Friede, Freude, Hochzeitslieder – Ed Sheeran legt „auf Schalke“ los
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Ohne Bart, dafür mit kompletter Band und dem größten Vergnügen: Ed Sheeran (hier im September 2021 bei den MTV Video Music Awards im New Yorker Barclays Center) spielt ab Donnerstag (7. Juli) Konzerte in Europa. Die ersten drei Auftritte finden in der Gelsenkirchener Veltins-Arena statt – „auf Schalke“.
© Quelle: Evan Agostini/Invision via AP/dp
Ed Sheeran ist der Größte: In jedem Fall hält Ed Sheeran den Publikumsrekord auf einer Konzertreise. 8,15 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer sahen ihn auf der „÷“-Tour, auf der er mit 776 Millionen US-Dollar auch die – vor Inflation – größte Summe aller Zeiten einspielte. Dabei gab er in den Jahren zwischen 2017 und 2019 insgesamt 239 Konzerte. Inflationsbereinigt waren die 736 Millionen Dollar Umsatz, die die irische Konkurrenz U2 auf ihrer „360-Grad“-Tour (zwischen 2009 und 2011) erwirtschaftete, mehr wert. Bono und Co. brauchten dafür auch nur 110 Shows. Und erreichten damit 7,27 Millionen Fans.
Ed Sheeran liebt seine Zahlen: Nie zuvor hatte jemand so viele Fans zu einem einzigen Konzert nach Wales gelockt wie Ed Sheeran am Freitag, 28. Mai dieses Jahres. 75.000 Fans feierten den 31-Jährigen bei seinem dritten Konzert im Principality Stadion, dem 21. Gig der „Mathematics“-Tour, die am 21. März in Londons Electric Ballroom begonnen hatte. Das freute Sheran so, dass er es im Konzertverlauf gleich zweimal erwähnte, auch dass er beim ersten Konzert, dass er je in Cardiff gab vor nur 20 Leuten in einem Studentenheim gespielt hatte. Sollten sich die drei Konzerte in Gelsenkirchen (Donnerstag, Freitag und Samstag) zum zahlenmäßig größten Event summieren, das je in der dortigen Veltins-Arena stattfand (größtes Fassungsvermögen bei einer Mittelbühne 79.612 Zuschauer), dann wird Ed, der Zähler, das todsicher durchs Mikro vermelden.
Ed Sheerans „Mathematics“-Tour bisher: 74 absolvierte und bislang angekündigte Konzerte stehen gegen 239 der letzten Tour. Das bedeutet aber keineswegs einen Popularitätsschwund für Sheeran. Damals ging es nämlich gleich mehrfach um die ganze Welt. Die bislang bekannten „Mathematics“-Daten betreffen vorerst nur Europa und Ozeanien. Es gilt als sicher, dass das bislang letzte anvisierte Konzert im australischen Perth (12. März 2023) nicht den Schlusspunkt setzen wird. Der Troubadour Sheeran ist ein weltweiter Popstar – Tourdaten für Nord- und Südamerika, Asien und andere Weltgegenden werden folgen.
Alles dreht sich live um Ed Sheeran - eine Bühne à la U2
Ed Sheeran steht 2022 im Mittelpunkt: Wo wir vorhin von Rundbühnen sprachen: Ed Sheeran spielt diesmal – von U2 lernen, heißt siegen lernen – auf einer sich drehenden 360-Grad-Mittelbühne. Über der kreist auch noch ein riesiger Zylinder, auf dessen Screens man den Sänger von überall her (also auch von den weit entfernten „Vogelnestern“ unterm Dach der Arena) ausnehmend gut sehen können soll. Dazu finden sich weitere große Screens in Form aufgehängter Gitarrenplektren, die einfach hübsch aussehen. Vier Bühnenausleger gibt es überdies, damit jeder im Innenraum sich mal besonders nah am Star fühlen kann. By the way – schaut euch das mal an, liebe Rolling Stones, die ihr neulich mit relativen Winzschirmen und einer völlig unfähigen Kameraperson im Münchner Olympiastadion aufgekreuzt seid.
Ed Sheeran braucht keine Band: Ein Sänger tritt das Loop-Pedal, schichtet Sounds und Stimmen und macht im Alleingang Party. So war das bisher. Die Fans aus frühen Tagen lieben gerade das Einzigartige von Sheerans Straßenmusikeranmutung, mit der ihr Liebling größte Menschenversammlungen in Schwung bringt. Die ersten beiden Alben „+“ (2011) und „x“ (2014) entsprachen diesem eher spartanischen Folk-Livesound, wenngleich auch dort ein paar üppige instrumentierte Songs stattfanden. Die seit dem Megaseller „÷“ (2017) hinzugekommenen Mainstreammassen erwarteten dagegen das geschliffene Bandklangbild des Albums live von Musikern umgesetzt – und empfanden die dann gelieferten abgespeckten Soloversionen eher als „geizig“, „zu wenig“, „enttäuschend“.
