Etatstreit in der Ampel: Grüne sehen anders als Lindner neue Spielräume im Haushalt
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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Portrait bei einer Pressekonferenz.
© Quelle: IMAGO/Political-Moments
Offiziell geben sich die Koalitionäre entspannt, aber tatsächlich herrscht in der Ampel hohe Nervosität: Dass Kabinettsbeschlüsse zum Haushalt verschoben würden, sei nichts Ungewöhnliches, versicherten unisono die Haushaltspolitiker von SPD, Grünen und der FDP. Zuvor hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) angekündigt, seine Vorlage der Eckwerte für den Haushalt 2024 von der Tagesordnung des Bundeskabinetts am kommenden Mittwoch zu nehmen. Der Grund: Zwischen den Ausgabewünschen der einzelnen Ministerien und den von Lindner angegebenen Spielräumen im Haushalt klafft weiterhin eine Lücke in Milliardenhöhe.
Laut Finanzministerium haben die Ressorts Zusatzwünsche von insgesamt 70 Milliarden Euro angemeldet, unter anderem für die Bundeswehr oder die geplante Kindergrundsicherung. Lindner will allerdings die Schuldenbremse einhalten und verweist auf neue Haushaltsrisiken, etwa durch steigende Zinszahlungen, die laufenden Tarifverhandlungen und Hilfen für die Ukraine. „Wir werden im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realitäten sprechen müssen“, erklärte er. Es müssten Prioritäten gesetzt werden, weil nicht alles gleichzeitig finanzierbar sei. Einen neuen Zeitpunkt für die Kabinettsbefassung nannte er ausdrücklich nicht.
Bundesfinanzminister Lindner fordert Stabilisierung hoch verschuldeter Staaten
Darüber werde beim Treffen der G20-Staaten in Neu-Delhi vom 23. bis 25. Februar beraten.
© Quelle: Reuters
Die Grünen gaben jedoch umgehend zu Protokoll, welche Prioritäten sie sehen: Es gehe um die notwendige Finanzierung der Kindergrundsicherung und ausreichend Mittel für Klimaschutz, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, sagte der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Das gilt gerade in Zeiten multipler Krisen“, betonte er. Kindler forderte zudem erneut den Abbau klimaschädlicher Subventionen, was Lindner jedoch bisher strikt ablehnt. „Gerade in Zeiten der Klimakrise würde der Abbau klimaschädlicher Subventionen eine doppelte Dividende bringen: Für den Haushalt und für unsere Lebensgrundlagen“, betonte Kindler
Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta forderte zudem mehr Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt für die Pflege- und die Krankenversicherung, was im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Alle SPD-geführten Häuser und der Gesundheitsminister müssten sich mit „deutlich mehr Nachdruck“ für die Einhaltung des Koalitionsvertrags einsetzen. „Wer hier einknickt, wälzt in Zeiten von Inflation und Reallohnverlusten alle Kosten auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab, schwächt mitten in der Krise den Wirtschaftsstandort Deutschland durch steigende Lohnnebenkosten und treibt nicht zuletzt Tausende Arbeitnehmer aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung“, sagte sie und fügte hinzu: „Das kann niemand in der SPD wollen.“
Kindler machte auch deutlich, dass er die Haushaltslage nicht so kritisch sieht wie Lindner: „Einige Entspannung dürfte die nächste Steuerschätzung geben. Die Entwicklung ist deutlich besser als erwartet“, sagte er. Und ähnlich wie sein SPD-Haushaltskollege Dennis Rohde verwies er darauf, wer in Sachen Haushalt das letzte Wort hat: „Bis der Haushalt im November final steht, fließt noch viel Wasser die Spree hinunter und am Ende entscheidet sowieso der Bundestag.“
Die Opposition sieht die Verschiebung der Eckwerte naturgemäß kritischer. Vizefraktionschef Mathias Middelberg (CDU) erklärte, es handele sich um das „Eingeständnis der Regierungsunfähigkeit der Ampel“. Grüne und SPD redeten zwar von Zeitenwende, wollten sie im Haushalt aber nicht wirklich umsetzen. Lindner ziehe deshalb zu Recht die Notbremse. „Die Aufgaben müssen neu priorisiert werden, an einigen Stellen muss schlicht gespart werden und die Herausforderungen bei Themen wie Alterssicherung, Krankenversicherung, Pflege, Digitalisierung oder Migration dürfen nicht weiter geschoben werden“, fordert der CDU-Haushälter.