„Gewollt. Geliebt. Gesegnet.“: Schwuler Priester veröffentlicht Buch über katholisches Queersein
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Bei einem Katholischen Gottesdienst mit Segnung homosexueller Paare im Rahmen einer bundesweiten Aktion spricht der Pfarrvikar Wolfgang Rothe in der Kirche St.Benedikt. Er bringt nun ein Buch heraus über «Queer-Sein in der katholischen Kirche».
© Quelle: Felix Hörhager/dpa
München. „Es gibt solche Menschen. Sie sind real“: Eine Woche nach der viel beachteten Aktion „#OutInChurch“, bei der 125 Priester und andere Beschäftigte der katholischen Kirche sich als queer outeten, kommt ein bemerkenswertes Buch über das Thema auf den Markt. Der Münchner Priester Wolfgang Rothe, der sich selbst schon vor einigen Jahren offen zu seiner Homosexualität bekannte und nicht Teil der Aktion war, hat die Geschichten queerer Katholiken gesammelt.
Es sei „an der Zeit, queere Menschen in der Kirche und für die Kirche sichtbar zu machen, ihnen eine Stimme zu geben, sie zur Sprache kommen zu lassen“, schreibt Rothe in seinem Vorwort. „Es gibt solche Menschen. Sie sind real.“
Schwuler Erzieher berichtet von Angst, seinen Job zu verlieren
Im Buch berichtet ein schwuler Erzieher in einer katholischen Kita von seiner Angst, seinen Job zu verlieren, wenn er heiratet. Eine Frau, die der Kirche selbst nicht nahe steht, erzählt davon, „wie die Kirche meiner Frau das Leben schwer macht“. Ein früherer Erzieher erzählt die Geschichte einer großen, Jahrzehnte andauernden Liebesgeschichte mit seinem Partner, einem ehemaligen Mönch.
Der Priesteramtsanwärter Henry Frömmichen schreibt, wie er nach einem Selfie mit dem Star der schwulen Datingshow „Prince Charming“ aus dem Priesterseminar flog. Und der Schlagersänger und Katholik Patrick Lindner erinnert sich an sein Coming-Out und erzählt, warum es ihm so wichtig war, die Ehe mit seinem Mann in einer katholischen Kirche segnen zu lassen.
Rothe bewegt von den Geschichten
„Es gibt kaum einen Beitrag, der mich nicht zutiefst beeindruckt und erschüttert hätte. Beim Lesen vieler Beiträge bin ich erst einmal in Tränen ausgebrochen“, sagt Rothe.
Die Menschen, die der Aktion „#OutInChurch - Für eine Kirche ohne Angst“ ein Gesicht gaben, fordern beispielsweise eine Reform des Arbeitsrechts. Denn auch im Jahr 2022 kann es Beschäftigte dort den Job kosten, wenn sie ihren gleichgeschlechtlichen Partner heiraten wollen.
Rothe: Kirche soll sich aus Schlafzimmern der Mitarbeitenden heraushalten
„Neu und notwendig wäre es, dass sich die Kirche künftig komplett aus den Schlafzimmern ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraushielte - zumal jetzt, wo sie nach den immer neuen Missbrauchs- und Vertuschungsskandalen ohnehin jede moralische Autorität verspielt hat“, sagt Rothe, der auch das im vergangenen Jahr erschienene Buch „Missbrauchte Kirche“ geschrieben hat.
In seinem neuen Buch kommt auch Matthias Katsch zu Wort, Sprecher der Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“. Er schneidet nur an, was katholische Priester ihm als Kind angetan haben und schließt mit den Worten: „Vielleicht hätte mich vor zwanzig Jahren eine kirchliche Trauung mit meinem Mann gefreut. Wichtiger war mir die staatliche Anerkennung und der Schutz der Rechtsordnung.“
Rothe segnete bei Aktion „Liebe gewinnt“ homosexuelle Paare
Herausgeber Rothe hat im vergangenen Jahr im Rahmen der viel beachteten Aktion „Liebe gewinnt“ mehrere homosexuelle Paare gesegnet - gegen den erklärten Willen des Vatikan. Die Glaubenskongregation hatte kurz zuvor erklärt, homosexuelle Partnerschaften könnten nicht gesegnet werden, da eine Sünde nicht gesegnet werden könne - und damit für einen Aufschrei unter vielen Katholiken gesorgt.
Mit dem neuen Buch verbindet Rothe eine Hoffnung: dass die Leser und Leserinnen „das Leid der Betroffenen spüren, und sich dementsprechend dafür einsetzen, sie von ihrem Leid, ihrer Angst, ihrem Druck zu erlösen“.
RND/dpa