Kassen und Sozialverbände fordern von Scholz und Lindner Milliarden für die Pflege
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Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner.
© Quelle: IMAGO/photothek
Die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie die großen Sozialverbände haben in einem Brandbrief Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) eindringlich dazu aufgefordert, die hohen Defizite in der Pflegeversicherung rasch durch Steuermittel in Milliardenhöhe auszugleichen. Der Finanzierungsbedarf allein für die kurzfristige Stabilisierung im laufenden Jahr betrage mindestens 4,5 Milliarden Euro, heißt es in dem Schreiben an Scholz und Lindner, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
„Wir bitten Sie daher eindringlich, die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung durch Bundesmittel schnell zu stabilisieren, damit die notwendige Sicherung der Liquidität nicht ausschließlich zu Lasten der Beitragszahlenden erfolgt“, fordern die Verbände.
Defizit in Höhe von 2,25 Milliarden Euro
Sie verweisen in dem Brief auf das 2022 entstandene Defizit der gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 2,25 Milliarden. Für das laufende Jahr werde ein weiterer Fehlbetrag von 3 Milliarden Euro erwartet. Wesentliche Kostentreiber seien die wachsende Zahl von Pflegebedürftigen sowie die steigenden Ausgaben unter anderem durch die gesetzlich vorgeschriebene Bezahlung der Pflegekräfte nach Tarif. Zudem habe der Bund bisher die Mehrkosten durch die Corona-Pandemie in Höhe von insgesamt 5,5 Milliarden Euro nicht erstattet.
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„Eine solidarische und dauerhaft verlässlich finanzierte Pflegeversicherung leistet einen bedeutenden Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in unserem Land“, mahnen die Unterzeichner. Sie fordern, dass der Bund die Corona-Mehrkosten überweist und zudem die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige in Höhe von rund 3 Milliarden Euro übernimmt. Eine zusätzliche finanzielle Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler müsse vermieden werden, so die Unterzeichner.
Brandbrief von allen gesetzlichen Kassen und mehreren Spitzenverbänden unterzeichnet
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der nicht Adressat des Schreibens ist, sondern an den es nur „nachrichtlich“ versandt wurde, hatte bereits erfolglos bei Lindner Geld für die Pflegeversicherung eingefordert. Der Minister muss bis spätestens Sommer eine Reform ins Gesetzblatt bringen, weil das Bundesverfassungsgericht eine stärkere Differenzierung der Beiträge je nach Kinderzahl verlangt.
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Bisher ist unklar, wie Lauterbach die Umsetzung des Gerichtsurteils, die Deckung des Defizits sowie weitere Leistungsverbesserungen finanzieren will. Im Koalitionsvertrag ist nur von einer moderaten Anhebung des Beitragssatzes die Rede. Schätzungen zufolge müsste der Satz von jetzt 3,05 Prozent (Kinderlose 3,4 Prozent) jedoch um fast einen Prozentpunkt steigen, um ohne zusätzliche Steuermittel alle Maßnahmen zu bezahlen.
Der Brief wurde von allen Verbänden der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene sowie von mehreren Sozialverbänden und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege unterschrieben.