Moskau und Minsk planen gemeinsame Militäreinheit

120.000 russische Soldaten nach Belarus? Oppositionspolitiker warnt vor Putins und Lukaschenkos Plänen

Planen eine gemeinsame Armee: Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin bei einem Treffen in Sotschi.

Planen eine gemeinsame Armee: Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin bei einem Treffen in Sotschi.

Berlin. Russlands Präsident Wladimir Putin und der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko planen, mehrere Zehntausend russische Soldaten in Belarus zu stationieren, um eine neue Drohkulisse gegenüber der Ukraine aufzubauen. Davon zeigte sich der im Warschauer Exil lebende belarussische Oppositionspolitiker Pawel Latuschka (49) im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) während eines Besuches in Berlin in dieser Woche überzeugt.

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Russische Armee in Belarus: Lukaschenko kündigt gemeinsame regionale Militäreinheit an

Lukaschenko hatte bereits am Montag die Bildung einer gemeinsamen regionalen Militäreinheit seiner Streitkräfte mit der russischen Armee angekündigt. Dies habe er mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin vereinbart, sagte Lukaschenko der belarussischen Staatsagentur Belta.

Der belarussische Oppositionspolitiker Pawel Latuschka beim Treffen mit dem RND in einem Berliner Hotel.

Der belarussische Oppositionspolitiker Pawel Latuschka beim Treffen mit dem RND in einem Berliner Hotel.

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Latuschka sagte, Basis dieser Abmachung sei der Unionsvertrag zwischen beiden Ländern, der es Belarus ermögliche, im Falle einer Bedrohung von außen russische Truppen um Hilfe zu bitten. Das sei jedoch Unsinn, es gebe keinerlei Bedrohung.

Lukaschenko hatte als Grund für den Schritt wachsende Spannungen an der Grenze zur Ukraine genannt. Über inoffizielle Kanäle habe er erfahren, dass die Ukraine Angriffe auf das Territorium von Belarus plane, sagte der 68-Jährige. Man müsse daher darüber nachdenken, wie sich die Sicherheit des Landes erhöhen lasse.

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Angebliche Aggressionen der Ukraine gegenüber Belarus

Latuschka sagte, Lukaschenko habe bereits mehrfach erklärt, dass die Ukraine Belarus angreifen wolle, dass Polen und Litauen Aggressionen gegen Belarus planen würden und dass die Nato Belarus okkupieren wolle. „Das ist eine Propagandalegende für die belarussische Gesellschaft, um die Pläne zu rechtfertigen“, sagte Latuschka, der früher belarussischer Kulturminister war und heute dem Exilkabinett der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja angehört.

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Hintergrund für die russisch-belarussischen Pläne sei der Versuch, ein Bedrohungspotenzial von Belarus aus aufzubauen, um die Ukraine zu zwingen, mehr Truppen an die eigene Nordgrenze zu verlegen, um einen möglichen Angriff abwehren zu können. „Das würde die Ukraine zwingen, dafür Kräfte im Süden oder Osten abzuziehen“, erläuterte Latuschka.

Nach seiner Einschätzung geht es jedoch nicht nur um eine Drohkulisse, sondern um die Vorbereitung einer tatsächlichen Invasion in die Ukraine von Belarus aus im nächsten Frühjahr, möglicherweise im März. Latuschka bezog sich dabei auf Insiderquellen in Minsk. „Unsere Quellen sagen, dass die Russen bis dahin 120.000 Soldaten in Belarus stationieren wollen“, erklärte Latuschka. Er beziffert die jetzige Zahl russischer Soldaten in seinem Land auf etwa 5000, verteilt auf vier russische Militärbasen.

„Wir sind ein friedliches Volk, unsere Leute wollen nicht gegen die Ukrainer kämpfen“

Gleichzeitig wolle Lukaschenko bis zum Frühjahr versuchen, die belarussische Armee von jetzt 65.000 auf 100.000 Soldaten aufzurüsten. „Das wird schwer für ihn“, sagte Latuschka und betonte: „Wir sind ein friedliches Volk, unsere Leute wollen nicht gegen die Ukrainer kämpfen. Sie sehen gar keinen Grund in diesem Krieg und wollen nicht für Putin sterben.“ Die Opposition verfüge über interne Quellen, wonach 85 Prozent der Belarussinnen und Belarussen den Krieg ablehnten. Lukaschenko habe große Sorge, dass eine Mobilmachung zum Auslöser für neue Massenproteste wie im Jahr 2020 werden könnte, sagte Latuschka.

Bis zum Frühjahr, so der belarussische Oppositionspolitiker, wolle Putin die belarussische Militärinfrastruktur und das Land als strategischen Balkon für Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die Ukraine nutzen. „Putin benutzt unser Land für seine Aggressionen, und Lukaschenko ist dabei der nützliche Idiot“, sagte Latuschka. Lukaschenko sei als Putins Schoßhündchen wirtschaftlich völlig abhängig, deshalb könne er nicht Nein sagen.

Putins und Lukaschenkos Pläne: Opposition in Belarus will Bevölkerung aufklären

In der gemeinsamen Armee von Putin und Lukaschenko sollen die Belarussen als zweite Linie dienen, als eine Art Unterstützungskommando für die Front, erläuterte Latuschka. Die Opposition erhöhe derzeit den Druck mit Informationen, um die Menschen in Belarus darüber aufzuklären, was Lukaschenko und Putin planen. Der KGB habe die Chefs aller größeren privaten und staatlichen Unternehmen aufgefordert, Pläne zu erstellen, was sie im Kriegsfall an die Armee liefern können.

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Lukaschenko unterstütze Putins Plan, das sowjetische Imperium wiederherzustellen. „Wir sind sicher, dass Putin die Ukraine wieder zum Bestandteil der Russischen Föderation machen will. Und das Gleiche gilt für Belarus. Die Ukraine ist die Hauptspeise und Belarus das Dessert“, sagte Latuschka. Putin und Lukaschenko seien sich zudem darüber einig, Nuklearwaffen in Belarus zu stationieren. „Unter dem Schutzschirm von Atomwaffen werden sie neue Aggressionen von Belarus aus organisieren“, ist sich Latuschka sicher.

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Propaganda in Belarus: Nukleare Attacken feindlicher Mächte

Die belarussische Oppositionsführung geht davon aus, dass das Regime in Minsk in nächster Zeit weiter provozieren wird. Wie Latuschka berichtete, habe Ivan Tertel, Chef des belarussischen Staatssicherheitsdienstes KGB, in dieser Woche gewarnt, man rechne auch mit nuklearen Attacken auf Belarus. Das mache zwar gar keinen Sinn, diene aber Lukaschenkos Propagandaerzählung, dass feindliche Mächte Belarus angreifen wollten, so Latuschka.

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Der ehemalige belarussische Kulturminister kritisierte, weder in Washington noch in Brüssel gebe es eine richtige Strategie für den Umgang mit Belarus. Es sei an der Zeit, den Druck auf Lukaschenko massiv zu erhöhen. „Man muss ihm klarmachen, dass er persönlich für alles, was geschieht, verantwortlich gemacht wird“, betonte Latuschka. „Und dass er vor ein internationales Tribunal gestellt wird. Sanktionen allein reichen nicht aus.“

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