Elfjährige nach Vergewaltigung schwanger: Debatte über Abtreibung spaltet Bolivien

Frauen schwenken grüne Tücher während einer Kundgebung vor der Bischofskonferenz im Rahmen von Diskussionen um den Fall einer vergewaltigten Elfjährigen, die bolivianischen Medienberichten zufolge von ihrem Stiefgroßvater schwanger ist.

Frauen schwenken grüne Tücher während einer Kundgebung vor der Bischofskonferenz im Rahmen von Diskussionen um den Fall einer vergewaltigten Elfjährigen, die bolivianischen Medienberichten zufolge von ihrem Stiefgroßvater schwanger ist.

Rio de Janeiro. Während drinnen der Erzbischof von Santa Cruz predigt, fliegen draußen die Farbbeutel vor die Fassaden der Kathedrale. Nach wenigen Minuten sind die Mauer und das Eingangsportal der Kirche blutrot gefärbt, eine Handvoll Aktivistinnen ruft zum Protest gegen die Kirche auf: „Mädchen sind keine Mütter.“ Die Szene vor wenigen Tagen in Bolivien zeigt, wie aufgeladen die gesellschaftliche Atmosphäre in dem südamerikanischen Land ist. Es geht um ein Thema, das die Emotionen der Menschen aufwühlt.

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Ein elfjähriges Mädchen wurde Opfer einer Vergewaltigung, mutmaßlich durch den Stiefgroßvater, wie lokale Medien berichten. Daraufhin wird das Kind schwanger. Die Familie entscheidet sich nach einer Bedenkzeit, dass das Kind ausgetragen werden soll. Weil das Mädchen inzwischen in einer katholischen Einrichtung untergebracht ist, vermuten Kirchenkritiker, die Kirche habe Druck auf die Familie ausgeübt. Auch von einem Angebot einer Arbeitsstelle für die Mutter des Mädchens seitens der Kirche ist die Rede, damit die Familie ohne wirtschaftlichen Druck entscheiden könne. Unklar ist, ob sich das Kind zunächst tatsächlich für eine Abtreibung entschieden habe, danach aber seine Meinung geändert hat, wie es in einigen Medien berichtet wird.

Eine Abtreibung ist in Bolivien im Falle einer Vergewaltigung auch nach 13 Wochen Schwangerschaft legal, das schwangere Mädchen soll sich den Berichten zufolge im fünften Monat befinden. Anders als in Europa gibt in Lateinamerika aber keine so eindeutige gesellschaftliche Zustimmung für Schwangerschaftsabbrüche. Allerdings konnten Frauenrechtsorganisationen zuletzt einige Erfolge in richtungsweisenden Ländern wie Argentinien erzielen, wo Abtreibungen legalisiert wurden.

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Innenminister sieht Rechte des Mädchens verletzt

Nun ist der Fall in Bolivien zu einem Politikum geworden. Innenminister Carlos Eduardo del Castillo schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: „Wenn ein elfjähriges Mädchen gezwungen wird, ein Kind auszutragen, das das Ergebnis einer Vergewaltigung ist, werden alle seine Rechte verletzt.“

Die Kirche dagegen erklärte, man könne mit einem neuen Verbrechen ein zuvor erlittenes Verbrechen nicht lösen. Für Papst Franziskus ist eine Abtreibung Mord an ungeborenem Leben. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) rief die bolivianische Regierung dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass Frauen und Mädchen nicht länger Opfer sexueller Gewalt werden, und die Reproduktionsrechte des Mädchens zu garantieren – das heißt, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch zu garantieren. Auch die Vereinten Nationen meldeten sich inzwischen zu Wort: „Eine erzwungene Schwangerschaft eines Mädchens gilt als Folter“, hieß es in einer Mitteilung der UN. Die Vereinten Nationen stellten klar, dass der Schutz der Rechte von Mädchen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, respektiert werden müsse.

Bolivien weist eine der höchsten Raten von Teenagerschwangerschaften auf. Zudem gibt es in dem Land immer wieder Fälle von brutaler Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Die Kirche hat inzwischen ihrerseits rechtliche Schritte angekündigt. Sie erklärt, die mediale Berichterstattung sei falsch, sie habe keinerlei Druck auf das Mädchen und die Familie ausgeübt. Stattdessen sei sie nun Opfer einer Hasskampagne, die ihren Ausdruck in Vandalismus finde.

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