Ed Sheeran braucht eine Band: Weil er 2021 mit „=“ eine zweite, „÷“ sehr ähnliche Platte veröffentlicht hat, soll es auch on stage mehr rocken. Diesmal steht Sheeran erstmals auch live eine richtige Band (zwei Gitarren, Bass, Keyboards, Schlagzeug) zur Seite. Die Konzerteröffnung in Wembley mit „Tides“ kam einem fast so rock’n’rollig vor, als wär’s ein Auftritt von Bruce Springsteen und der E-Street-Band. Es folgte „Blow“, Ed Sheerans erster richtiger Rock’n’Roll-Track vom „No. 6 Collaborations Project“ von 2019 (auf Platte mit Bruno Mars und Gitarrist Chris Stapleton). Im Konzert werden Soloblöcke mit solchen unter vollem Bandeinsatz wechseln. Dass die Fans „Judas!“ kreischen wie am 17. Mai 1966 in Manchester bei Bob Dylan, als der von der Folkie-Klampfe auf die E-Gitarre umstieg, steht nicht zu befürchten. Sheeran-Fans sind keine verbiesterten Soundpuritaner, sondern mehrheitlich Nettlinge.
„Shape of You“ wird gespielt - ein untadeliges Sheeran-Original
„Shape of You“ muss sein: Den Plagiatsprozess hat Ed Sheeran im April gewonnen. Bei seinem Überhit „Shape of You“ hat er laut Richterspruch nicht von Sami Chokris „Oh Why“ (2015) abgeschrieben. Der Richter fand zwischen beiden Songs signifikante Unterschiede. Sheerans Statement zur überstandenen Anschuldigung: „Es gibt nur eine bestimmte Menge an Noten und sehr wenige Akkorde, die in der Popmusik verwendet werden, und Zufälle sind vorprogrammiert, wenn 60.000 Songs pro Tag auf Spotify veröffentlicht werden. Das sind 22 Millionen Songs pro Jahr und es gibt nur zwölf Noten, die verfügbar sind.“ Stand 9. Juni war „Shape of You“ mit 3,15 Milliarden Aufrufen laut Statista der meistgestreamte Song auf Spotify. Bei Youtube wurde das Video (Stand 4. Juli) sogar 5,7 Milliarden Mal gestreamt (steht dort aber nur auf Platz vier). Jetzt, wo das Lied, das von gar nicht so unschuldiger Liebe handelt, wieder „unschuldig“ ist, freut man sich umso mehr darauf.
Was spielt Ed Sheeran noch? Beim letzten UK-Konzert im Wembleystadion am 1. Juli stellte der Musiker wie auf allen UK-Konzerten der laufenden Tour das aktuelle „=“-Album (2021) mit sechs Songs in den Mittelpunkt, wobei die Ballade „Afterglow“ (2020) von Statistikern dem Album zugeschlagen wird, ohne tatsächlich darauf enthalten zu sein. Relativ stark ist das zweite Album „x“ von 2014 vertreten (fünf Songs) und nur vier Stücke stammten von Sheerans Megaseller „÷“ (2017). Das erste Album „+“ (2011) wurde mit drei Songs zitiert, zwei weitere stammten vom Hip-Hop-lastigen Zwischenwerk „No. 6 Collaboration Project“, mit dem Sheeran 2019 vor allem seine musikalischen Wurzeln pflegte. Ein Schmankerl bei den Auftritten in der Heimat: Die wunderschöne Akustikballade „Love Yourself“, die Sheeran 2015 für Justin Bieber geschrieben hatte. Die Setlisten der Abende in Großbritannien variierten übrigens nur geringfügig.
