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Massive Serverprobleme

„Deutsche Bahn muss besser vorbereitet sein“: Kritik am Stotterstart des Deutschlandtickets

Bahhnreisende steigen auf dem Bahnsteig in einen ICE-Zug im Kölner Hauptbahnhof.

Bahhnreisende steigen auf dem Bahnsteig in einen ICE-Zug im Kölner Hauptbahnhof.

Berlin. Der Start des Deutschlandtickets stellt die Server der Deutschen Bahn weiterhin vor Probleme. Bereits am Wochenende und dann zum offiziellen Start am 1. Mai hatte die große Nachfrage für eine Überlastung gesorgt. Und auch am Dienstag kam es zu Störungen. Kunden konnten das verbilligte ÖPNV-Ticket zeitweise weder über die Webseite noch über die App der Deutschen Bahn buchen. Stattdessen hieß es dort: „Aktuell kann es bei der Buchung des Deutschlandtickets wegen der hohen Nachfrage zu Störungen kommen. Bitte versuchen Sie es in dem Fall zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“

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Wie viele Kunden von der Störung betroffen sind und wann sie behoben sein wird, konnte das Unternehmen nicht sagen. Trotz der Startprobleme wertet die Bahn das 49-Euro-Ticket als einen „enormen Erfolg“, so ein Bahnsprecher. „Alleine im ersten Monat hat die Deutsche Bahn mehr als 1,3 Millionen Tickets verkauft. Nach dem ohnehin schon großen Interesse der Kunden in den ersten Wochen ist die Nachfrage am Wochenende und am 1. Mai noch einmal deutlich angestiegen.“

Pro Bahn: Serverprobleme bei der Bahn sind bekannt

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte hingegen den Stotterstart: „Die Deutsche Bahn muss besser auf die hohe Nachfrage vorbereitet sein und ihre Serverkapazitäten ausbauen“, sagt Bundesvorsitzender Detlef Neuß. Serverüberlastungen bei der Bahn seien nichts Neues. „Schon bei der Einführung des 9-Euro-Tickets haben wir diese Probleme gesehen.“ Umso verwunderlicher sei es, dass sie jetzt wieder aufträten, schließlich sei das Ticket schon seit einiger Zeit im Vorverkauf erhältlich. „Aber offenbar haben sich viele Leute für einen Spontankauf entschieden. Es kann nicht sein, dass das dann nicht möglich ist.“

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Positiv sieht Neuß den Umgang mit den Problemen, die mit dem Versand der Chipkarten verbunden waren. Viele Kunden hatten die Karten nicht rechtzeitig zum Start erhalten. Bei wem das Deutschlandticket noch nicht angekommen ist, kann nun vorerst eine Bestellbestätigung oder das alte Aboticket als Ticketersatz nutzen. „Wichtig ist aber, dass Fahrer und Kontrolleure von der Regelung wissen“, sagt Neuß.

Das Problem ist nicht nur bei der der Deutschen Bahn, sondern auch bei anderen Verkehrsbetrieben wie der Berliner BVG aufgetreten. Dort heißt es, der Versand der Chipkarten laufe „auf Hochtouren“ und sei zum überwiegenden Teil abgeschlossen.

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Wissing sieht grundlegende Probleme bei der Digitalisierung

Klärungsbedarf sieht Neuß noch bei den Beförderungsbedingungen: „Ob man zum Beispiel Hunde, Kinder oder Fahrräder mitnehmen darf, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.“ Pro Bahn fordert stattdessen einheitliche Regelungen.

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Nach Ansicht von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zeigen die Schwierigkeiten zum Start des Deutschlandtickets grundlegende Probleme bei der Digitalisierung auf: „Das sind Probleme, die damit zusammenhängen, dass wir keine ausreichende Digitalisierung im Vertrieb haben“, sagte der FDP-Politiker am Montag zum Start des neuen Abotickets. Wichtig sei es „dass wir diese veralteten Strukturen jetzt nicht einfach in die Zukunft fortschreiben und uns schön reden, so nach dem Motto ‚Ja, das Papierticket hat sich doch so bewährt, das ist doch wunderbar‘“, so Wissing.

Michael Donth, Berichterstatter der CDU für den öffentlichen Nahverkehr, ist wenig überrascht von den Startproblemen beim Deutschlandticket: „Das zeigt aus meiner Sicht zweierlei Dinge: Der Verkehrsminister möchte unbedingt und schnellstmöglich das Ticket, lässt danach aber die Länder, Kommunen und Aufgabenträger mit der Organisation allein. Zweitens soll es unbedingt ein digitales Ticket sein, ohne dass Herr Wissing eine ausreichende Digitalisierung im Vertrieb für die Kunden sicherstellen kann. Dass er nun die Defizite bei der Digitalisierung im Vertrieb bemängelt, ist als Digitalminister ein Armutszeugnis.“

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„Kann nicht sein, dass die Menschen so verärgert werden“

Kritik kam auch von Bernd Riexinger, Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages für die Linkspartei: „Es gab eine relativ lange Vorlaufzeit. Da darf es eigentlich nicht sein, dass es zu jetzt zu solchen Problemen kommt und die Menschen zum Start eines so wichtigen Tickets verärgert werden.“ Riexinger betont, dass er dem Ticket Erfolg wünsche – auch wenn viele Forderungen der Linken wie Einzelverkäufe und ein vergünstigtes Ticket für einkommensschwache Menschen nicht berücksichtigt worden seien.

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Seit Montag kann das Deutschlandticket genutzt werden. Für 49 Euro im Monat berechtigt es zum bundesweiten Fahren im Nahverkehr. Das Ticket ist nur in einem monatlich kündbaren Abo bei der Deutschen Bahn und bei zahlreichen anderen Verkehrsunternehmen erhältlich – entweder als Chipkarte oder als Handyticket.

Laut dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) haben insgesamt mehr als drei Millionen Menschen das Ticket bereits gekauft. Darunter 750.000 Personen, die vorher kein Nahverkehrsabo besaßen. Die Zahlen stammen allerdings aus der vergangenen Woche, mittlerweile rechnet der Verband mit deutlich höheren Verkaufszahlen.

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