Diplomatischer Kollisionskurs?

Annalena Baerbock in der Türkei – ein Tag voller Ausrufezeichen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen, Mevlüt Cavusoglu in Istanbul. Am Samstag stehen Treffen mit Oppositionspolitikern und Frauenrechtlern an.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen, Mevlüt Cavusoglu in Istanbul. Am Samstag stehen Treffen mit Oppositionspolitikern und Frauenrechtlern an.

Ankara. Es sind Ausrufezeichen, die Annalena Baerbock am Samstag in der Türkei setzt: Opposition! Menschenrechte! Frauen! Nach ihrem rumpeligen Treffen mit ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Istanbul ist die Außenministerin noch am Freitagabend in die Hauptstadt Ankara weitergeflogen.

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Ein Besuch am Grabmal des Republikgründers Kemal Atatürk steht da zunächst auf dem Programm – ein Pflichttermin für fast jeden Staatsbesuch.

Im Anschluss trifft sich Baerbock mit Vertretern der oppositionellen CHP, der konservativen IYI-Partei und der linken HDP. Es sind die Parteien, die sich im kommenden Jahr anschicken dürften, Präsident Recep Tayyip Erdogan bei der Wahl das Amt streitig zu machen. Mehrere führende Mitglieder der HDP sind in Haft.

Anschließend geht es zur Stiftung für Frauensolidarität, einer spendenfinanzierten Organisation, die Frauen in Fällen von häuslicher Gewalt berät. Das hat einen besonderen Hintergrund: Erdogan hat 2021 das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt gekündigt. In der sogenannten Istanbul-Konvention, die 2011 unter dem Vorsitz der Türkei beschlossen wurde und seit 2014 in Kraft ist, verpflichten sich die Unterzeichnerländer, Gewalt gegen Frauen auch durch Gesetze zu bekämpfen.

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Ausgerechnet das namensgebende Land, das die Konvention als erstes unterzeichnet hat, hat sich nun daraus zurückgezogen – unter Verweis auf bereits bestehende Gesetze in der Türkei, die eine eigene Konvention, wie man nun feststelle, angeblich überflüssig machten.

Der Fall Osman Kavala

Bei einem Treffen der Ministerin mit Vertretern der Zivilgesellschaft dürften erneut Menschenrechtsfragen im Vordergrund stehen. Im Gespräch mit Cavusoglu hatte Baerbock nochmals die Freilassung des Aktivisten Osman Kavala gefordert. Der 64‑Jährige sitzt seit vier Jahren im Gefängnis. Die Regierung wirft ihm Umsturzversuche vor. Im April wurde er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hatte die Verfolgung Kavalas 2019 als politisch motiviert verurteilt.

Auch die Migration steht erneut auf der Tagesordnung von Baerbocks Besuch. In einem von einer Nichtregierungsorganisation betriebenen Gemeindezentrum will die Ministerin mit Geflüchteten sprechen. Vier Millionen syrische Geflüchtete und 300.000 Geflüchtete aus anderen Staaten sind nach Angaben der Bundesregierung in der Türkei registriert. Die EU und Deutschland unterstützen das Land dafür mit mehreren Milliarden Euro – in der Hoffnung, dass die Menschen nicht Richtung EU weiterreisen.

Eindrucksvoll hat Baerbock die Aufnahmebereitschaft der Türkei beim Treffen mit Cavusoglu genannt. Es war, neben den Bemühungen der türkischen Regierung um die Wiederaufnahme der Getreideexporte aus den blockierten ukrainischen Häfen, einer der wenigen Punkte ohne Konfrontation.

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