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Konflikte

Chinas Ukraine-Dilemma: Wie sich Peking in demonstrativer Zurückhaltung übt

Der chinesische Präsident Xi Jinping hat Anfang Februar den russischen Präsidenten Wladimir Putin als ersten Staatschef seit über zwei Jahren in Peking begrüßt. Die Beziehungen zu Russland sind so gut wie lange nicht, aber die Volksrepublik schlägt sich im Ukraine-Konflikt trotzdem nicht eindeutig auf Russlands Seite.

Der chinesische Präsident Xi Jinping hat Anfang Februar den russischen Präsidenten Wladimir Putin als ersten Staatschef seit über zwei Jahren in Peking begrüßt. Die Beziehungen zu Russland sind so gut wie lange nicht, aber die Volksrepublik schlägt sich im Ukraine-Konflikt trotzdem nicht eindeutig auf Russlands Seite.

Peking. China übt sich in demonstrativer Zurückhaltung. Als sich Außenminister Wang Yi am Dienstag an die Öffentlichkeit wendet, schwingt aus jeder seiner Silben die Bemühung mit, einen delikaten Drahtseilakt zu vollbringen: Alle Seiten sollen angesichts der „sich verschlechternden“ Lage in der Ukraine „Differenzen durch Dialog und Verhandlungen“ lösen, sagte Chinas Spitzendiplomat. Und bereits am Wochenende stellte er bei der Münchener Sicherheitskonferenz klar: Man sei zwar gegen eine Osterweiterung der Nato, jedoch auch für den Schutz der territorialen Integrität der Ukraine.

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Solch eine diplomatische Rhetorik mag überraschend erscheinen für eine Regierung, die erst zu Beginn des Monats den russischen Präsidenten Wladimir Putin als ersten Staatschef seit über zwei Jahren in Peking begrüßt hat. Tatsächlich sind die bilateralen Beziehungen zwischen Peking und Moskau dieser Tage auf einem historischen Rekordhoch.

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Beide Staaten eint das Interesse, einen Gegenblock zur von den USA angeführten Weltordnung zu bilden. Und dennoch zeigt die jetzige Ukraine-Krise ganz deutlich auf, dass die „nicht enden wollende“ Kooperation zwischen den zwei Ländern sehr wohl ihre Grenzen hat. Fest steht: Eine russische Invasion in der Ukraine wäre ganz und gar nicht im Sinne Chinas.

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Der siebenköpfige ständige Ausschuss des Politbüros unter Führung von Xi Jinping versucht derzeit unter Hochdruck, hinter verschlossenen Türen zu einem gemeinsamen Konsens zu gelangen. Doch bereits jetzt steht fest, dass China auch im bestmöglichen Szenario nicht jede seiner diversen Interessen erreichen kann.

An guten Beziehungen mit Russland und der Ukraine interessiert

Einerseits möchte man die enge Freundschaft mit Moskau beibehalten, gleichzeitig jedoch auch weiterhin den Handel mit der Ukraine weiterführen – nicht zuletzt, weil das osteuropäische Land Teil der chinesischen „Belt and Road“-Strategie ist. Ebenso versucht Peking zu verhindern, dass die bereits angespannten Beziehungen mit den USA nicht noch weiter eskalieren. Und genauso wichtig ist es der Volksrepublik, dass Russland nicht mit zusätzlichen Sanktionen vom Westen belegt wird. Denn diese würden unweigerlich auch auf China überschwappen.

Theoretisch könnte Peking seinem Partner Moskau dabei aushelfen, die Wirtschaftsrepressionen zumindest größtenteils abzufedern. Der gemeinsame Handel zwischen den zwei Staaten ist schließlich im Vorjahr um über ein Drittel auf 147 Milliarden Dollar gestiegen – und damit bereits fast auf dem Niveau des Handelsvolumens zwischen Russland und der Europäischen Union.

Doch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Peking und Moskau sind höchst asymmetrisch: Während China längst der wichtigste Handelspartner für Russland ist, macht dessen Anteil am chinesischen Außenhandel weniger als 3 Prozent aus.

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Sollte die Volksrepublik den wirtschaftlichen Sanitäter für Moskau spielen, wäre dies mit einem extrem hohen Preisschild versehen: Die EU, die derzeit nach wie vor zwischen den USA und China oszilliert, würde dadurch deutlich stärker „in die Arme“ Washingtons getrieben. Vor allem aber würden die USA ihrerseits weitere Sanktionen gegen chinesische Firmen auf den Weg bringen. Welch schwerwiegende Folgen diese haben kann, hat die Causa des Telekommunikationsausrüsters Huawei eindrücklich bewiesen.

Dennoch kann es sich Peking ebenfalls nicht leisten, Moskau im Stich zu lassen. Denn damit würde man seinen wichtigsten strategischen Partner auf dem internationalen Parkett verlieren. Genau dessen Rückendeckung braucht China jedoch auf lange Sicht: Russland nämlich würde Xi Jinping diplomatisch bei seinem Ziel unterstützen, den Inselstaat Taiwan zu annektieren.

Jener Zwiespalt spiegelt sich auch in Chinas sozialen Medien wider. Auf der Onlineplattform Weibo hat die ukrainische Botschaft in Peking mit einem Russland-kritischen Posting über die Anerkennungen der selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk für das „heißeste“ Thema des Tages gesorgt. Bis zum Dienstagabend Ortszeit haben rund 800.000 chinesische User den Beitrag mit einem „Like“ goutiert.

Im Zuge der sich entfachenden Debatte wurde jedoch gleichzeitig vor allem die Rolle der Vereinigten Staaten als „Weltpolizei“ kritisiert. Ein Nutzer etwa schreibt: „Heute können die USA der Ukraine dabei helfen, gegen Russland zu kämpfen. Morgen helfen sie dann Taiwan dabei, gegen uns zu kämpfen.“

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