Tödliche Schüsse in Paris: Was über die Tat bekannt ist – und was nicht
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Ein Krankenwagen am Tatort.
© Quelle: IMAGO/PanoramiC
Ein tödlicher Angriff in Paris erschüttert Frankreich: Bei Schüssen in einem kurdischen Kulturzentrum und in Geschäften hat ein Angreifer drei Menschen tödlich verletzt. Was über die Tat bekannt ist und was nicht:
Was passiert ist
Am Freitag hatte ein Mann in einem kurdischen Gemeindezentrum sowie einem Restaurant und einem Friseursalon gegenüber dem Zentrum mehrere Schüsse abgefeuert und dabei drei Menschen getötet. Drei weitere Menschen wurden bei dem Angriff im zehnten Pariser Arrondissement verletzt. Der Mann habe allein gehandelt und als Sportschütze über etliche Waffen verfügt, teilten die Behörden mit.
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Absperrungen ach tödlicher Attacke in Paris am Freitag.
© Quelle: IMAGO/Xinhua
Wer ist der mutmaßliche Täter?
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 69-jährigen Franzosen, der bei der Polizei bereits wegen rassistischer Taten aktenkundig ist. Der Mann war laut Staatsanwaltschaft erst am 12. Dezember unter Justizaufsicht aus der Haft gekommen. Er saß fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft. 2017 wurde er wegen verbotenen Waffenbesitzes zu einer sechsjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Im vergangenen Jahr habe er ein Zeltlager von Geflüchteten mit einem Säbel angegriffen, wie die Zeitung „Le Parisien“ berichtete. Der Mann habe dort mehrere Menschen verletzt. Seit Juni 2022 lief gegen ihn ein Verfahren wegen bewaffneter Gewalttaten. Der Sender France Info berichtete unter Berufung auf Polizeikreise zudem, der Mann sei wegen zwei versuchter Tötungen bekannt.
Trotz seiner Vorstrafen sei er „weder den Geheimdiensten bekannt“ noch „als jemand aus der ultrarechten Szene registriert“ gewesen, sagte der Innenminister Gérald Darmanin.
Mittlerweile ist der 69-Jährige in die Psychiatrie eingeliefert worden. Ein Arzt habe festgestellt, dass der Gesundheitszustand des Mannes nicht mit einem Aufenthalt in Polizeigewahrsam verträglich sei. Wie die Staatsanwaltschaft Paris am Samstagabend mitteilte, solle der Verdächtige einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, sobald sein Zustand dies erlaube.
Über das Motiv des Täters
Der mutmaßliche Täter des tödlichen Angriffs bezeichnet sich Medienberichten zufolge selbst als Rassist. Der Sender France Info berichtete am Samstag unter Verweis auf informierte Kreise, dass der Mann dies als Grund für seine Tat angab. Der Sender BFMTV schrieb zudem, der Mann habe der Polizei gesagt, dass er gezielt die kurdische Gemeinde habe angreifen wollen. „Er wollte offensichtlich Ausländer angreifen“, sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Freitag über den mutmaßlichen Täter. Als Rechtsextremist sei er bei den Behörden jedoch nicht erfasst worden.
Die französische Justiz ermittelt nun auch wegen eines rassistischen Motivs. Wie die Pariser Staatsanwaltschaft am Samstag mitteilte, bleibe die Maximalstrafe, die dem Verdächtigen droht, unverändert bei lebenslanger Haft. Bereits gestern wurden Ermittlungen wegen vorsätzlicher Tötung und schwerer Gewalt eingeleitet. Der Polizeigewahrsam des Mannes wurde am Samstag verlängert.
Über die Opfer
Wie der Kurdische Rat in Frankreich (CDK‑F) mitteilte, handele es sich bei den drei Todesopfern und den drei Verletzten um kurdische Aktivisten.
„Le Monde“ berichtet über Angaben des Kurdischen Rates in Frankreich, dass es sich bei der Frau um Emine Kara handele, die Leiterin der kurdischen Frauenbewegung in Frankreich. Sie hatte dreißig Jahre lang in Kurdistan – in der Türkei, im Irak, in Syrien und im Iran – gekämpft und sich engagiert. Laut Berivan Firat, einer Sprecherin des Kurdischen Rates in Frankreich, habe Emine Kara während der Rückeroberung von Rakka durch die kurdischen Streitkräfte gegen die Organisation „Islamischer Staat“ (IS) gekämpft. Seitdem lebt sie in Frankreich und hatte politisches Asyl beantragt.
Bei den beiden Männern handelt es sich um einen kurdischen Sänger, der als politischer Flüchtling in Frankreich lebt, und einen alten Stammgast des kurdischen Kulturzentrums.
Wie reagiert Frankreich?
Nach dem Angriff will Frankreich kurdische Treffpunkte schützen. Landesweit sollten durchgehend Wachen an Versammlungsorten der kurdischen Gemeinde aufgestellt werden. Darmanin wollte zudem prüfen, ob es weitere Bedrohungen gegen Kurdinnen und Kurden in Frankreich gebe. Der Innenminister kündigte weiter an, auch türkische diplomatische Vertretungen im Land zu schützen, um Gegenangriffe zu verhindern.
Unterdessen fordert der Kurdische Rat in Frankreich Gerechtigkeit und Aufklärung. Die Organisation sprach von einer „terroristischen Attacke“, zu der es nach zahlreichen türkischen Drohungen gekommen sei. Die Türkei bekämpft seit Langem kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen, die von der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und weiteren kurdischen Organisationen vorangetrieben werden. Kurdinnen und Kurden zeigten sich schockiert. Sie sagten, sie seien vor Kurzem von der Polizei vor einer Bedrohung für kurdische Ziele in Paris gewarnt worden. „Es sind eindeutig die Kurden, auf die abgezielt wurde“, sagte der Aktivist Murat Roni. Das Kulturzentrum sei „wie die Botschaft für Kurden in Paris“.
Demonstration und Ausschreitungen nach tödlichen Schüssen in Paris
Ein mutmaßlich rassistisch motivierter Mann hat im Zentrum von Paris drei Menschen erschossen, zwei vor einem kurdischen Kulturzentrum.
© Quelle: Reuters
Demonstrationen in Paris
Am Pariser Place de la République versammelten sich am Samstagmittag etliche Menschen, um den Angriff zu verurteilen. Der CDK-F schrieb von Tausenden Teilnehmern noch vor dem offiziellen Beginn der Demonstration. Die Polizei gab zunächst keine Auskunft zur Teilnehmerzahl. Die Stimmung war Medienberichten zufolge teils aufgeheizt. Am Rande der Demonstration kam es demnach zu einzelnen Zusammenstößen. Demonstranten hätten die Ordnungskräfte beworfen, die Polizei habe Tränengas eingesetzt, berichtete der Sender BFMTV. Elf Menschen seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Einige Autos und Schaufenster wurden demnach beschädigt. Auch am Freitagabend hatte es bei einer Versammlung beim Angriffsort leichte Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften gegeben.
RND/vkoe/fw/dpa