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„Mir fehlen die Worte“

Prorussische Demo in Frankfurt: Tanzend der Kriegsopfer gedenken?

Mit russischen Fahnen und denen der untergegangenen UdSSR waren am Sonntag Hunderte Menschen bei einer prorussischen Demonstration in der Innenstadt von Frankfurt am Main unterwegs.

Mit russischen Fahnen und denen der untergegangenen UdSSR waren am Sonntag Hunderte Menschen bei einer prorussischen Demonstration in der Innenstadt von Frankfurt am Main unterwegs.

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Frauen und Mädchen tanzen zu russischer Musik, einige halten Fotos in den Händen, Demonstranten schwenken russische und sowjetische Flaggen: In der Innenstadt von Frankfurt am Main gab es trotz Kritik am Sonntag zwei prorussische Demonstrationen mit mehreren Hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtet und wie Videos auf Twitter zeigen.

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Die „FR“ schreibt, es seien vorab zwar viele Beschwerden beim Ordnungsamt eingegangen, „um beide Kundgebungen von Putin-Fans zu verhindern“. Ein Verbot sei rechtlich jedoch nicht möglich gewesen.

+++ Alle News und Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine im Liveblog +++

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In russischen Telegram-Gruppen sei zur Vorsicht gemahnt worden. Die Demonstranten sollten „bloß keine verbotenen Symbole zeigen“, sonst riskiere man eine vorzeitige Auflösung. Die Kundgebungen standen unter dem Motto „Gedenkaktion für Kriegsopfer“.

Twitter-Userin: „Sie feiern den Krieg und den Tod“

Auf Twitter zeigten sich viele Userinnen und User entsetzt darüber, dass die Kundgebungen stattfinden durften. Die Ukrainerin Nataliia Druhak, die in Berlin lebt, schreibt auf Englisch: „Hier versagen die deutsche Demokratie und Erinnerungskultur.“

Denn die Demonstranten würden nicht den Opfern gedenken, sondern „den Krieg, ihre Überlegenheit, den Tod und das Leid anderer“ feiern – und zwar im Zentrum europäischer Städte. Ihr würden die Worte fehlen, wie so etwas möglich sei.

Für ihren Tweet bekommt Druhak viel Unterstützung. Ein Nutzer antwortet, russische Bürger würden die Freiheiten der Demokratie „zynisch ausnutzen“, um „Totalitarismus, Terrorismus, Nationalsozialismus und Anarchie zu unterstützen“.

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Ein anderer ergänzt: „Wir sollten Kundgebungen zur Unterstützung jedes freiheitlichen demokratischen Landes zulassen, das selbst solche Kundgebungen zulässt.“ Das gelte aber nicht für Kundgebungen „zur Unterstützung totalitärer Diktaturen“. „Schrecklich“, schreibt eine weitere Nutzerin.

Nutzer: „Demokratien sind stark genug für solche Proteste“

Andere Kommentare zeigen dagegen Verständnis für die Kundgebungen und auch die Behörden, die das Ganze nicht verhinderten. Ein Nutzer schreibt: „Sie feiern ihre Opas, die die Nazis im Zweiten Weltkrieg zerschmettert haben. Was ist das Problem?“ Ein anderer meint, er sei zwar komplett anderer Meinung als die Demonstranten, aber: „Das nennt man Freiheit.“

So sieht es auch ein weiterer Nutzer, der schreibt: „Jeder Idiot darf zeigen, dass er ein Idiot ist. Sein Recht.“ Und schließlich meint jemand: „Demokratien sind stark genug, um friedliche Proteste zu ertragen, wie unangenehm sie auch sein mögen. Es sind die Faschisten, die die Meinungsfreiheit fürchten und unterdrücken, nicht wir.“

Gedenken in Berlin beginnt ruhig – Gericht verbietet russische Fahnen

Bei Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs am Montag und Dienstag in Berlin dürfen keine russischen Flaggen gezeigt werden.

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Laut dem Bericht der „FR“ hatte auch das Bündnis „Wir überlassen Frankfurt nicht den Kriegstreibern“ die Demonstrationen als Provokation kritisiert. Eine direkte Gegenveranstaltung gab es nicht, allerdings sollte parallel zu den prorussischen Kundgebungen der ukrainische „Marsch der Mütter“ stattfinden – vom Willy-Brandt-Platz zum Main und wieder zurück.

Außerdem sollte bereits am Samstagabend der Frankfurter Opernplatz mit blau-gelber Kreide bemalt werden, wozu das Bündnis seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine schon öfter aufgerufen hatte.

Streit über Gedenken an Weltkriegsende

Das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Form des Erinnerns sorgen auch in diesem Jahr für Diskussionen und juristische Auseinandersetzungen. In Berlin hat das Verwaltungsgericht in zwei Eilentscheidungen erlaubt, dass am 8. und 9. Mai sowohl ukrainische als auch russische und sowjetische Fahnen wehen dürfen.

Das hatte die Berliner Polizei eigentlich verbieten wollen. Im Umfeld dreier sowjetischer Ehrenmale sollten Fahnen und andere Symbole mit Bezug zu Russland oder der Ukraine an beiden Tagen verboten sein. Gegen die Gerichtsentscheidungen legte die Polizei Beschwerde ein, wie sie auf Twitter schrieb.

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Im vergangenen Jahr hatte es bereits ähnliche Verbote gegeben. Trotzdem waren am sowjetischen Ehrenmal im Berliner Tiergarten Unterstützer der Ukraine und Befürworter des russischen Angriffskriegs im Mai 2022 lautstark aufeinander getroffen.

Für diesen Dienstag werden in Berlin russische Gedenkveranstaltungen und prorussische Protestaktionen erwartet. Der deutsche Ableger des putintreuen Motorradclubs „Nachtwölfe“ will mit vielen Motorrädern zu den sowjetischen Ehrenmalen fahren. Die Berliner Polizei kündigte an, den Motorradkorso eng zu begleiten.

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