Gespräche sollen Dienstag weitergehen

Ampel unterbricht Koalitionsausschuss – Scholz sieht „sehr, sehr gute Fortschritte“

Das Bundeskanzleramt (Archivbild)

Das Bundeskanzleramt (Archivbild)

Berlin . Eine Nacht und ein halber Tag haben nicht gereicht: Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihr Spitzengespräch vorerst unterbrochen. Am Dienstagmorgen sollen die Gespräche fortgesetzt werden – Koalitionsausschuss, Tag drei.

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Nach Debatten bis zur letzten Minute musste ein Teil der Beteiligten am Montagnachmittag hastig aufbrechen. Ein Helikopter wurde zum Minister-Taxi, damit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Kabinettsmitglieder noch rechtzeitig los kamen zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach nach der Ankunft in den Niederlanden von „sehr vertraulichen“ und „sehr freundlichen“ Gesprächen. Es seien „sehr, sehr gute Fortschritte“ erzielt und „viele Verständigungen“ getroffen worden. All dies solle nun dazu beitragen, „dass wir die wichtigen Festlegungen erarbeiten, die für die Modernisierung und den Fortschritt in Deutschland notwendig sind“. In der Vergangenheit sei es jahrzehntelang zu langsam vorangegangen, so Scholz, der betonte: „Das muss sich ändern und das wird sich ändern.“ Am Dienstag gehe es deshalb final darum, „wie wir diesen Schub nach vorne für unser Land tatsächlich organisieren können“.

Keine Einigung: Koalitionsausschuss der Ampel vertagt
Koalitionsausschuss Teilnehmer des Koalitionsausschusses verlassen nach Nachtsichtung das Bundeskanzleramt - Olaf Scholz, Bundeskanzler, Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister, Marco Buschmann, Bundesjustizminister, Volker Wissing, Bundesverkehrsminister, Annalena Baerbock, Außenministerin von links steigen gemeinsam in den Helikopter der Bundesregierung zum Flug zum BER zum Weiterflug nach RotterdammKoalitionsausschuss Teilnehmer des Koalitionsausschusses verlassen nach Nachtsichtung das Bundeskanzleramt - Olaf Scholz, Bundeskanzler, Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister, Marco Buschmann, Bundesjustizminister, Volker Wissing, Bundesverkehrsmin, Berlin Berlin Deutschland Kanzleramt *** Coalition Committee Participants of th

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihr Spitzengespräch am Montag vorerst unterbrochen.

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Regierungssprecher: „Zielkonflikte miteinander klären“

Finanzminister Christian Lindner (FDP) eilte im Gegensatz zu seinen Regierungskolleginnen und -kollegen im Auto zum Flughafen. „Ideenreichtum, Schlafmangel – Koalitionsausschuss“, hatte der FDP-Chef kurz vorher noch kryptisch getwittert. Für Ergebnisse reichte es bei dann aber zumindest am Montag doch nicht, Scholz‘ demonstrativem Optimismus vor Beginn zum Trotz.

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Man sei „in vertrauensvollen und konstruktiven Gesprächen weit vorangekommen“, verkündeten die drei Ampel-Partner stattdessen. Ansonsten drang wenig nach außen während der endlosen Runde. Nur so viel: Es gehe bei den Gesprächen „insbesondere um die Frage von Planungsbeschleunigungen“ für Infrastrukturmaßnahmen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Und da sind viele Zielkonflikte miteinander zu klären.“ Es gelte da etwa, den Wunsch nach schnellerem Ausbau erneuerbarer Energien, Straßen und Schienen unter einen Hut zu bringen mit Bezahlbarkeit, Planbarkeit und der Zukunft der industriellen Fertigung in Deutschland.

Differenzen zwischen Grünen und FDP

Die Koalitionsspitzen wollten im Berliner Kanzleramt eine lange Liste von Streitpunkten abarbeiten. Als größtes Konfliktthema deutete sich im Vorfeld der Klimaschutz im Verkehr an. Denn hier muss die Bundesregierung eine Trendwende schaffen. Laut Umweltbundesamt stiegen die Treibhausgasemissionen in diesem Bereich zuletzt, statt zu sinken. Vor allem die Grünen verlangen von Verkehrsminister Volker Wissing mehr Anstrengung. Dessen FDP lehnt aber zum Beispiel ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen strikt ab, ebenso wie eine Reform der Dienstwagenbesteuerung.

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Doch das sind nicht die einzigen Maßnahmen, die infrage kämen. Das Umweltbundesamt und Umweltverbände fordern ein Bonus-Malus-System für neuzugelassene Pkw: Der Kauf klimaschonender Pkw mit geringen CO2-Emissionen soll gefördert, der Kauf besonders hoch emittierender Pkw verteuert werden. Ob die FDP einem solchen Schritt zustimmen kann, ist fraglich – ebenso wie einer Reform der Pendlerpauschale.

