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Diskussion auf Twitter

Ist der Klimawandel sexistisch? Luisa Neubauer bringt Twitter-Nutzer gegen sich auf

Die Aktivistin Luisa Neubauer spricht auf einer Demonstration gegen den Ukraine-Krieg auf dem Spielbudenplatz in Hamburg.

Die Aktivistin Luisa Neubauer spricht auf einer Demonstration gegen den Ukraine-Krieg auf dem Spielbudenplatz in Hamburg.

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat in den sozialen Medien eine Debatte über die sexistische und rassistische Dimension des Klimawandels angestoßen. In ihrem Podcast „1,5-Grad“ und anschließend in einem Interview mit watson erklärte sie anlässlich des internationalen Frauentags, die Wurzeln der Klimakrise lägen in Machthierarchien von Männern über Frauen und von weißen Menschen über People of Colour, also nichtweißen Menschen. Wer sich vor den Folgen der Klimakrise schützen könne sei auch eine Frage von Macht. „Und die Macht liegt eben überproportional viel bei Männern“, so Neubauer.

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Das zeige sich beispielsweise in der Mitsprache, welche Infrastruktur wo gebaut wird und welche Gelder für was vergeben werden. Die Infrastruktur in den Städten sei an die Bedürfnisse der Männer angepasst. Auch der Arbeitsmarkt sei auf Männer festgelegt, die keine Kinder bekommen. Das führe dazu, dass Frauen sich ununterbrochen selbst infrage stellten. „Das ist das Patriarchat, das man irgendwann internalisiert.“ Sie selbst sei als weiße Frau noch privilegiert. „Es wäre ganz anders und ich würde nicht hier sein, wenn ich eine Person of Colour wäre, da bin ich mir ganz sicher“, argumentierte Neubauer. Daher fehlten auch bei der Bewältigung der Klimakrise entscheidende Perspektiven.

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Einige Tage späte schwappten Neubauers Aussagen auch auf Twitter über. Die Art und Weise wie dort diskutiert wurde, konnte auch als Beispiel für die Bestätigung ihrer These gesehen werden: Weibliche Positionen und Meinungen werden von Männern oftmals diskreditiert und herabgewürdigt. Auf Twitter, wie im echten Leben.

CDU-Politiker: „Die mit Abstand verstrahlteste Person, die ich kenne“

„Wenn man sich mal anschaut wer Luisa Neubauer gerade wieder mal plump beleidigt, scheint sie zu 100 % recht zu haben. Die üblichen alten, weißen Männer“, kommentierte ein Nutzer. Unter den üblichen Beleidigungen mehr oder weniger anonymer Accounts tummelten sich aber auch meinungsfreudige Politiker. „Dieses Mädchen ist die mit Abstand verstrahlteste Person, die ich kenne“, schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Natterer. Und der AfD-Politiker Georg Pazderski bezeichnete Neubauer als „offensichtlich geistig total verwirrt“ und „wohlstandsverwahrlost“.

Die Reaktion von Unterstützerinnen und Unterstützern Neubauers folgte prompt. Die kommentierenden Männer seien die „wahrscheinlich dümmste männliche Resterampe unseres Landes“ und „weinerliche Incels, die zeigen, wie fragil ihre jämmerliche Männlichkeit ist.“ So weit, so Twitter.

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Doch tatsächlich gab es auch inhaltliche Kritik an Neubauers Argumentation. „Ich halte die Analyse für falsch“, schrieb der Autor Sven Hillenkamp. Die Industrialisierung beruhe auf der Verfügbarkeit von Steinkohle und Öl. Es sei aber keine rassistische und sexistische Wahl getroffen worden. Rassismus und Sexismus seien zwar untrennbar mit der Geschichte der Menschheit verbunden. Vor allem mit dem Kolonialismus und der neuen Marktwirtschaft. „Aber das heißt nicht, dass Rassismus und Sexismus ‚die Wurzeln‘ von allem sind“, so Hillenkamp.

Die Sozialwissenschaftlerin und Klimaaktivistin Imeh Ituen geht in ihrer Argumentation einen anderen Weg. In der Klimakrise werden Formen der Diskriminierung nur sichtbarer, sagt sie in einem Interview mit der „taz“. „In der Klimakrise spiegeln sich aber nun mal alle Ungerechtigkeiten, die es sonst auch gibt: Rassismus, aber zum Beispiel auch Sexismus.“ Die reichen Länder des Nordens hätten die Klimakrise größtenteils verursacht, die Hauptleidtragenden lebten aber im Süden, so Ituen.

In der Wissenschaft wird bereits seit mehreren Jahren der Zusammenhang zwischen Klimagerechtigkeit und Formen der Diskriminierung untersucht. Frauen sind demnach stärker von der Klimakrise betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein von der SPD-Politikerin Delara Burkhardt in Auftrag gegebenes Policy Paper. Laut den Autorinnen und Autoren beachte der „European Green Deal“ unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der die Nettoemissionen von Treibhausgasen auf null reduzieren soll, geschlechterspezifische Dimensionen kaum oder gar nicht.

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