Das am wenigsten unbeliebte Bundesland
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Laut einer Umfrage ist Niedersachsen das Bundesland, das sich die Deutschen am wenigsten wegdenken könnten.
© Quelle: dpa
Hannover. In Fragen des Weltruhms sind Niedersachsen nicht verwöhnt.
In den Augen Restdeutschlands gelten wir als glamourfreie Flachländler, als brummige Ackerbauern und Viehzüchter in grobem Tuch, deren Lebensweise sich in den letzten 1000 Jahren nur unwesentlich verändert hat – von einzelnen schillernden Emporkömmlingen abgesehen (Scorpions, Schröder, Lena).
Immerhin: Strom und warmes Wasser gibt’s jetzt auch bei uns, manchmal sogar Internet. Und so sind es die kleinen Freuden, die ein wenig Licht in unser graues Dasein als Nerd unter den 16 Bundesländern bringen: Wir haben einen neuen Papierflieger-Weltrekord aufgestellt (18 Meter Flug bei 18 Metern Spannweite), verfügen in Suurhusen über den weltschiefsten Kirchturm und haben die meisten als Hühner verkleideten Menschen gleichzeitig zum Singen animiert (100). Zudem halten wir die aktuellen Weltrekorde im Senioren-Achterbahnfahren, Trampolinhochsprung (6,7 Meter) und Strohhalm-im-Mund-halten (264). Niedersachsen, Land der Ideen.
Nun aber gesellt sich ein weiterer Ehrentitel zu den staubigen Pfahlhocker-Pokalen in unserem halb leeren Trophäenschrank: Niedersachsen ist das Bundesland, auf das die Deutschen am wenigsten verzichten wollen. Das hat eine angeblich repräsentative Umfrage des kalifornischen Instituts SurveyMonkey unter 1000 Deutschen ergeben.
Die Firma aus Palo Alto vermeldet den Scoop mit dem schönen Satz: „Niedersachsen belegt den erfreulichsten letzten Platz aller Zeiten!“ Auch so’n Rekord. Am verzichtbarsten sind danach das Saarland (Platz 1), dessen Existenz vielleicht einfach nicht jedem Befragten geläufig war. Und dann folgt schon Mitfavorit Bayern (Platz 2), der FC Bayern München unter den deutschen Bundesländern. Auf Platz drei landet Sachsen, das Bayern Mitteldeutschlands.
Niedersachsen ist also am beliebtesten. Oder besser: am wenigsten unbeliebt. Das ist schön. Die Motive der Befragten freilich liegen im Dunkeln. Denn natürlich ist auch Mitleid ein starker Empathieerzeuger. Jamaikanische Bobfahrer kennen das Phänomen. Zudem ist Niedersachsens Potenzial als Humorquell hoch.
Es könnte sein wie damals bei Olympia 1988 mit dem britischen Skispringer Eddie the Eagle: dicke Brille, putziges Auftreten, keine Chance, aber lustig. Möglicherweise spielt bei der neuen niedersächsischen Beliebtheit aber auch die Rückbesinnung auf das Ursprüngliche eine Rolle, der Gegentrend zur Globalisierung.
Kein Stress, keine Termine, kein Handynetz. Stattdessen: Schafe, Deiche, tiefe Himmel. Niedersachsen – die „Landlust“ unter den Bundesländern. Unruhige Zeiten brauchen ruhige Typen.
Oder könnte Niedersachsen einfach das egalste Bundesland sein? Das Land, dessen Existenz oder Nichtexistenz niemandem außerhalb den Schlaf raubt? Immerhin: Auch das „egalste Land“ ist ein neuer Rekord. Her mit dem Pokal.