Sex-Pistols-Sänger will für „Anarchy in the European Song Contest“ sorgen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/NQE6EBELO5F6DIQXVCD7FWR7RE.jpg)
Der britische Sänger John Lydon, alias Johnny Rotten, tritt mit der Punkband Public Image Ltd während eines Konzerts beim Glastonbury Festival auf.
© Quelle: picture alliance/dpa/EPA
Im britischen Fernsehen und bei den Boulevardmedien ist John Lydon ein Dauergast. Mehrfach trat er im Dschungelcamp auf, kommentiert alles, vom Brexit (hat er unterstützt) bis zur US-Präsidentschaft von Donald Trump in seiner Wahlheimat USA (für den hatte er sehr viel Verständnis).
Seine mitunter bizarren politischen Ansichten verkauft er der Öffentlichkeit als Kontinuität seiner anarchistischen Grundüberzeugung, für die er einst weltweit als Frontmann und Sänger der Sex Pistols („Anarchy in the UK“) gefeiert wurde.
Jetzt will John Lydon, der seit Jahrzehnten mit seiner deutschen Frau Nora Forster nahe Los Angeles lebt, an seine musikalische Prominenz, um die es eher ruhig geworden ist, anknüpfen. Anfang Februar tritt er bei der Vorausscheidung an, um im Mai Irland beim Eurovision Song Contest (ESC) 2023 vertreten zu dürfen, wie die britische BBC berichtet.
Ein begnadeter Musiker war der in London als Sohn irischer Eltern unter armen Verhältnissen aufgewachsene bekennende Arsenal-Fan nie. Die Sex Pistols, die ihre kurze Existenz eher der Umtriebigkeit ihrer Mentoren, den Modemachern Malcolm McLaren und Vivienne Westwood verdankten, schrieben einst Musikgeschichte, weil sie Mitte der 70er-Jahre die bis dato kaum wahrgenommene neue Jugendkultur des Punk offensiv vermarkteten und mit ihrer Band nicht nur die Boulevardmedien und das Fernsehen, sondern auch die Charts fütterten. Vor allem dank teils aufsehenerregender PR-Coups.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/2VQXVQRXKZDARMH5CZFYAYV6QY.jpg)
Bei viele Jugendliche in den 70er-Jahren sorgte ihre Musik für eine Art Erweckung: die Sex Pistols, v. l. n. r. Gitarrist Steve Jones, Bassist Sid Vicious, Sänger Johnny Rotten und Schlagzeuger Paul Cook.
© Quelle: imago images/LFI
„God save the Queen, the fascist regime“
Zum Beispiel wurde zum Geburtstag der Queen im Jahr des silbernen Thronjubiläums 1977 ein Boot gemietet, welches auch noch „Queen Elizabeth“ hieß, auf dem vor geladenen Journalistinnen und Journalisten mitten auf der Themse in voller Lautstärke ihr brandneuer Song „God Save the Queen“ gespielt wurde (Anfangszeile: God save the Queen, the fascist regime – Gott schütze die Königin, das faschistische Regime).
Noch mitten im Konzert wurde die ganze Crew von der britischen Polizei vom Fluss geholt und sollte vor laufenden Kameras verhaftet werden, doch die Band entkam. Der breit publizierte Skandal katapultierte die Single auf Platz zwei der britischen Charts – dort blieb sie 15 Wochen lang.
Heute ist John Lydon ein ewig aufgeregter Quertreiber, der in Büchern die eigene musikalische Bedeutung zu überhöhen versucht und für jede populistische Idee Verständnis zeigt, gleichzeitig aber liebevoll und aufopferungsvoll seine schwer demente Frau pflegt.
Um auch tatsächlich Irland ab 9. Mai beim ESC in Liverpool zu vertreten, muss sich der 66-Jährige am 3. Februar gegen fünf Mitbewerber durchsetzen. Mit dem Titel „Hawaii“, den er als gesungenen Liebesbrief an seine Frau nach fast 50 Ehejahren bezeichnet, wird er unter dem Namen seiner späteren Band PIL auftreten, Public Image Ltd, mit der er sich einst vom Punk und der wilden Sex-Pistols-Zeit vor allem auch musikalisch emanzipierte.