Lauterbachs Kehrtwende: EU-Zustimmung zu deutschen Cannabisplänen deutlich komplizierter
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Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Haus der Bundespressekonferenz.
© Quelle: IMAGO/Future Image
Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bei seinen Planungen für eine Legalisierung von Cannabis eine Kehrtwende vollziehen müssen. In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des CSU-Politikers Stephan Pilsinger räumt sein Ministerium ein, dass es rechtlich gar nicht möglich ist, die Ende Oktober vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkte von der EU-Kommission zunächst freigeben zu lassen, um erst danach einem konkreten Gesetzentwurf zu erarbeiten.
„Gemäß den europarechtlichen Vorgaben können nur konkrete Regelungsentwürfe notifiziert werden“, heißt es in der Antwort, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Laut Ministerium wird derzeit bereits an einem Gesetzentwurf gearbeitet, der „im Anschluss der Europäischen Kommission vorgelegt werden soll“. Demgegenüber hatte Lauterbach bei der Vorlage der Eckpunkte Ende Oktober noch angekündigt, die Planungen zunächst in Brüssel vorzulegen und erst nach einer Freigabe durch die EU-Kommission die Arbeit an einem konkreten Gesetzentwurf zu beginnen.
Zustimmung auf EU-Ebene für Legalisierung könnte schwierig werden
Die Union reagierte spöttisch auf die Antwort aus dem Ministerium. „Es ist einfach peinlich für einen deutschen Gesundheitsminister, eine Vorabprüfung durch die Europäische Kommission anzukündigen, die von Anfang an so nie möglich war“, sagte Pilsinger dem RND. „Karl Lauterbach ist vielleicht ein guter Theoretiker, aber ein lausiger Praktiker“, fügte er hinzu. An diesem Vorgehen sehe man deutlich, dass aus Lauterbach „nicht mehr als ein reiner Ankündigungsminister“ werde.
Die Eckpunkte sehen vor, dass Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis künftig straffrei sein sollen. Der Verkauf soll in lizenzierten Fachgeschäften und möglicherweise auch Apotheken möglich werden. Auch der Eigenanbau soll in einem begrenzten Umfang erlaubt werden. Eine Obergrenze beim Gehalt des berauschenden Wirkstoffs THC ist nicht geplant.
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Eine Zustimmung der EU-Ebene für die Legalisierung zu erreichen dürfte schwierig werden. Schließlich gibt es mindestens zwei verbindliche EU-Vorgaben, die der Freigabe entgegenstehen. So schreibt der EU‑Rahmenbeschluss von 2004 vor, dass Herstellung, Anbau, Verkauf oder Ein- und Ausfuhr von Drogen unter Strafe gestellt werden müssen. Cannabis ist dabei ausdrücklich eingeschlossen.
Wie umgehen mit dem Schengen-Protokoll?
Zudem gilt das sogenannte Schengen-Protokoll. Darin verpflichteten sich die Vertragsländer, zu denen auch Deutschland gehört, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabisprodukte sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden“.
Lauterbach hatte kürzlich gesagt, bei Gesprächen mit Vertretern der EU-Kommission habe sich gezeigt, dass „sehr gute Argumente“ benötigt würden, um sie vom eingeschlagenen Weg zu überzeugen. Er kündigte an, daher ein wissenschaftliches Gutachten erstellen zu lassen. Damit solle untermauert werden, dass die Legalisierung dazu führen werde, den Schwarzmarkt zurückzudrängen und einen besseren Kinder- und Jugendschutz zu erreichen.