Nur wenige Arten profitieren

Spanien bekommt ein Tierschutzgesetz – für Kampfstiere gilt es natürlich nicht

In der Altstadt von Marbella sitzen Straßenkatzen unter Bäumen im Schatten.

In der Altstadt von Marbella sitzen Straßenkatzen unter Bäumen im Schatten.

Madrid. Paragraf 1 stellt erst mal klar, für wen dieses Gesetz nicht gedacht ist: a) für Kampfstiere, b) für Produktionstiere (das sind die, von denen wir uns Milch, Eier, Wolle oder Fleisch nehmen), c) für Versuchstiere, d) für Tiere, die in der Wildnis leben. Am Buchstaben e) wäre das Gesetz dann beinahe noch gescheitert: Den Sozialisten, dem größeren Partner der linken Regierungskoalition, fiel verspätet ein, dass sie auch gerne Jagdhunde, Spürhunde und Hirtenhunde ausgenommen hätten. Podemos, der kleinere Koalitionspartner, war stinksauer. Die Sozialisten stellten sich mit dieser Eingabe „auf die Seite der Misshandler“. Der Ton ist rau in der Regierung. Aber das Gesetz ist an diesem Donnerstag schließlich doch in erster Lesung durchs spanische Parlament gegangen, auch mit den Stimmen von Podemos.

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Damit hat Spanien jetzt „zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes ein Tierrechte­gesetz“, sagt die verantwortliche Ministerin, Ione Belarra. Wogegen Spaniens Großphilosoph Fernando Savater einwendet, dass „Tiere keine Rechte haben, weil sie auch keine Pflichten haben“. Der von der Podemos-Ministerin gewählte Begriff der „Tierrechte“ deutet an, dass sich in Spanien wie in der sonstigen westlichen Welt gerade ein tiefgreifender kultureller und gesellschaftlicher Wandel vollzieht, mit dem sich viele nicht anfreunden wollen.

Der vollständige Name des nun verabschiedeten Textes ist „Gesetz des Schutzes, der Rechte und des Wohles der Tiere“, in der spanischen Berichterstattung allgemein Tierwohlgesetz genannt. Gegen Tierwohl haben die wenigsten etwas einzuwenden, auch wenn die meisten Spanierinnen und Spanier das Thema nicht besonders umtreibt. Am Wochenende fanden in ganz Spanien Proteste gegen die Herausnahme der Jagdhunde aus dem Tierwohlgesetz statt, aber nirgendwo versammelten sich mehr als ein paar Dutzend, höchstens ein paar Hundert Demonstranten. Zugleich kamen in Madrid etliche Tausend Menschen zusammen, denen das Gesetz viel zu weit geht.

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Streunende Katzen dürfen nicht mehr getötet werden

Das Gesetz soll vor allem den Tieren zugutekommen, die mit Menschen unter einem Dach leben, hauptsächlich also Hunden und Katzen. Hundehalter müssen künftig einen Hunde­halter­kurs absolvieren, über dessen Inhalt das Gesetz nichts sagt, der aber gratis sein soll und wahrscheinlich aus einem kurzen Fragebogen bestehen wird, den man online ausfüllen kann. Eine besondere Herausforderung stellt Paragraf 49.2 dar: „Hundehalter müssen die notwen­digen Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass die Anwesenheit ihrer Hunde Gemein­schafts­katzen stört oder ihre Integrität gefährdet.“

Mit Gemeinschaftskatzen sind streunende Katzen gemeint, und die müssen von den Stadt- und Gemeindeverwaltungen künftig umsorgt und gehätschelt werden wie heilige Kühe. Ein ganzer Abschnitt mit fünf Paragrafen und Dutzenden Unterpunkten ist diesen Tieren gewid­met, die zwar sterilisiert, aber keineswegs getötet werden sollen. Der Tod der Haustiere, die mit diesem Gesetz geschützt werden, ist tabu; auch Tierheime, die keine neuen Besitzer für ihre Schützlinge finden, dürfen die Tiere nicht einschläfern lassen.

Zum Verzehr gedachte Tiere dürfen aber weiter getötet werden, das sind in Spanien jährlich etwa 800 Millionen Hühner, 56 Millionen Schweine, 41 Millionen Kaninchen, neun Millionen Schafe, 2,4 Millionen Kühe, 1,2 Millionen Ziegen und ungezählte Fische und anderes Meeres­getier. Dazu kommen einige Zehntausend Kampfstiere.

Eigenes Gesetz für Jagdhunde

Der detailliert vorgeschriebene Schutz streunender Katzen ist Ökologen keine Freude: Katzen seien „ein gravierendes Problem“, sagt der Biologe Miquel Capó im Gespräch mit der Lokal­zeitung „Diario de Mallorca“, „besonders auf Inseln“. Auf Formentera droht die Pityusen-Eidechse auszusterben. „Die Katzen spielen mit ihnen, bis sie sterben,“ sagt Capó, „sie folgen ihrem Instinkt.“ Der Gedanke, dass andere Tiere Rechte haben könnten, ist Katzen fremd.

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Für Jagdhunde soll es übrigens ein eigenes Gesetz geben. Die Sozialisten haben sich in diesem Fall von der Jägerlobby beeindrucken lassen. Ende Mai finden in vielen Gegenden Spaniens Regionalwahlen statt, und die Sozialisten glauben, dass ihnen strikte Tierschutz­normen für Jagdhunde von jagenden Wählerinnen und Wählern an der Urne heimgezahlt würden. Wie groß ihr Stimmenpotenzial in dieser Gruppe ist, ist aber ungewiss.

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