Griechenland hofft auf Tourismus-Comeback
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Die Corona-Regeln sind gelockert, aber kommen die Gäste auch? Die Ungewissheit in Griechenland ist groß.
© Quelle: Cindy Riechau/dpa
Der Start war vielversprechend: Zu Ostern waren viele griechische Hotels und Pensionen ausgebucht. In den ersten drei Monaten stieg die Zahl der ausländischen Passagiere am Athener Flughafen gegenüber dem Vorjahr von 338.000 auf 1,8 Millionen, ein Plus von 428 Prozent. Auf vielen Inseln wie Mykonos, Santorin, Kos und Rhodos verzeichnen die Hoteliers bereits jetzt für den Sommer mehr Buchungen als im bisherigen Rekordjahr 2019. Auf der Kurzzeitvermietungsplattform Airbnb sind die Buchungen für Santorin gegenüber dem Vorjahr sogar um 552 Prozent gestiegen, die für Athen haben sich vervierfacht. Auf der Insel Korfu beträgt das Plus 317 Prozent.
Mit Wirkung vom 1. Mai hat Griechenland die letzten Corona-Reisebeschränkungen aufgehoben. Besucher müssen jetzt bei der Einreise keinen Impf- oder Testnachweis mehr vorlegen. Auch das Shoppen und Restaurantbesuche werden einfacher: Die bisherige 2G‑Regelung entfällt. Geblieben ist nur die Maskenpflicht in geschlossenen öffentlichen Räumen und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Aber kommen die Gäste auch? Die Ungewissheit ist groß. Niemand wagt vorherzusagen, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickeln und welche Auswirkungen er auf die Urlauberzahlen haben wird. Und die explodierenden Energiekosten sind für die griechischen Hoteliers gleich ein doppelter Risikofaktor: Sie erhöhen ihre Kosten und könnten zugleich viele potenzielle Gäste zwingen, beim Urlaub zu sparen.
Jeder fünfte Arbeitsplatz hängt am Tourismus
Die Agonie ist umso größer, als der Tourismus die wichtigste Säule der griechischen Wirtschaft ist. In guten Jahren werden im Fremdenverkehr über 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet. Jeder fünfte Arbeitsplatz hängt am Geschäft mit den Urlaubern.
2020 bescherte die Pandemie der griechischen Reisebranche den schwersten Einbruch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Zahl der Besucher brach gegenüber dem Vorjahr um 76 Prozent ein, die Tourismuseinnahmen gingen sogar um 78 Prozent zurück. 2021 setzte eine Erholung ein: Die Touristenzahlen verdoppelten sich gegenüber dem Vorjahr. Sie lagen mit 15,3 Millionen allerdings immer noch nur halb so hoch wie im bisherigen Rekordjahr 2019.
Besser als die Besucherzahlen entwickelten sich mit einem Plus von 143 Prozent zum Vorjahr die Tourismuseinnahmen. Das zeigt: Die Gäste geben mehr aus als in früheren Jahren. Nach den Lockdowns und Reisebeschränkungen während der Pandemie wollen sich offenbar viele Urlauberinnen und Urlauber mehr gönnen. Dieser Trend setzt sich auch in den ersten beiden Monaten 2022 fort: Die Urlauberzahlen stiegen gegenüber dem Vorjahr um 282 Prozent, die Einnahmen sogar um 306 Prozent.
Hunderttausende Reisende aus Russland und der Ukraine werden wegbleiben
Doch ob die positive Entwicklung anhält, ist ungewiss. Zu den besonders spendablen Besuchern gehörten in der Vergangenheit die Russen. 2021 kamen 120.000 russische Touristinnen und Touristen nach Griechenland. In diesem Jahr erwartete die Branche bis zu 800.000 Besucher aus Russland, der Ukraine und Belarus. Sie werden wegen des Krieges und der Sanktionen ausbleiben.
Wettmachen könnten den Verlust zu einem Teil die Besucher aus Westeuropa. In Deutschland, Großbritannien und Frankreich steht Griechenland als Reiseziel jetzt besonders hoch im Kurs, sagen Analysten des griechischen Tourismusverbandes Sete. Große Hoffnungen ruhen aber vor allem auf den USA. Die drei großen US-Fluggesellschaften American, Delta und United verbinden in diesem Sommer die Städte New York, Boston, Washington, Philadelphia, Chicago und Atlanta nonstop mit Athen.
Auch Emirates fliegt zwischen der griechischen Hauptstadt und New York. Damit gibt es in diesem Jahr mehr Flüge zwischen den USA und Griechenland als je zuvor. Die Amerikaner sind gern gesehene Gäste, denn sie geben viel aus. Während die ausländischen Touristen im vergangenen Jahr, Flugtickets und Hotelkosten nicht gerechnet, durchschnittlich 600 Euro pro Kopf ausgaben, ließ jeder US-Besucher im Schnitt 1010 Euro im Land.