Ed Sheeran gibt sich – außer bei Zahlen – bescheiden: Gern wird Ed Sheeran als bedeutendster „wedding singer“ der Welt betitelt, weil viele seiner Songs – voran „Perfect“ (aber auch „Thinking out Loud“, „Kiss Me“, „Afterglow“ oder – als Hochzeitstanzflächenfüller – „Castle on The Hill“) bestens als Soundtrack für den sentimentalsten Tag im Leben zweier Menschen taugen. Wohl deshalb spielte der Sänger im Actionfilm „Red Notice“ (2021) augenzwinkernd eine Minute lang sich selbst, wie er auf einer ägyptischen Oligarchenhochzeit spielt, dort von der Braut mehr angehimmelt wird als der Gatte und bei einer Razzia von Interpol verhaftet wird, wogegen er sich nicht etwa mit einem Satz à la „Ich bin ein Superstar, lasst mich hier los!“ wehrt, sondern sich mit „Ich habe bei ‚Game of Thrones‘ mitgespielt!“, vergeblich zu wehren versucht. Wir erinnern uns: Im Fantasyepos „Game of Thrones“ hatte Sheeran als liebenswürdigster Soldat in den Reihen der sonst eher derben Lennister-Armee 2017 einen Winzauftritt gehabt. Sheerans wahre Bedeutung im Popgefüge der Gegenwart spiegelte dagegen wohl am besten „Trainspotting“-Regisseur Danny Boyle wider. In dessen Komödie „Yesterday“ (2019) hat die ganze Welt alle Beatles-Songs vergessen – nur ein kleiner Möchtegernsongwriter nicht, der auf dem Werk der Fab Four seine Weltkarriere aufbaut. Sheeran erscheint als einziger Gegenwartskünstler, der eine Chance hat, sich mit der Qualität der Beatles-Songs zu messen. Er gibt sich dann aber in einem Songwriterwettstreit ganz ergeben mit dem zweiten Rang zufrieden.
Gelbe und blaue Luftballons am Himmel über Wembley
Ed Sheeran und der Krieg: Bei „Bad Habits“ waren die Lichter in Wembley blau und gelb wie die Flagge der Ukraine. Der Sänger trug ein blaues Shirt, der Korpus seiner Gitarre schimmerte gelb, gelbe und blaue Luftballons stiegen in den Abendhimmel über London auf. Der Sänger, der sich sonst mit politischen Statements eher zurückhält, hatte Anfang Mai schon mit der ukrainischen Band Antytila eine Version seines Songs „2steps“ mit erweitertem Text veröffentlicht. In dem zugehörigen Video sieht man Antytila-Sänger Taras Topolia in Tarnuniform, wie er singt: „Die Sirenen unterbrachen unseren Schlaf, / ich packte in zwei Koffer alles, / was Vergangenheit war, / und dann los!“ Die Verse, in denen Antytila zu hören sind, handeln vom ersten Tag des Krieges, von der Liebe und dem Versprechen, vom Schlachtfeld heil zurückzukehren.
Die Geheimnisse von Ed Sheerans Erfolg: 1. Er ist ein hervorragender Songwriter, versiert in vielen Stilen, 2. Stimme ergreifend, 3. Normalolook, null Glamour – einer von uns! und 4.: Er lässt alle über seine Songs an seinem Leben teilhaben, wenn er etwa von seiner kleinen Tochter einem verstorbenen Freund und sich selbst als Vater, der den Freund gern um Rat fragen würde, singt („Visiting Hours“), wenn er seine tote Großmutter für die Dauer eines Lieds auferstehen lässt („Supermarket Flowers“) oder tief in seine Ahnengeschichte hinabsteigt („Nancy Mulligan“). Selbst in einen Schmachter wie „Perfect“, der an die schönsten Rock’n’Roll-Schnulzen der Fünfzigerjahre erinnert, flicht Sheeran persönliche Zeilen ein. Und dass es zur Liebe gehört, mit der Liebsten zur Not zwölfmal „Shrek“ – ihr Lieblingsfilm – zu gucken, hebt „Wake Me up“ aus dem Formelhaften ins Besondere, Umarmende.
Nicht vergessen - Tickets für die Shows nur auf dem Handy
Tipp zu den Tickets: Bei den Ed-Sheeran-Shows der „Mathematics“-Tour gibt es – erstmals – ausschließlich digitale Tickets, es werden keine papierenen Eintrittskarten im Voraus ausgegeben. Man muss die Tickets vor dem Konzertbesuch in der Eventim-App aufs Handy herunterladen (unbedingt Ladestand des Handys überprüfen!). Der jeweilige Hauptkäufer/die jeweilige Hauptkäuferin muss außerdem die Buchungsbestätigung per E-Mail (auf dem Handy oder ausgedruckt) dabei haben, außerdem einen Führerschein oder Reisepass, der auf den Hauptkäufer/die Hauptkäuferin ausgestellt ist. Die Tickets sollten vom Hauptkäufer/der Hauptkäuferin an die Mitglieder einer gemeinsam anreisenden Gruppe auf deren Handys geschickt werden. Man sollte dennoch zusammenbleiben, denn – so die Website der Konzertagentur FkpScorpio: „Alle müssen gemeinsam mit dem Hauptkäufer eintreten.“ Weil Probleme abzusehen sind, sind sogenannte „Ticketing Angels“ in pinken Jacken unterwegs, um zu helfen und es sind auch „Trouble Counter“ eingerichtet, um Fans beim „digitalen Ticketing“ zur Seite zu stehen. Für Kurzentschlossene: Restkarten gibt es noch (natürlich nur online) für die drei Schalke-Gigs, für eine der drei Münchner (12. September) und eine der drei Frankfurter Shows (25. September).
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