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Freak-Show bei rechtem Republikaner-Treffen

„Ich kann sehr einfach den dritten Weltkrieg verhindern“: Trump nimmt die Nato unter Feuer

Er feiert sich selbst wie eh und je: Donald Trump.

Er feiert sich selbst wie eh und je: Donald Trump.

Washington. Als der Mann nach mehr als 100 Minuten endlich zum Schluss kommt, springen seine Fans im Saal entzückt von den Stühlen. Den Zuschauern und Zuschauerinnen zu Hause vor dem Fernseher aber brummt der Schädel.

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Donald Trump will die Innenstädte der USA neu aufbauen und die Straßen nach Patrioten umbenennen. Er kündigt eine Geburtsprämie für einen neuen Babyboom an und fordert einen Pulitzerpreis für den ultrarechten Fox-News-Moderator Tucker Carlson. Er fantasiert über russische Panzer, die das Nato-Hauptquartier „mit einem Schuss“ in Schutt und Asche legen, und sieht das eigene Land in der Hand von Marxisten und Verrückten. Aber zum Glück hat er den Durchblick: „Ich kann sehr einfach den dritten Weltkrieg verhindern.“

Die Reden des Ex-Präsidenten haben selten einen roten Faden. Aber der Monolog, den er am Samstagabend bei der CPAC-Tagung der rechten Republikaner vom Stapel lässt, klingt selbst für seine Verhältnisse wild. „Die Menschen mögen es, wenn ich mich vom Manuskript entferne“, hat er gesagt, „das ist etwas riskant, macht aber mehr Spaß.“ Spaß ist genau das, was seine Zuhörer und Zuhörerinnen haben wollen. Vor der Konferenzhalle werden T‑Shirts von Joe Biden mit Hitler-Bärtchen verkauft.

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Herausforder Ron DeSantis bleibt dem Treffen fern

Eine brave Veranstaltung war das jährliche CPAC-Treffen der amerikanischen Konservativen noch nie. Aber inzwischen hat sich die viertägige Veranstaltung zu einem Jahrmarkt für Maga-Schlachtenbummler, Rechtsextreme und Verschwörungsideologen entwickelt, dessen Höhepunkt der Auftritt von Trump ist. Sein mutmaßlich aussichtsreichster innerparteilicher Herausforderer im Rennen um die Präsidentschafts­kandidatur, Ron DeSantis, ist genauso wenig gekommen wie Ex-Vizepräsident Mike Pence oder Kevin McCarthy, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, und Senatsminderheitenführer Mitch McConnell. Immerhin hat am Vortag Trump-Herausforderin Nikki Haley gesprochen, aber sie bekam eher mageren Applaus.

In dem Konferenzzentrum vor den Toren Washingtons wird eine viertägige Freak-Show gegeben. Mit 62 Prozent landet Trump in einer Umfrage unter den Teilnehmern wenig überraschend klar auf dem ersten Platz beim Rennen ums Weiße Haus. „We want Trump“ (wir wollen Trump) steht auf den Schildern, die das Publikum während der Rede in die Fernsehkameras streckt. Weiter hinten im Saal sind freilich viele Stuhlreihen leer.

Trumps Vortrag ist eine Mischung aus seinen rechten Evergreens, Seitenhieben gegen die traditionellen Republikaner, Pöbeleien über Joe Biden und Verneigungen vor dem russischen Machthaber Wladimir Putin. Die Rede beginnt mit dem apokalyptischen Gemälde eines Landes im Niedergang. „Sie sind hinter euch her – und ich stehe ihnen nur im Weg“, formuliert der Redner dann seinen Leitgedanken.

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Trumps Fantasie lässt Generäle strammstehen

Im Grunde aber geht es stets nur um Trump selbst: Unter ihm hätten die USA in Blüte gestanden, die äußeren Feinde Respekt gehabt, die Wirtschaft habe floriert, und Nato-Regierungschefs sollten angeblich sofort Milliardenschecks geschickt haben, nachdem er ihnen gedroht hatte, sie bei einem feindlichen Angriff nicht mehr zu verteidigen. Je länger die Rede dauert, desto mehr verschwindet die Wirklichkeit hinter der narzisstischen Fantasie, in der dauernd irgendwelche Generäle ehrfürchtig „Yessss, Sir!“ zu ihm sagten.

Doch jenseits der üblichen Lügen birgt der Auftritt eine alarmierende Botschaft: Mehr noch als zu seiner Regierungszeit sieht Trump die Nato inzwischen als rein ökonomisches Zweckbündnis, und die anderen Partner sind für ihn Schmarotzer. Deren militärischen Schutz will er künftig an die Bedingung knüpfen, dass sie den USA Vorzugskonditionen im Handel einräumen. Das Geld für die Ukraine will er lieber zur Sicherung der eigenen Grenze mit Mexiko einsetzen. Den Ukraine-Krieg will Trump sofort beenden: „Das wird nicht länger als einen Tag dauern.“ Wie das passieren soll, verrät er nicht. Nur, dass er mit Putin „sehr gut klargekommen“ sei, betont er mehrfach.

Seine Anhänger und Anhängerinnen im Saal hören das gern. Die von Russland überfallenen Ukrainer haben indes Anlass zur Sorge. Und viele Alliierte dürften sich fragen, wie das Bündnis mit einem Oberbefehlshaber Trump wohl aussähe. Mitten in einem mörderischen Krieg fabuliert dieser schließlich noch über das neue, aus Glas und Stahl errichtete Hauptquartier der Nato in Brüssel: „Das ist eines der längsten Gebäude, das ich je gesehen habe.“ Drei Milliarden Dollar habe die Nato dafür verpulvert. „Sie hätten stattdessen für 500 Millionen Dollar den großartigsten Bunker bauen sollen, denn es je gab“, kritisiert der Immobilienmogul.

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Trump scheint nicht im Entferntesten zu spüren, wie bizarr seine Äußerungen inmitten eines Krieges sind. Vor seinem geistigen Auge sieht er dafür schon russische Panzer nach Belgien rollen: „Dann würde es keine 15 Minuten dauern, bis das Gebäude platt wäre.“ Hätte man auf ihn gehört, bestünde die Gefahr nicht: Er hätte 15 Zentimeter dicke Betonwände empfohlen, sagt der Mann, der ernsthaft in zwei Jahren ins Weiße Haus zurückkehren könnte.


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