Ohne konkrete Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr dürften aber die Grünen einem schnelleren Bau von Autobahnstrecken nicht zustimmen. Die FDP will, dass nicht nur Bahnstrecken und Brücken schneller gebaut werden sollen, sondern auch bestimmte Autobahnen. Dazu könnte man etwa die Umweltverträglichkeit weniger aufwendig prüfen. Im Vorfeld des Koalitionsausschusses galt als Kompromiss eine Einigung auf ausgewählte Projekte wie Strecken, auf denen es jetzt schon ständig Stau gibt.

Auch bei anderen Fragen war der Ton in der Koalition zuletzt rau geworden:

Austausch von Öl- und Gasheizungen

Die Grundidee ist in der Koalition eigentlich längst vereinbart: Ab 2024 sollen möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. De facto bedeutet das ein Aus für konventionelle Öl- und Gasheizungen. Habeck goss das in einen umstrittenen Gesetzentwurf. SPD und FDP betonen beide, Hausbesitzer und Mieter dürften nicht überfordert werden. Auf der Suche nach einem Kompromiss war die Ampel schon vor dem Spitzentreffen vorangekommen – ohne dass bisher Details durchsickerten.

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Finanzierung der Kindergrundsicherung

Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist, was alles dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen. Sie hat deshalb einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet. Lindner hält Aufstocken nicht für zwingend, weil die Koalition gerade das Kindergeld angehoben hat.

Nach Einigung im Verbrennerstreit: Jetzt will FDP-Chef Lindner an die Kfz-Steuer

Nach der Einigung im Streit über die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren in der EU will Lindner die Besteuerung von Kraftfahrzeugen reformieren.

Unterschiedliche Haltung beim Geldausgeben

FDP-Politiker mahnten vor dem Koalitionsausschuss wiederholt Disziplin bei den Finanzen an – vor allem mit Blick auf den nun ausstehenden Bundeshaushalt für 2024. „Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Doch hätten die drei Parteien kein gemeinsames Grundverständnis.

Ob sich Streitfragen wie diese besser übermüdet oder ausgeschlafen klären lassen, würden die Ampel-Politiker wohl unterschiedlich beantworten. Am Montag habe man dem Kanzler schon angemerkt, dass er nicht besonders viel geschlafen habe, meinte Regierungssprecher Hebestreit. Übernachtungsmöglichkeiten im Kanzleramt kenne er keine, sagte er mit Blick auf die Mitglieder des Koalitionsausschusses. Am Dienstag soll es zunächst einmal bei Tageslicht weitergehen.

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Merz: „Ampel sollte sich klarmachen, für wen sie eigentlich arbeitet“

CDU-Chef Friedrich Merz hat die Vertagung des Koalitionsausschusses scharf kritisiert und der Ampel vorgeworfen, das Volk aus den Augen zu verlieren: „19 Stunden Dauerstreit im Kanzleramt ohne Ergebnis. Diese Bundesregierung ist stehend k.o.“, sagte der Unionsfraktionschef dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Am Dienstag will die Ampel in die Verlängerung gehen. Die Koalition aus FDP, Grüne und SPD sollte sich klarmachen, für wen sie eigentlich arbeitet.“

Merz forderte die Koalition auf, Entscheidungen bei den Streitpunkten zu treffen. „Diese Regierung wurde gewählt, damit sie das Land regiert und nicht untereinander blockiert“, so Merz. „Anstatt endloser Streitigkeiten braucht es jetzt Entscheidungen – zum Wohle unseres Landes.“

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In den vergangenen Wochen war der Ton in der Koalition deutlich rauer geworden. Vizekanzler Habeck hatte sogar einen Vertrauensbruch moniert. FDP-Politiker mahnten vor dem Koalitionsausschuss wiederholt Disziplin beim Geldausgeben an – vor allem mit Blick auf den nun ausstehenden Bundeshaushalt für 2024. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte vor dem Gipfel: „Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen. Dazu zählt die Einhaltung der Schuldenbremse und eine Priorisierung der Staatsausgaben.“

Dem Koalitionsausschuss gehören die Partei- und Fraktionschefs der drei Ampel-Parteien sowie der Kanzler und mehrere Minister an – insgesamt fast 20 Politiker. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, dass das Gremium monatlich zusammenkommt, „um grundsätzliche und aktuelle politische Fragen miteinander zu diskutieren und die weitere Arbeitsplanung miteinander abzustimmen“. In der Praxis tagte das Gremium bisher allerdings deutlich seltener.

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RND/dpa/jst/qua

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