Flüssiggasabkommen mit Katar ruft geteilte Reaktionen hervor
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/OFWEEC7BZFGKZG44LAEIKHI3UY.jpeg)
Die Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Katar besteht schon länger.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Die Gaswirtschaft sieht in dem Dienstag geschlossenen Abkommen über die Lieferung von Flüssigerdgas aus Katar nach Deutschland ein „positives Signal für die landbasierten LNG-Terminals“. Mit den langfristigen Lieferungen über 15 Jahre ab 2026 werde eine gute Perspektive für diese Terminals eröffnet, sagte der Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas, Timm Kehler, laut einer Mitteilung. „Wir fordern schon lange, nicht nur auf die kurzfristige Versorgung über die schwimmenden Terminals zu blicken.“ Insbesondere für einen späteren Umstieg auf grüne Gase seien die landbasierten Terminals von elementarer Bedeutung.
Der katarische Staatskonzern Qatar Energy hat am Dienstag laut Katars Energieminister Saad Scharida al-Kaabi Abkommen über Flüssiggaslieferungen nach Deutschland geschlossen. Das Gas solle an das US-Unternehmen Conoco Phillips verkauft werden, das es weiter nach Brunsbüttel liefere, sagte der Minister am Dienstag bei der Vertragsunterzeichnung in der katarischen Hauptstadt Doha. Jährlich sollen bis zu 2 Millionen Tonnen geliefert werden.
LNG aus Katar: Wirtschaftsminister Habeck verkündet Einigung über Gasabkommen
Bundeswirtschaftsminister Habeck hält den auf 15 Jahre angelegten LNG-Liefervertrag für einen guten Zeitrahmen.
© Quelle: Reuters
Energiewirtschaft begrüßt neue Pläne
Laut Zukunft Gas entspricht die zwischen Katar und Conoco Phillips vereinbarte Menge rund 30 Terawattstunden und damit etwa 3 Prozent des deutschen Jahresbedarfs. „Wir müssen aber knapp 500 Terawattstunden ersetzen, die bislang über russische Gaslieferungen gedeckt wurden“, sagte Kehler. „Das bedeutet, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, um die Versorgung langfristig zu sichern.“
Die deutsche Energiewirtschaft hat die ab 2026 geplanten LNG-Lieferungen aus Katar nach Brunsbüttel begrüßt. „Jedes zusätzliche Angebot erhöht die Versorgungssicherheit“, sagte die Chefin des Branchenverbandes BDEW, Kerstin Andreae, am Dienstag laut Mitteilung. Langfristige Lieferverträge stabilisierten das Gesamtsystem. „Insofern profitieren sowohl private als auch industrielle Gasverbraucher von neuen Langfristverträgen.“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/BSNUTA7IRZDCTIJ3A77THRCAWU.jpg)
Manuela Schwesig: „Vom russischen Gas haben viele Regionen profitiert“
Durch Bürger- und Wohngeldreform kommt eine „massive Mehrfachbelastung“ auf die Behörden zu, warnt Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig im Interview. Wichtig sei aber die schnelle Hilfe für krisengeplagte Bürger. Wegen des Kriegs müsse auch ihr Land umplanen – um sich von Russland zu lösen und Ökostromvorreiter zu werden.
Gut fürs Klima?
Die Laufzeit über 15 Jahre sei mit den deutschen Klimazielen vereinbar, betonte der BDEW. „Gleichzeitig ist und bleibt ein schneller Wasserstoff-Hochlauf wichtiger und dringender denn je“, sagte Andreae. „Wir brauchen einen mutigen Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft, um die Versorgung zu sichern und die angehobenen Klimaziele zu erreichen.“
An dem Abkommen über die Lieferung von Flüssigerdgas (LNG) aus Katar wird in Deutschland auch Kritik laut. Die Deutsche Umwelthilfe hält den Vertrag in doppelter Hinsicht für falsch: „Der Gas-Deal mit einer LNG-Lieferung ab 2026 hilft nicht in der gegenwärtigen Krise, schafft mit seiner Laufzeit über 15 Jahre aber eine neue langfristige Abhängigkeit“, bemängelte der Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner in Berlin. Damit weise das Lieferabkommen in die falsche Richtung und sei vor allem ein Risiko für die Klimaziele.
Genauso argumentierte der stellvertretende Vorsitzende der Linken, Lorenz Gösta Beutin: „Die Gaslieferungen ab 2026 sind wirkungslos für die aktuelle Energiekrise, schaffen aber langfristige Energieabhängigkeit bis 2041 mit einem Land, das Menschenrechte mit Füßen tritt und am blutigen Krieg gegen den Jemen beteiligt ist.“ Mit dem Aufwand, mit dem die Bundesregierung gerade fossile Infrastruktur ausbaue, verbaue sie sich selbst und nachfolgenden Regierungen jede Chance, die Klimakrise noch rechtzeitig zu stoppen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Berliner Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Merz kritisiert „kleine Größenordnung“
Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich angesichts der Energiekrise zurückhaltend geäußert. „Wir hätten jetzt Lieferverträge gebraucht in wesentlich höherem Umfang“, sagte der CDU-Vorsitzende am Dienstag. Die Lieferungen kämen sehr spät und lösten keines der aktuellen Probleme. Zudem gehe es um eine so kleine Größenordnung, „dass es im Grunde genommen gar nicht weiter auffällt“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zeigte sich über die Vereinbarung mit Katar und die Wahl eines amerikanischen Lieferpartners überrascht. Hierzu müsse eine Reihe von Fragen geklärt werden. „Nichtsdestotrotz, jeder Beitrag hilft natürlich in der Zukunft.“
FDP für eigene Gasförderung, Linke vermutet PR-Kampagne
Aus Sicht der FDP macht das am Dienstag geschlossene Abkommen deutlich, „wie abhängig wir uns von Staaten machen, die unsere Werte nicht teilen“. Deshalb sei es wichtig, die Energiesouveränität zu stärken, indem Deutschland eigene Gasförderung betreibe. „Deutschland sollte auch die Schiefergasförderung an Land vorantreiben, um sich unabhängiger zu machen“, forderte der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse bei „t-online“.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat sich ebenfalls skeptisch gezeigt. Er finde es etwas verfrüht, das Abkommen als großen Erfolg darzustellen, sagte Bartsch am Dienstag in Berlin vor Beginn der Fraktionssitzung der Linken im Bundestag. „Es handelt sich aus meiner Sicht vielmehr um eine PR-Maßnahme, denn es hilft weder für diesen noch für den nächsten Winter.“ Bartsch sprach im Zusammenhang mit dem Gasgeschäft auch von „Doppelmoral“ und verwies auf die Debatte über die „One Love“-Armbinde bei der Fußball-WM. Im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern könne er nicht erklären, wieso man problemlos Gas aus Katar importieren könne. Katar sei wahrhaftig kein Vorzeigeland, was die Demokratie betreffe.
RND/dpa