Schneechaos im Norden: Warum es nicht so schlimm wird wie im Winter 1978/1979
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/WP7DTOGV6NC4FJJ3KYKQXME6YY.jpeg)
Schnee ohne Ende: Der Winter 1978/1979 brachte Katastrophenwetter. In Eckernförde (Schleswig-Holstein) kämpfte sich ein Trecker durch die Schneemassen.
© Quelle: Werner Schilling/dpa
Die aktuellen Prognosen für Teile von Deutschland versprechen das extremste Winterwetter seit Jahren. Bei einigen werden deswegen Erinnerungen an die katastrophalen Bilder aus dem Winter 1978/1979 wach. Immer häufiger ist der Vergleich in Medienberichten zu lesen.
In einem Pressegespräch am Freitagmittag warnt Meteorologe Sven Plöger allerdings vor unnötiger Panikmache. Auch Experte Frank Böttcher betont, dass mit dem Begriff „Katastrophenfall“ äußerst sensibel umgegangen werden sollte. Doch welche Auswirkungen können die extremen Schneefälle haben? Und warum wird es voraussichtlich nicht so schlimm wie 1978/1979?
Minus 30 Grad und keine Stromversorgung: Katastrophale Zustände im Winter 1978/1979
Ein kleiner Rückblick: Zum Jahreswechsel vor knapp 40 Jahren versank Norddeutschland im Schneechaos. Nachdem das Thermometer Weihnachten noch fast zehn Grad anzeigte, stürzten die Temperaturen urplötzlich auf bis zu minus 30 Grad. Starke Schneefälle und schwerer Sturm brachten das öffentliche Leben vielerorts zum Erliegen.
An eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln war nicht zu denken, Fußwege konnten kaum genutzt werden, und meterhohe Schneeverwehungen sorgten für Stromausfall. Doch dabei blieb es nicht. Da in der DDR die Braunkohleförderung unterbrochen war, brach dort die Stromversorgung zeitweise sogar vollständig zusammen.
Im Februar 1979 wiederholte sich die Katastrophe in einigen Landesteilen. Vor allem die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten mit einer riesigen Schneelast zu kämpfen. In Husum (Schleswig-Holstein) blieb der Schnee sogar bis zum 20. Mai liegen.
Der harte Winter forderte einige Todesopfer. Während in Westdeutschland 17 Personen ums Leben kamen, starben in der DDR laut Krisenforscher Frank Roselieb sogar mehrere Hundert Menschen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/GD5GSKOUPBCJZCTLKMVWBPCLMU.jpeg)
Bundeswehrsoldaten versuchen am 16. Februar 1979, die Autobahn Hamburg–Hannover mit Bergepanzern von den Schneemassen zu befreien.
© Quelle: Lothar Heidmann/dpa
Wie sind die aktuellen Prognosen?
„Das war eine unglaubliche Dramatik und zog sich über mehrere Wochen“, sagt Plöger. Die Länge ist dabei der entscheidende Faktor, warum es in diesem Jahr nicht zu einem ähnlichen Fall kommen sollte. Die enorm starken Schneefälle haben damals über vier bis fünf Tage angedauert. Zwischen den Landesteilen gab es Temperaturunterschiede bis zu 20 Grad, und auch der Wind, der für starke Schneeverwehungen gesorgt hatte, sei extrem gewesen, erklärt Plöger.
Auch wenn die Aussichten für das Wochenende ebenfalls extrem sind, sollen sie die Werte von 1978/1979 nicht erreichen. So sollen die Schneefälle maximal zwei Tage andauern. Und auch die Differenz der Temperatur zwischen Nord- und Süddeutschland wird mit circa zehn Grad wohl etwas geringer. Nach aktuellen Vorhersagen sind zudem Temperaturen von bis zu minus 15 Grad möglich, womit es auch wesentlich wärmer bleiben soll.
Ein ganz entscheidender Faktor sind laut Plöger außerdem die technischen Voraussetzungen. „Wir können heute viel bessere Prognosen machen als vor 40 Jahren.“ So können sich die Menschen entsprechend viel besser vorbereiten. Diese Vorbereitung war 1978/1979 gar nicht möglich. Auch deswegen sei es zu Versorgungsengpässen gekommen, so Plöger.
Glatte Straßen, Stromausfall: Das könnte am Wochenende passieren
Zu verharmlosen ist die Lage, die uns am Wochenende erwartet, dennoch keinesfalls. „Die großen Schneemengen könnten dafür sorgen, dass wir punktuell Erlebnisse haben, die Verbindungen zu 1978/1979 schaffen können“, sagt Frank Böttcher, Meteorologe, am Freitagmittag.
Die Gefahr trifft vor allem diejenigen, die sich auf den Straßen bewegen. Durch Schnee und Eis kann es zu extremer Glätte kommen. Auch die starken Schneefälle sollen für Behinderungen im Straßen- und Bahnverkehr sorgen. Vor allem in Niedersachsen, im nördlichen NRW und Hessen sowie in Sachsen-Anhalt werden die Straßen vermutlich spiegelglatt.
Ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes sagt sogar: „Die Auswirkungen dieser Wetterlage werden dramatisch sein.“ Ganz so drastisch bewerten Plöger, Böttcher und auch Jürgen Schmidt, Meteorologe vom Wetterkontor, die Lage allerdings nicht.
Im nördlichen NRW könnte es laut den Experten schlimmstenfalls zu Stromausfällen kommen. Denn zum einen könne die Schneelast die Leistung beeinträchtigen. Zum anderen berge der Wind eine Gefahr, sodass Leitungen reißen könnten. Der starke Ostwind könne auch Bäume zu Fall bringen. „Vor allem weil der Wind aus einer Richtung kommt, die wir sonst nicht kennen“, sagt Schmidt.
Bei schlimmen Schneeverwehungen hilft auch kein Streuwagen mehr.
Jürgen Schmidt,
Meteorologe Wetterkontor
Zusätzlich sei mit gesperrten Straßen, eingefrorenen Weichen oder zugefrorenen Oberleitungen zu rechnen. „Bei schlimmen Schneeverwehungen hilft auch kein Streuwagen mehr“, so Schmidt.
Auch wenn es laut den Experten nicht das Ausmaß von 1978/1979 erreichen soll, betonen alle drei eindringlich, dass alle Menschen in den betroffenen Gebieten zu Hause bleiben sollen. Der Bereich der Hauptschneefallzone sollte dringend gemieden werden, und es sollte im besten Fall niemand Auto oder Zug fahren, um sich nicht in Gefahr zu bringen.
RND