Droht Unis ein Energielockdown? Hochschulen und Länder im Gespräch zu Energiesparkonzepten
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Könnte deutschen Hochschulen nach den Corona-Lockdowns ein Energielockdown drohen?
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild
Die Hochschulen stehen vor massiven Erhöhungen ihrer Strom- und Heizkosten. Wie genau diese eingespart werden könnten, ist derzeit noch unklar. „Die Situation ist sehr dynamisch“, sagte ein Sprecher der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Momentan liefen Gespräche zwischen Ländern und Hochschulen, um Konzepte zum Energiesparen und zur Finanzierung auszuarbeiten, so der Sprecher.
Im Gespräch seien Ideen wie verlängerte Winterpausen der Universitäten sowie reduzierte Öffnungszeiten von Universitätsgebäuden und Bibliotheken. Die Temperaturen könnten wie in anderen öffentlichen Gebäuden auf 19 Grad heruntergeregelt werden. Die Universität des Saarlandes setzt beispielsweise auf eine Verlängerung der Winterpause, wie eine Sprecherin der Universität dem RND bestätigte. Drei Wochen lang werde die Temperatur in der Universität abgesenkt, sodass Mitarbeitende statt nur einer Woche zwei Wochen im Homeoffice bleiben. Der Lehrbetrieb finde in dieser Zeit grundsätzlich digital statt.
Kultusministerkonferenz will Präsenzbetrieb sicherstellen
Von längerfristigen Schließungen, einem Energielockdown nach dem Vorbild des Pandemielockdowns, ist derzeit nicht die Rede. Die Kultusministerkonferenz (KMK) bekräftigte im Oktober noch einmal die Bedeutung von Präsenzlehre: „Ziel der Länder ist insbesondere die Sicherstellung des Präsenzbetriebes an den Hochschulen nach mehreren Jahren pandemischer Einschränkungen.“ Auch bei einer möglichen Verschärfung der Energiekrise halte die KMK die Sicherstellung des Präsenzbetriebes für unabdingbar, hatte sie bereits im September in einem Beschluss festgehalten.
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Präsenzlehre müsse sichergestellt werden. Das forderte die Kultusministerkonferenz kürzlich.
© Quelle: Michael Reichel / dpa
Rahel Schüssler vom „Freien Zusammenschluss von Student*innenschaften“ (FZS) beruhigt das keineswegs. „Es wird von vielen Seiten bekräftigt, die Hochschulen sollen offenbleiben, aber konkrete Konzepte gibt es im Moment noch nicht“, kritisiert sie. „Auf dem Rücken der Studierenden schieben sich Bund und Länder gegenseitig die Verantwortung zu.“ Während der Bund argumentiere, Bildung sei Ländersache, forderten die Länder finanzielle Unterstützung von der Bundesregierung, um die Mehrkosten der Hochschulen auszugleichen.
Studierende beklagen Teilschließungen und verkürzte Öffnungszeiten
„Auch wenn noch nicht klar ist, ob es zu längeren Schließungen kommt, sind Teilschließungen bereits der Fall“, sagte Schüssler dem RND. Eine Mehrzahl der Universitäten habe Teilschließungen und verkürzte Öffnungszeiten angekündigt oder bereits umgesetzt. An der Universität Münster seien beispielsweise Lesesäle geschlossen worden und an der Technischen Universität Dortmund schließe die Bibliothek drei Stunden früher als üblich. „Die Einschränkungen darf man nicht unterschätzen.“ Sie erschwerten das Studieren deutlich: Wenn die Einrichtungen nur noch zu den Kernzeiten geöffnet hätten, überschnitten sich diese mit den Vorlesungszeiten und für jobbende Studierende mit ihren Arbeitszeiten.
Laut Energiewirtschaftsgesetz zählen Hochschulen zu den „geschützten Kunden“, die im Falle einer Energiekrise priorisiert versorgt würden. Das hält Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk für ein wichtiges Zeichen. Gemeinsam mit der Hochschulrektorenkonferenz hatte das Studentenwerk bereits im Juli an Bund und Länder appelliert, dafür Sorge zu tragen, den Hochschulbetrieb und die Angebote des Werks auch bei einer möglichen Energieknappheit möglichst lange aufrechtzuerhalten.
Finanzielle und psychische Folgen von Unischließungen
Viele Universitäten arbeiteten bereits Konzepte zum Energiesparen aus. „Wenn die Studierenden wegen eines Gaslockdowns nicht zur Hochschule könnten, wären sie gezwungen, zu Hause zu heizen“, sagte Stefan Grob dem RND. „Der individuelle und volkswirtschaftliche Schaden wäre in dem Fall höher.“ Dabei verweist Grob neben finanziellen Auswirkungen auch auf die psychischen. „Nach vier Pandemiesemestern werden die psychologischen Beratungsstellen des Studentenwerks an vielen Standorten geradezu überrannt und die Themen sind gravierender geworden.“ Studierende wendeten sich häufiger an die Beratungsstellen wegen sozialer Vereinsamung, depressiver Verstimmungen und suizidaler Gedanken.
„Im Moment stehen die Zeichen ganz gut, dass es nicht zu Hochschulschließungen wegen Energiemangels kommt. Aber das kann sich derzeit in wenigen Tagen wieder ändern“, zeigt sich Grob vorsichtig optimistisch.