Warum Neuseeland so häufig von Naturkatastrophen betroffen ist
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Nach dem Tropensturm „Gabrielle“ stehen Menschen auf dem Dach eines Hauses und warten darauf, mit einem Hubschrauber in Sicherheit gebracht zu werden.
© Quelle: Hogp/New Zealand Defense Force/A
Naturgewalten haben in Neuseeland erneut für Zerstörung gesorgt: Tropensturm „Gabrielle“ brachte seit Montag massive Regenfälle im Norden des Landes. Mindestens vier Menschen wurden bei den Überflutungen und Erdrutschen getötet, hieß es am Mittwoch. Auf der Nordinsel standen ganze Landstriche unter Wasser. Straßen waren unpassierbar, Brücken wurden fortgeschwemmt. Vielerorts ragten nur noch Hausdächer aus den braunen Wassermassen. Mehr als 140.000 Haushalte waren ohne Strom.
Am Mittwochabend (Ortszeit) folgte ein schweres Erdbeben, das den Norden Neuseelands erschütterte, jedoch auch in vielen anderen Landesteilen zu spüren war. Nach Angaben der nationalen Erdbebenwarte Geonet hatte das Beben eine Stärke von 6,1. Das Zentrum lag nahe der Hauptstadt Wellington in etwa 48 Kilometern Tiefe im Meer. Da die Kommunikation mit den überfluteten Gebieten eingeschränkt war, war zunächst unklar, wie viele Menschen dort nun zusätzlich von dem Beben betroffen waren.
Bereits vor etwas mehr als zwei Wochen war die nördliche Stadt Auckland von einem Sturm erfasst worden. Auch dabei wurden vier Menschen getötet. In der Metropole war innerhalb von 24 Stunden so viel Regen gefallen wie sonst in einem ganzen Sommer.
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Eine Karte von Neuseeland.
© Quelle: picture-alliance/ dpa-infografik | dpa-infografik
Neuseeland unter dem Einfluss von La Niña und El Niño
Immer wieder ist Neuseeland, das östlich von Australien im Pazifischen Ozean liegt, von Naturkatastrophen wie Wirbelstürmen und Erdbeben betroffen.
Aus meteorologischer Sicht liegt das zu großen Teilen an zwei Wetterphänomenen, erklärt Uwe Ulbrich vom Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Neuseeland ist stark von den Temperaturschwankungen im Pazifik beeinflusst, die mit La Niña und El Niño zusammenhängen. Das bedeutet, dass es wechselweise starke Stürme mit Niederschlag oder Trockenheit geben kann“, so der Experte.
Was sind El Niño und La Niña?
Korrekt heißt es „El Niño Southern Oscillation“ oder abgekürzt „Enso“. Es bezeichnet ein gekoppeltes Zirkulationssystem von Ozean und Atmosphäre im tropischen Pazifik. Bei der Warmphase El Niño bringt die Strömung Meereswärme in höhere Breiten, die teils über Verdunstung in die Atmosphäre abgegeben wird. La Niña gilt als Kaltphase, in der die Strömung die Erwärmung über die Sonneneinstrahlung in tiefe Gewässer des Westpazifiks führt, wo sie gespeichert wird. Weil Fischer in Peru die Erwärmung zum Jahresende merkten, nannten sie das Phänomen El Niño (das Christkind). Zwischen den beiden Extremen spricht man von einer neutralen Phase.
Aktuell herrscht eine La-Niña-Phase, die Expertinnen und Experten zufolge aber allmählich dem Ende entgegen geht. „Die Wahrscheinlichkeiten für Extremereignisse ändern sich mit La Niña und El Niño“, sagt Ulbrich. Während des aktuellen neuseeländischen Sommers in der La-Niña-Phase herrscht, speziell auf der Nordinsel, eine sieben- bis achtmal höhere Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittlichen Niederschlag als während der El-Niño-Phase. Während El Niño kommt es zu extremeren Temperaturen und Trockenheit.
Der Klimawandel verstärkt zudem die Wahrscheinlichkeit auf meteorologische Extremereignisse in Neuseeland. Die durch die Erderwärmung heißer werdende Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. „Es besteht also ein höheres Potenzial, dass mehr Niederschlag herunterkommen kann, als noch in der Vergangenheit“, erläutert Ulbrich. Die Intensität der Niederschläge hängt letztlich aber immer mit der Größe der Wettersysteme zusammen. „Das kann sich, wie es sie auch in Deutschland gibt, in kurzen Sturzfluten äußern, oder, wie aktuell in Neuseeland, in einem ausgedehnten System mit starken und lang andauernden Regenfällen.“
Neuseeland: Plattentektonik sorgt für starke Erdbeben- und Vulkangefahr
Neuseeland befindet sich auf zwei tektonischen Platten, wie Thomas Kenkmann vom Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg gegenüber dem RND erklärt. Die Nordinsel liegt auf der australischen, die Südinsel auf der pazifischen Platte. „Neuseeland ist prädestiniert für Erdbebenereignisse“, sagt Kenkmann.
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Satellitenfoto von Neuseeland mit Darstellung der Plattentektonik.
© Quelle: selbst erstellte Grafik auf der Basis des Images unter commons[http://commons.wikimedia.org/wiki/File:DEM_NewZealand.png
Im nördlichen Teil Neuseelands wird die pazifische Platte unter die australische Platte geschoben (subduziert). Südlich von Neuseeland ist es genau umgekehrt: Dort schiebt sich die australische Platte unter die pazifische Platte. „Und unter Südinsel gibt es eine laterale Bewegung der Platten gegeneinander. Wissenschaftler nennen das eine Transformstörung. In Neuseeland ist das die sogenannte ‚Alpine Fault‘. Die sorgt für starke Erdbeben“, erklärt der Geologe.
Eine laterale Verschiebung der beiden Platten hatte am 22. Februar 2011 ein schweres Erdbeben ausgelöst. 185 Menschen kamen in Christchurch, der größten Stadt der Südinsel, ums Leben. Das Beben damals hatte eine Stärke von 6,2.
Das aktuelle Beben vom Mittwoch führt Kenkmann aufgrund des Epizentrums unter der Hauptstadt Wellington auf der Nordinsel voraussichtlich auf die Subduktion, nicht wie in Christchurch auf die laterale Bewegung, zurück.
„In Neuseeland herrscht ein starker und gefährlicher Vulkanismus“
Neuseeland liegt zudem auf dem Pazifischen Feuerring. „Dort herrscht ein starker und gefährlicher Vulkanismus. Die Vulkane auf dem Feuerring sind sehr explosiv“, sagt der Experte aus Freiburg.
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Der Pazifische Feuerring.
© Quelle: picture alliance/dpa/dpa Grafik | dpa-infografik GmbH
Der „Ring of Fire“, wie er im Englischen genannt wird, entsteht, weil sich im Pazifik Platten unter andere Platten schieben und so komplexe magmatische Prozesse in Gang bringen. „Die besondere Gesamtsituation der Plattengrenzen in Neuseeland mit den Verschiebungen in verschiedene Richtungen ist immer ein Herd für starke Erdbeben und Vulkanismus“, betont Kenkmann.
Mit dpa-Material