim Mäkeln sind: Die Kulissen sehen zuweilen penibel abgewaschen bis plastikhaft aus – wie in weniger teuren Produktionen des Genres, früher, als Peter Jackson erst anfing, über seine „Herr der Ringe“-Filme nachzudenken.

Durch die Parallelwelt schwebt eine blaue Mordfee

Viel Geheimniskrämerei gibt es um die Parallelwelten, um die Funktion „2001″-artiger Monolithen und um eine Art mörderische Version der blauen Fee – Pinocchio lässt grüßen –, die über die von Balor begehrte Chaos-Magie (sic!) verfügt. Die weibliche Stimme aus dem blauen Flimmern verspricht dem langweiligen Druidenverschnitt, ihn „zum Gott der Elfen“ zu machen. Die armen Elfen! Indes: Wer solchen blauen Feen glaubt, wird selig.

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Nach einer Art umgekehrtem „Zehn kleine Jägermeister“-Prinzip – „da waren‘s denn schon fünf“ komplettiert sich die Schar der Ausgestoßenen/Helden. Zu besiegen ist das Böse aber nur mit einem Verwandlungszauber, der einen einzigen Auserwählten betrifft. Wer das wahrhaft lebensverändernde Opfer bringt, soll hier verschwiegen werden. Es gibt auch für notorische Spoilerstreuer Grenzen. Problem der Miniserie: Dass die Sphärenkonjunktion nicht verhindert werden kann, weiß man leider schon aus den „Witcher“-Büchern, -Spielen, -Staffeln. Auch Fantasyhelden sind eben nicht immer in allen Teilbereichen ihrer Quest siegreich.

Erst, wenn man alle anderen Fantasyhits des Jahres durch hat

Was nicht verschwiegen werden soll: Der Fantasyfreund unter den Streamern ist dieser Tage besser bei Ausgereifterem aufgehoben – beim realistisch-fantastischen „Game of Thrones“-Prequel „House of The Dragon“ (Sky/Wow) aufgehoben, beim Fantasy-Sci-Fi-Mix „His Dark Materials“ (Sky/Wow), in der heiligen Sphäre von „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ (Amazon Prime Video) oder beim vergnüglichen „Sandman“ (Netflix). Hat er das alles hinter sich und will partout nicht auf Mystery, Western, Science fiction oder Thriller umschwenken – sei‘s drum.

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Diejenigen freilich, die jetzt schon sehnsüchtig auf „The Witcher 3″ warten, die letzte Staffel mit Henry Cavill, dessen eherne Stimme die Gestalt des Geralt prägte, kommen eh nicht umhin, noch die letzte hier gereichte Info aufzusaugen.

„The Witcher: Herkunft des Blutes“, Miniserie, vier Episoden, von Declan Barra und Lauren Schmidt Hissrich (nach Andrzej Sapkowski), mit Laurence O‘Fuarain, Sophia Brown, Michelle Yeoj. Lenny Henry, Mirren Mack, Francesca Mills (ab 25. Dezember bei Netflix)

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