„Die Studierenden hatten Todesangst“: Fassungslosigkeit nach Amoktat in Heidelberg
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/J6ZKG4YTWVA7RB2OAE62WEWB3Y.jpeg)
Polizeibeamte untersuchen eine Waffe am Gelände der Heidelberger Universität.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Heidelberg. Das Entsetzen nach dem Amoklauf in Heidelberg steht Polizeipräsident Siegfried Kollmar auch Stunden danach noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Binnen 43 Sekunden seien am Mittag sieben Notrufe eingegangen – „da wussten wir, dass das keine Fake News waren“. In einem Hörsaal seien Schüsse gefallen, hieß es. Minuten später waren Beamte auf dem Campus der renommierten Universität, insgesamt dann 400 Einsatzkräfte.
Sie finden den 18 Jahre alten mutmaßlichen Täter, ein Student der Biowissenschaft, tot auf dem Areal. Eine 23-jährige Frau stirbt später an ihren Schussverletzungen, drei Menschen werden verletzt. Warum der junge Mann mit zwei illegal im Ausland erworbenen Waffen, einer Schrotflinte und einem Repetiergewehr, in den Hörsaal stürmte, blieb zunächst unklar.
Am Mittag dieses sonnigen Januartags wirkte der Touristenmagnet Heidelberg, die weltberühmte Barockperle am Neckar, am rechten Ufer wie im Ausnahmezustand. Kurz nach dem Amoklauf grenzten rot-weiße Absperrbänder auf dem riesigen Universitätsgelände den Tatort ab, die Polizei kontrollierte die Zufahrten. In der Luft war ein Polizeihubschrauber, unweit kreuzte ein Patrouillenboot der Wasserschutzpolizei.
„Wir sind unendlich schockiert“
„Den Ermittlungen zufolge ist der Täter kurz vor halb eins in den Hörsaal gekommen und hat um sich geschossen“, sagt ein Polizeisprecher. Die Einsatzkräfte seien durch einen Anruf alarmiert worden. „Der Täter ist geflüchtet und hat sich selbst gerichtet.“ Auf dem labyrinthartigen Gelände suchte ein Spezialeinsatzkommando nach einem möglichen zweiten Täter - gegen 15.15 Uhr dann die Entwarnung: Der Mann sei ein Einzeltäter gewesen. Er soll demnach keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben.
„Zuerst haben wir das gar nicht geglaubt, was da über Telegram und Whatsapp rein kam“, erzählt der 32-Jährige, der am benachbarten Campus Bergheim Soziologie, Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Doch die Helikopter in der Luft hätten dann keinen Zweifel gelassen - etwas Schlimmes war passiert. Einige Studenten seien nach Hause gegangen, andere wie er selbst seien wegen der unklaren Situation in den Räumen geblieben. Ohnehin seien die Busse nicht mehr gefahren.
Eine Mitarbeiterin des Uniklinikums war gerade auf dem Weg in die Mittagspause. „Eigentlich wollte ich nur kurz zum Bäcker, da sind mir schon richtig viele Streifenwagen entgegengekommen. Im Zehn-Sekunden-Takt. Da dachte ich mir, dass irgendwas passiert sein muss.“
„Man kennt das ja nur aus dem Fernsehen“
„So etwas im ruhigen Heidelberg“, sagt eine Frau, die am Nachmittag mit anderen Angestellten der Universität unweit der Polizisten steht. „Man kennt das ja nur aus dem Fernsehen.“ Ihre Begleiterin schüttelt den Kopf. „Erst vor ein paar Jahren ist ein Mann hier in Heidelberg mit dem Auto Amok gefahren und hat einen Mann getötet“, sagt sie. „Alle waren schockiert. Das hier ist genauso schlimm.“
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Facebook, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Die Tat werde lange nachhallen, meinen Ermittler. „Da war Panik“, schildert Kollmar. „Die Studierenden hatten Todesangst.“
RND/dpa