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TV-Kritik zum Polittalk

Ampelchefs bei Maybrit Illner: „Nach dem Krach ist vor dem Krach“

Christian Lindner (FDP) war gemeinsam mit den anderen Chefs der Ampelkoalition bei „Maybrit Illner“ zu Gast.

Christian Lindner (FDP) war gemeinsam mit den anderen Chefs der Ampelkoalition bei „Maybrit Illner“ zu Gast.

Drei Tage hat die Ampelkoalition angestrengt miteinander verhandelt – heraus kamen dabei einige Kompromisse, aber auch weitere Streitpunkte. Und einige Fragen – wie etwa zur Finanzierung – blieben offen. Ob die Krise der Koalition durch den Koalitionsausschuss beigelegt ist? Darüber hat sich Maybrit Illner am Donnerstag mit ihren Gästen unterhalten.

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Thema des Abends

Unter dem Titel „Kompromiss statt Masterplan – Ampelstreit wirklich beigelegt?“, ging es um die Ergebnisse des Koalitionsausschusses von SPD, Grüne und FDP, der den Parteien Antworten auf zentrale Streitfragen geben sollte. Bei der Sitzung, die mit Unterbrechung von Sonntagabend bis Dienstagabend andauerte, entwickelten die Ampelpolitiker und -politikerinnen ein Paket an Maßnahmen. Die wichtigsten Neuerungen: Entscheidungen zur Planungsbeschleunigung, dem Ausbau des Straßen- und Schienennetzes sowie dem Klima- und Naturschutz.

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Zu Gast waren der FDP-Parteivorsitzende und Bundesfinanzminister Christian Lindner, SPD-Chef Lars Klingbeil und der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour. Diskutiert haben sie mit Eva Quadbeck, Chefredakteurin des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), und Theo Koll, Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios.

So traten die Gäste auf

Christian Lindner wirkte von Anfang an bissig: So teilte der FDP-Chef etwa wiederholt gegen die Illner-Redaktion aus – zum Beispiel mit Kommentaren wie „Beim nächsten Mal laden Sie Herrn Habeck doch selbst ein, so oft wie Sie ihn hier zitieren“.

Omid Nouripour trat als Mediator auf: Er machte deutlich, dass alle Seiten sich auf die Verhandlungen und Kompromisse eingelassen haben. Dass er unzufrieden mit den Ergebnissen war, vor allem in Sachen Verkehr und Klimaschutz, zeigte sich im Laufe des Abends allerdings deutlich.

Lars Klingbeil bemühte sich um einen Eindruck der Einigkeit, vor allem mit Lindner und der FDP. Die beiden stimmten in einigen Themen überein und betonten die Wichtigkeit, einen „sozial verträglichen“ Klimaschutz zu konzipieren.

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Ampelkoalition einigt sich auf vielseitiges Reformpaket
28.03.2023, Berlin: Die Parteichefs der Koalitionsparteien Lars Klingbeil (SPD, r-l) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben nach dreitägigen Verhandlungen eine Einigung in mehreren Streitfragen erzielt. (zu dpa «Ampel-Parteien erzielen nach langem Koalitionsausschuss Einigung») Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Lkw-Maut wird ab 2024 erhöht und 80 Prozent davon soll in den Ausbau der Schienen fließen. Lindner äußerte sich zufrieden mit dem Zustand der Koalition.

Darüber wurde am meisten diskutiert

Die inhaltliche Diskussion dominierten die Themen Klima- und Naturschutz sowie Verkehr und Wärmewende. Hier zeigen sich auch deutliche – und tiefgreifende – Spannungen zwischen den Ampelchefs. So kritisierte Lindner die Grünen: „Viele der grünen Ideen halte ich für technologisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar, auch sozial nicht.“

Immer wieder wurde über die Gewinner und die Verlierer des Ausschusses diskutiert. Die Grünen hätten die meisten Rückschläge erlitten, so Illner. Doch „das ist ein Narrativ, das man zurückweisen muss“, betonte Lindner. Alle Parteien seien Kompromisse eingegangen. Klingbeil bestätigte das: „Es geht nicht um Gewinner und Verlierer.“ Es sei „völliger Quatsch“, dass sich eine Partei mehr bewegt habe als eine andere. „Das Ding dieser Berliner Politik ist, dass es nicht um Sachfragen geht, sondern um Machtpolitik“, fasste hingehen Theo Koll zusammen.

Dass die viel beschworene Einigkeit in der Koalition Risse zeigt, kam auch beim Thema Öl- und Gasheizungen zutage: Es habe den Vorstoß für die Pflicht eines Austausches von fossilen Heizungen gegeben, sagte Lindner „ganz neutral“. Von wem die Forderung kam? Das wollte er nicht sagen. Viele Menschen, vor allem ältere, hätten jetzt aber Sorge vor einem teuren Tausch ihrer Heizungen.

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Der Klimaschutz „muss sozial verträglich sein“

Daher müsse die Politik auch über die soziale Verträglichkeit des Klimaschutzes reden. Lars Klingbeil betonte: „Wir haben gesagt, wir lassen niemanden im Stich.“ Die Bürger und Bürgerinnen müssten laut ihm „mitgenommen werden“. Vor allem der Ausbau des ÖPNV sei hier besonders wichtig, denn: „Auf dem ländlichen Raum haben die Menschen gerade zwei Möglichkeiten: Entweder sie steigen ins Auto oder sie bleiben zu Hause.“

Ein noch ungeklärtes Thema für die Koalition: der Haushalt. Nouripour betonte, dass die Finanzierungslücke für den Streckenausbau des Bahnnetzes geschlossen wurde, das solle von der erhöhten Lkw-Maut bezahlt werden – Lindner nickte hier zustimmend. Ob Streit hier vorprogrammiert sei? Ja, sagte Nouripour: „Wir reden über sehr, sehr viel Geld und fundamentale Entscheidungen, deswegen müssen wir darüber streiten.“ Ohne Streit würde nur eine Partei den Ton angeben, das sei auch nicht förderlich.

„Der Streit wird weitergehen“

RND-Chefredakteurin Eva Quadbeck sollte am Ende für die Zukunft der Koalition einen Blick in die Schneekugel werfen – „oder Glaskugel, irgendeine Kugel“, so Illner. Quadbeck prophezeite: „Das System wird sich recht schnell wieder aufhängen.“ Jetzt wurde eine Resettaste gedrückt, doch es werde nicht so bleiben. „Der Streit wird weitergehen und er wird wieder schrill werden.“ Vor allem in Sachen Finanzierung sieht sie Probleme. Auch rätselhaft für Quadbeck: Wie aus dem 16 Seiten langen Papier ein konkreter Gesetzentwurf werden soll. Dem stimmte auch Theo Koll zu: „Wir stehen erst am Anfang einer dramatischen Diskussion.“ Was könne die Regierung noch bezahlen? Was will sich der Staat leisten?

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Fazit zum „Maybrit-Illner“-Talk

Die dreitägige Diskussion im Koalitionsausschuss wurde im Talk öffentlich fortgesetzt. Oft bezogen sich die drei Parteichefs auf den Koalitionsvertrag, als ob sie ausdrücken wollten: Wir sind uns im Grunde einig, wir stehen auf derselben Seite. Doch tiefe Risse konnten Zuschauende im Polittalk trotzdem beobachten. Wie die Situation weitergehen werde? Maybrit Illner beendete die Diskussion passend mit den Worten: „Nach dem Krach ist vor dem Krach.“

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