Deutschlands wichtigster Fluss ist in Gefahr

Rheinpegel sackt ins Minus: Ausnahmezustand an der „Schlagader Europas“

Der Rhein im August.

Der Rhein im August.

Emmerich/Köln. Das Pegelhaus an der Rheinpromenade von Emmerich ist ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Am Dienstagmittag gab es für sie einen äußerst ungewohnten Anblick: Der große Zeiger auf dem gelben Anzeigekreis des Rheinpegels am Backsteinhaus stand knapp unter Null. Ein Rheinpegel im Minus - Ausnahmezustand an Deutschlands wichtigstem Fluss. „Der Rhein ist eine Schlagader Europas“, sagt Martin Wolters, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) in Emmerich. „Hier ist es jetzt deutlich enger geworden.“

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Rekord-Niedrigwasser bedroht Industrie und Energieversorgung in Deutschland

Vor allem den Süden Deutschlands trifft das Niedrigwasser, weil Rohstoffe nur bedingt dorthin befördert werden können.

Nach monatelanger Trockenheit ist der Wasserstand an der Stadt nahe der niederländischen Grenze am Dienstag erst auf Null und dann vorübergehend sogar auf minus einen Zentimeter gefallen.

Flussbreite für die großen Schiffe hat sich halbiert

Dabei bleibt der Berufsschifffahrt zwar noch die Fahrrinne mit 1,96 Meter Tiefe. Im Uferbereich können die schweren Güterschiffe wegen des extremen Niedrigwassers aber nicht mehr fahren. „Normalerweise haben wir in Emmerich ungefähr 300 Meter Flussbreite für die großen Schiffe - jetzt sind es gerade noch 150 Meter“, sagt Wolters. Täglich passieren rund 600 Güterschiffe pro Tag den Pegel, die sich begegnen und teils überholen und jetzt besonders vorsichtig fahren müssen.

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Von einer Einstellung der Schifffahrt sei zwar keine Rede, aber schwere Schubverbände, die teils bis zu 16 000 Tonnen Ladung auf einmal befördern, könnten derzeit nicht fahren, sagt Wolters. Die Ladung muss teils auf Lastwagen oder Züge umgeleitet oder auf mehrere Schiffe verteilt werden, womit es noch voller wird.

Zusatzarbeit und viel Verkehr

Halb leere Schiffe waren am Dienstag vor dem Emmericher Hafen zu sehen - etwa das 135 Meter lange und 17,10 Meter breite Containerschiff „Victoria“ aus den Niederlanden, das dort am Dienstag auf die Einfahrt wartete - mit höchstens halb voller Ladefläche und ohne die sonst üblichen Containerstapel. Bis zu 6000 Tonnen kann das Schiff normalerweise befördern. Nun ist es viel weniger Ladung. Mehr Gewicht und damit Tiefgang sei offenbar für den Weg stromaufwärts nicht möglich, sagt Wolters.

Gleichzeitig müssten wegen des Niedrigwassers in Süddeutschland Container vom Schiff auf Lastwagen und Züge umgeladen werden, sagt eine Sprecherin des Logistik-Unternehmens Contargo, das unter anderem am Emmericher Containerhafen arbeitet. In Emmerich würden die Container für die Fahrt Richtung Niederlande dann wieder auf Schiffe umgepackt, was erheblich Zusatzarbeit erfordere.

Neben der Berufs- leidet auch die Personenschifffahrt. „Das Duisburger Hafenfest am kommenden Wochenende findet ohne uns statt. Wir können nicht anlegen“, sagt Kapitän Rainer van Laak von der Reeser Personenschifffahrt. Durch den niedrigen Wasserstand stünden die Anleger teils so steil zum Ufer, das sie vor allem für ältere Fahrgäste schwer zu begehen seien. Zudem mussten zahlreiche Fährverbindungen eingestellt werden.

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Rhein: Schätze am Grund des Flusses

Der Rhein ist schmal geworden - mit tiefen Einschnitten am Ufer und dem „Strand“, wo sonst der Fluss fließt. Dabei tauche sehr viel aus dem Flussbett auf, was vorher jahrelang vom Wasser bedeckt war, sagt der Schiffsführer des WSA-Schiffes „Emmerich“, Rex Herentrey. Neben Fahrrädern, versunkenen Bäumen und verlorenen Ladungsluken von Güterschiffen habe die Besatzung bei Kontrollfahrten nahe der Emmericher Brücke etwa einen aufgebrochenen Safe entdeckt.

Am Rheinufer bei Schenkenschanz (Kreis Kleve) tauchte auch wieder das Wrack des einstigen Holz-Frachtschiffes „De Hoop“ aus dem späten 19. Jahrhundert auf, das nur bei sehr niedrigem Wasserstand zu sehen ist. 1895 hatte sich beim Umladen von Dynamit eine katastrophale Explosion ereignet, bei der 16 Menschen starben und das Schiff zerstört wurde. Nun sitzen Menschen auf Campingstühlen neben dem Wrack und schießen Fotos.

Ausnahmezustand am Rhein - daran soll sich in den nächsten Tagen voraussichtlich nicht allzu viel ändern. „Dafür bräuchten wir ergiebige Regenfälle im Rheineinzugsgebiet und den Zuflüssen“, sagt Wolters.

RND/dpa

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