Antisemitismusbeauftragter: Zögerliche Reaktion von Scholz war „Kommunikationsproblem“
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Der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat auf einer Pressekonferenz israelbezogene antisemitische Aussagen getroffen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat darauf nicht direkt reagiert. Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Mahmoud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, beantworten nach ihrem Gespräch auf einer Pressekonferenz Fragen von Journalisten.
© Quelle: Wolfgang Kumm/dpa
Berlin, Essen. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die zögerliche Reaktion von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf den Holocaust-Vergleich von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas als Kommunikationsproblem bezeichnet. Die Haltung des Kanzlers zu Israel und israelbezogenem Antisemitismus sei „ganz klar“, sagte Klein am Mittwochabend in den ARD-„Tagesthemen“.
Scholz werde in nächster Zeit Gelegenheiten haben, sich dazu zu äußern, etwa am 50. Jahrestag des Olympia-Attentats von München im September. „Ich bin sicher, dass er dann das Richtige sagen wird“, betonte der Antisemitismusbeauftragte.
Klarer Fall von „israelbezogenem Antisemitismus“
Am Ende der Pressekonferenz mit Abbas im Kanzleramt am Dienstag habe es sich seiner Ansicht nach „vor allem um ein Kommunikationsproblem zwischen dem Kanzler und seinem Regierungssprecher“ gehandelt. Letzterer habe dazu in der Bundespressekonferenz Stellung genommen. „Damit ist bereits eigentlich alles gesagt“, sagte Klein.
„50 Massaker, 50 Holocausts“: Die Abbas-Äußerung im Video
Bei seinem Besuch im Berliner Kanzleramt warf der Palästinenser-Präsident Israel einen Holocaust an den Palästinensern vor.
© Quelle: Reuters
Auch wenn der palästinensische Präsident mittlerweile zurückgerudert sei, sei seine Äußerung ein klarer Fall von israelbezogenem Antisemitismus. „Den können wir nicht dulden“, betonte er. Abbas habe damit den Bemühungen der Bundesregierung geschadet, „weil wir ja auch versuchen, gerade Muslime, die hier leben, die palästinensische Community, für unsere Erinnerungskultur zu gewinnen“.
Scholz „empört“ über Abbas Aussagen
Das Internationale Auschwitz-Komitee bezeichnete die Aussagen von Abbas als „gezielte Provokation“ und eine „Düpierung des Kanzlers“. Es sei ein direkter Versuch gewesen, „die entsprechende Szene in Deutschland noch stärker zum Israel-Bashing aufzufordern“, sagte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Donnerstag). Er warf dem Bundeskanzler vor, er sei „offensichtlich in diese Situation mit Präsident Abbas gegangen, ohne sich mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf zu erwartende Provokationen vorzubereiten“.
Abbas hatte bei der Pressekonferenz im Kanzleramt gesagt, Israel habe „50 Massaker“, „50 Holocausts“ in 50 palästinensischen Dörfern und Städten verübt. Nach diesen Äußerungen endete die Pressekonferenz. Scholz, der zuvor einen Apartheid-Vorwurf zurückgewiesen hatte, reagierte diesmal nicht sofort. Am Mittwochmorgen erklärte er: „Ich bin zutiefst empört über die unsäglichen Aussagen des palästinensischen Präsidenten.“
Scholz telefoniert mit israelischem Regierungschef
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) telefonierte nach dem Holocaust-Eklat mit dem israelischen Regierungschef Jair Lapid. Der Kanzler habe zu Beginn des Gesprächs die Äußerungen von Abbas erneut zurückgewiesen und verurteilt, teilte Lapids Büro am Donnerstag nach dem Gespräch mit. Scholz sei es demnach wichtig gewesen, dies persönlich und öffentlich klarzustellen. Lapid ist selbst Sohn eines Holocaust-Überlebenden.
Beide betonten nach israelischen Angaben die Bedeutung der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland und vereinbarten, die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen fortzusetzen. Zudem sei ein baldiges Treffen geplant. Nähere Angaben zu einem möglichen Zeitpunkt wurden nicht gemacht.
RND/epd/dpa