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Nach Großbrand in Essen: Was macht Polizeiroboter „Herbie“ in der Ruine?

Nach dem verheerenden Brand eines Wohnkomplexes an der Bargmannstraße in Essen untersucht die Polizei das ausgebrannte und einsturzgefährdete Gebäude mit dem Roboter "Herbie".

Nach dem verheerenden Brand eines Wohnkomplexes an der Bargmannstraße in Essen untersucht die Polizei das ausgebrannte und einsturzgefährdete Gebäude mit dem Roboter "Herbie".

Essen. Einen Tag nach dem Großbrand in der Essener Innenstadt mit drei Verletzten und 35 zerstörten Wohnungen ist die Brandursache noch unbekannt. Die Brandstelle sei aufgrund der Einsturzgefahr noch nicht betretbar, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstagmorgen. Deshalb traf gegen 11 Uhr ein neuer vierbeiniger Roboter der Polizei am ausgebrannten Wohnkomplex ein, wie ein Sprecher der Polizei Essen am Dienstagvormittag gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärt.

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Der 35 Kilo schwere Laufroboter namens „Spot“ eines US-amerikanischen Herstellers, der intern „Herbie“ genannt wird (der Herstellername des Roboters lautet „Spot“), war erst Mitte Januar bei einem Termin mit NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Duisburg vorgestellt worden. Die Erkundung der Ruine in Essen ist sein erster Einsatz, wie Timm Wandel, Sprecher des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg, dem RND am Dienstagvormittag bestätigt. „Aufgrund der Einsturzgefahr ist hier der Einsatz des Roboters sinnvoll, anstatt Menschen zu gefährden“, sagt er.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, schaut sich bei der Eröffnung des neuen „Innovation Lab“ der Polizei im Digitalkontor in Duisburg den neuen Polizeiroboter an.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, schaut sich bei der Eröffnung des neuen „Innovation Lab“ der Polizei im Digitalkontor in Duisburg den neuen Polizeiroboter an.

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„Herbie“ kann messen, sprechen und klettern

Der ferngesteuerte Roboter könne mit Kameras und Sensoren Katastrophenorte oder Tatorte mit möglichen Gewalttätern erkunden, sagte Herbert Reul bei der Vorstellung des Geräts. Eine Zusatzausrüstung mit Mikrofon erlaube es, zu Verschütteten vorzudringen und mit ihnen zu kommunizieren. „Er kann auch klettern und somit Steigungen und unwegsames Gelände überwinden“, ergänzt Wandel. Das Gerät kostete in der Erstanschaffung rund 60.000 Euro plus Lizenzgebühren.

Geschulter Polizist bedient „Herbie“

In Essen soll „Herbie“ nun bei der Suche nach der Brandursache helfen. Wie genau der erste Einsatz des Roboters ablaufen sollte, ist erst währenddessen entschieden worden. „Das ist auch für uns ganz neu“, sagt der Sprecher der Polizei Essen dem RND.

Fest stand, dass ein Polizeibeamter des LZPD den Roboter mittels einer Steuerungseinheit lenken würde. „Der Kollege hat eine Einarbeitung bekommen, eine lange Ausbildung braucht es dafür aber nicht“, erklärt Wandel. Selbst NRW-Innenminister Reul habe bei der Vorstellung von „Herbie“ ein paar Schritte gehen dürfen. „Auch wenn es nicht sonderlich kompliziert ist, kennt der Kollege natürlich alle Funktionen des Roboters im Detail“, betont Wandel.

Die Steuerungseinheit ähnelt der Bedienung einer Spielekonsole mit Joystick und funktioniert auch nicht viel anders, erklärte Dominic Reese, Stellvertretender Projektleiter des LZPD, vor Ort. Per Funk werden die Daten der Kameras in Echtzeit auf Computer übertragen, wo sich die Ermittler „live“ ein genaueres Bild von der Unglücksstelle machen können. „Auch wenn da eine Menge Technik drinsteckt, die Steuerung des Roboters selbst ist sehr einfach“, erklärt Reese.

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"Herbie" im Einsatz: Der Polizeiroboter steht vor dem ausgebrannten Wohnkomplex in Essen.

"Herbie" im Einsatz: Der Polizeiroboter steht vor dem ausgebrannten Wohnkomplex in Essen.

Stellvertretender Projektleiter: „Er kann den Ermittlern wertvolle Hinweise geben“

Kurz nach 11 Uhr hoben die Einsatzkräfte des LZPD den Roboter vorsichtig aus dem Kofferraum und setzen ihn auf die Straße, ehe er zu Demonstrationszwecken hin- und herstolzierte. Sogar eine Verbeugung vor den zahlreichen Zaungästen gelang, ehe der tatsächlich einem Hund sehr ähnliche Laufroboter seine ernsthafte Arbeit in Essen aufnahm.

Nach dem Ende der Löscharbeiten erkundete der mit insgesamt zwölf Kameras - darunter eine hochauflösende 360-Grad-Kamera - ausgestattete Roboter mit einem Akku für etwa 90 Minuten die ausgebrannten Wohnungen.

Das Interesse an Polizeiroboter "Herbie" ist groß, schließlich kam er zum ersten Mal zum Einsatz.

Das Interesse an Polizeiroboter "Herbie" ist groß, schließlich kam er zum ersten Mal zum Einsatz.

„Der Roboter soll dahin gehen, wo es für den Menschen zu gefährlich ist“, sagte Reese, der mit seinem Team die örtliche Feuerwehr und Polizei unterstützt. Auch Beamte vom Landeskriminalamt (LKA) waren gekommen. Reese war selbst gespannt und neugierig, wie sich der Roboter in seinem ersten Praxiseinsatz vor Ort macht. „Wir wollen herausfinden, ob alles funktioniert, wie wir uns das vorstellen. Er kann den Ermittlern vielleicht wertvolle Hinweise geben. Zunächst soll er uns einen Überblick liefern, wie es in dem Gebäude aussieht, ehe Menschen dort hineingehen.“

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Am Montag ist „Herbie“, der laut Reese offiziell aber „noch keinen Namen“ hat, auf den Spezialeinsatz vorbereitet und entsprechend programmiert worden. Reese: „Das Besondere ist, dass wir nicht wissen, welche Hindernisse es drinnen gibt: Ist es glitschig? Liegt viel Schutt?“ Sollte der Roboter, der problemlos Treppen steigen und Hindernisse überwinden kann, ausrutschen oder hinfallen, kann er sich selbst wieder aufrappeln.

Einsatzkräfte melden am Dienstagmorgen „Feuer aus“

Der Einsatz der Feuerwehr dauerte die ganze Nacht an. Feuerwehrleute hatten mit einer Wärmebildkamera kontrolliert, ob etwas aufglimme, wie ein Sprecher der Feuerwehr am Dienstagmorgen schilderte. Immer wieder seien kleine Glutnester aufgetaucht, die gelöscht worden seien. Gegen 7 Uhr hätten die Einsatzkräfte dann „Feuer aus“ gemeldet, sagte der Sprecher. Damit wurde die Einsatzstelle der Kriminalpolizei übergeben.

128 Menschen hatten durch das Montag Früh ausgebrochene Feuer ihre Wohnungen und vielfach ihr komplettes Eigentum verloren. Sie mussten zu Bekannten oder in Hotels ziehen. Die Feuerwehr war am Montag den ganzen Tag damit beschäftigt, den Brand endgültig zu löschen. Nach dem Ende der nächtlichen Nachlöscharbeiten will die Feuerwehr im Laufe des Vormittags die am Brandort verlegten Schläuche abbauen.

RND/nis mit dpa

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