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Kurioser Service in New York

Das Warten vor Gericht: So verdienen professionelle „Linesitter“ Geld mit Schlangestehen

Dutzende Medienvertreter warten vor dem Strafgericht von New York im Bezirk Manhattan auf die Ankunft von Ex-Präsident Donald Trump zur Anklageverlesung.

Dutzende Medienvertreter warten vor dem Strafgericht von New York im Bezirk Manhattan auf die Ankunft von Ex-Präsident Donald Trump zur Anklageverlesung.

Am Dienstag war die US‑Millionenmetropole New York mal wieder in Aufruhr: Am frühen Nachmittag (Ortszeit) sollte die Anklage in einem historischen Prozess gegen den Ex-Präsidenten Donald Trump verlesen werden. Und wo immer in New York ein Großereignis stattfindet, stehen die Menschen Schlange – manchmal tagelang.

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So nun auch vor dem New York City Criminal Court im Bezirk Manhattan: Besonders Fernsehsender wollen den möglichst besten Platz ergattern, um Bilder von Donald Trump aufzunehmen. Aber nicht alle Medien können eine Person abstellen, die stundenlang untätig in einer Schlange wartet. Hier kommen die Same Ole Line Dudes ins Spiel, eine Firma, die professionelle Linesitter bereitstellt. Das sind Menschen, die sich für andere in Warteschlangen einreihen, etwa um ein begehrtes Produkt zu ergattern – oder eben eine gute Sicht auf einen Ex‑Präsidenten in Handschellen.

Juliane Schäuble, US‑Korrespondentin des „Tagesspiegels“, hat dieses Phänomen in New York beobachtet. Adonis Porch, ein Linesitter von Same Ole Line Dudes, sei der Erste in einer langen Schlange vor dem New Yorker Gerichtsgebäude, schreibt sie auf Twitter. Ein Sender habe ihn gebucht, um bis Mittwoch einen Platz frei zu halten – für schlappe 50 US‑Dollar pro Stunde.

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Linesitting: Der professionelle Service existiert seit mehr als zehn Jahren

Ursprung genommen hat das Projekt der „Line Dudes“ laut Gründer Robert Samuel „durch einen Zufall“ im Jahr 2012. Damals sei Samuel arbeitslos und depressiv gewesen, erzählte er dem US‑Portal „LX News“. Als das neue iPhone erscheinen sollte, sei ihm die Idee gekommen, auf der Website Craigslist eine Anzeige zu schalten, in der er anbot, sich für jemanden in die Warteschlange zu stellen, um als einer der Ersten eines der begehrten Smartphones zu ergattern. Prompt habe man ihn dafür angeheuert – und obwohl sein damaliger Kunde das iPhone schlussendlich online kaufte, zahlte er ihm die versprochenen 100 US‑Dollar. Zudem habe der Kunde Samuel vorgeschlagen, seinen Platz in der Warteschlange zu verkaufen. „Am Ende verdiente ich an diesem einen Abend 325 Dollar, indem ich nur meinen Platz verkaufte“, sagte Samuel – Same Ole Line Dudes war geboren.

Das Geschäftsmodell ist wie perfekt auf die Neun-Millionen-Metropole New York zugeschnitten. Ob die neuesten Sneakers, begehrte Karten für ein Theaterstück oder das trendige Gebäck Cronut (eine Mischung aus Croissant und Donut) – bei so vielen Menschen in einer Stadt muss man für viele Dinge anstehen. Umso beliebter das Produkt, desto länger ist die Warteschlange. Die Same Ole Line Dudes bieten sogar an, die Ware direkt zu kaufen und dann an den Auftraggebenden zu verschicken. Gerade auswärtige Kundinnen und Kunden zeigen sich laut der Website von diesem Service begeistert.

Zwei Stunden Schlange stehen? 50 US-Dollar!

Für ihren Service verlangen die Same Ole Line Dudes sogar zumutbare Preise. Der Minimalbetrag beläuft sich auf 50 US‑Dollar (rund 46 Euro). Dafür stellen sich die Linesitter für zwei Stunden in die Schlange. Jede zusätzliche Stunde kostet dann 25 US‑Dollar. Das Warten über Nacht, bei extremem Wetter, ein besonders kurzfristiger Auftrag sowie die Lieferung des Produkts der Begierde kosten dann nochmals extra. „Und Trinkgeld ist willkommen“, sagt Robert Samuel.

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Der Durchbruch gelang ihm mit dem populären Musical „Hamilton“ von Lin-Manuel Miranda. Der Hype um die Karten war stets groß, als aber die Originalbesetzung bekannt habe, aufhören zu wollen, seien die Preise in die Höhe geschossen, erzählte Samuel der britischen Zeitung „The Guardian“. 15.000 Dollar (rund 13.800 Euro) wurde teilweise für Tickets im Internet aufgerufen. Samuel verlangte „nur“ 5000 US‑Dollar (rund 4600 Euro) – für „vier, vielleicht fünf Tage“ Wartezeit, wie er erzählte. „Wir waren das beste Angebot in der Stadt.“

Firmengründer Robert Samuel: „Ich mag es nicht, in der Schlange zu stehen“

Dass es sich bei den Linesittern um einen professionellen Service handelt, sieht man auch Adonis Porch an, der aktuell in New York auf die Ankunft von Donald Trump am Strafgericht wartet. Ers sitzt dort in einem Ein-Mann-Zelt, das ihn vor der Witterung schützen soll, auf einem Campingstuhl. Sein Zelt sowie ein davor ausliegendes Werbebanner weisen kaum übersehbar auf die Same Ole Line Dudes hin.

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Kurios: Firmengründer Robert Samuel selbst wartet selbst überhaupt nicht gern in Schlangen. „Ich mag es nicht, in der Schlange zu stehen, wenn ich für mich selbst warten muss und nicht bezahlt werde, weil ich es nach all dieser Zeit so gewohnt bin, für das Warten bezahlt zu werden“, sagte er gegenüber „LX News“. Manchmal würde er am liebsten einen seiner „Jungs“ anheuern.



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