Kühnert rudert bei „Hart aber fair“ zurück: „Wir sind nicht die Wahlsieger“
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SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.
© Quelle: IMAGO/Chris Emil Janßen
Statt des erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennens entwickelte sich die Landtagswahl in Nordrhein-Westfahlen zu einer klaren Nummer. Mit 9 Prozentpunkten Vorsprung und 35,7 Prozent sicherte sich die CDU mit Spitzenkandidat Hendrik Wüst deutlich den Wahlsieg vor der SPD (26,7 Prozent), die kräftige Verluste hinnehmen musste. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigte sich am frühen Wahlabend noch „fest überzeugt“ von der Gelegenheit einer SPD-geführten Regierung. Einen Tag später jedoch korrigierte er im ARD-Talk „Hart aber fair“ seine Aussagen vom Vorabend.
Mit Blick auf seine Worte vom Vorabend gestand Kühnert ein: „Nach diesem Statement hat sich ja ein bisschen was verändert.“ Seine Aussagen hätten sich auf die ersten Hochrechnungen um 18 Uhr bezogen. Zu diesem Zeitpunkt habe die aktuell in NRW mitregierende FDP nur bei 5 Prozent gestanden, weshalb SPD und Grüne nur einen Sitz von der Mehrheit im Parlament entfernt gewesen seien. Angesichts der Ergebnisse richte sich der Blick zuerst auf Schwarz-Grün, so der SPD-Politiker.
Die CDU dürfe aber von keinem Selbstläufer bei der Regierungsbildung ausgehen, mahnte Kühnert. Wüst stünden mit Grünen und SPD nun ausschließlich Oppositionsparteien der vergangenen Jahre als Optionen zur Verfügung. Die Sondierungsgespräche würden deshalb geprägt von Themen sein, die von SPD und Grüne gemeinsam kritisiert worden seien. Dabei nannte Kühnert etwa den Hambacher Forst, pauschale Abstandsregeln von Windkraftanlagen, mangelnden Mieterschutz und hohe Kita-Gebühren. „Das ist ja nun nicht einfach weg, nur weil Hendrick Wüst starke 36 Prozent mit seiner CDU geholt hat.“ Eine lange Schleife, bis Kühnert das aussprach, was das Ergebnis zeigt: „Wir sind nicht die Wahlsieger.“
Nach NRW-Wahl: Schwarz-grüne Koalition wahrscheinlich
Die Ergebnisse der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sorgten am Tag danach für reichlich Gesprächsstoff.
© Quelle: Reuters
CDU-Vize startet Koalitionsflirt, Grünen-Chef denkt an die SPD
CDU-Vize Carsten Linnemann warf Kühnert wegen der Aussagen vom Vortag einen schlechten Stil vor. „Am Wahlabend muss man ganz klar sagen: Wer hat gewonnen, wer hat verloren?“ Die SPD habe die schwerste Niederlage seit dem Zweiten Weltkrieg einstecken müssen. „Das muss man auch einfach mal aussprechen“, so Linnemann. Kühnerts Aussagen hätten nicht nur der SPD geschadet, sondern „der Politik insgesamt“. Warum? „Weil es die Politikverdrossenheit erhöht.“
Sanfter ging der CDU-Politiker mit dem potenziell neuen Koalitionspartner in NRW um. Die bundesweit starken Wahlergebnisse der Grünen würden einen Trend aufzeigen, wonach aktuell kaum eine Regierungsbildung ohne die Partei möglich sei. Im Gegensatz zur SPD hätten CDU und Grüne nicht nur bei den Stimmen „stark gewonnen“, sondern am Ende auch die Wahl. Für Linnemann war deshalb klar: „Beide haben eine Verantwortung.“ In diesem Kontext gehe er deshalb auch von „sehr konstruktiv“ geführten Gesprächen aus.
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Der Bundesvorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, reagierte zurückhaltend auf Linnemanns begonnenen Koalitionsflirt. Er wolle sich nicht zur NRW-Regierungsbildung äußern. Dies würden die Kolleginnen und Kollegen im Land übernehmen. Nouripour verwies jedoch auf die Wichtigkeit der zuvor von Kühnert genannten Themen. Auf diese werde es in den Verhandlungen ankommen. „Dann schauen wir mal, ob man zu einem Ergebnis kommt oder nicht.“ Eine Absage an Rot-Grün wollte er nicht erteilen. „Es gibt Überschneidungen bei beiden Parteien, die groß sind.“
Ampelkrise? „Müssen die Kirche im Dorf lassen“
Schlechte Wahlergebnisse für SPD und FDP in Nordrhein-Westfahlen, Zoff in der Bundesregierung: Ist der Glanz der Ampel schon wieder verflogen, will Moderator Frank Plasberg wissen. Kühnert gibt zu verstehen, dass der Wahlabend für SPD und FDP kein schöner gewesen sei. „Aber wir müssen auch die Kirche im Dorf lassen.“ Dass die Bundesregierung aber auch mal bei Sachthemen streite, sei sicher kein „Spaltpilz einer Regierung“, reagierte der SPD-Generalsekretär spitz. Er habe vier Jahre die große Koalition erlebt. „Da werde ich mich sicher nicht wegen ein bisschen Auseinandersetzung um den Tankrabatt aus der Ruhe bringen lassen.“ Auch von einer SPD-Flaute wollte er nichts wissen. Seine Partei regiere die Hälfte aller Bundesländer und habe mit dem Saarland bereits deutlich eines aus CDU-Hand gewinnen können.
NRW: Grüne legen sich bei Koalitionsfrage nicht fest
Die Grünen haben die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen bei den jungen Wählerinnen und Wählern klar gewonnen. Insgesamt liegt allerdings die CDU vorne.
© Quelle: Reuters
Auch der Grünen-Chef schob der Frage nach einer Ampelkrise einen Riegel vor. Die Koalition müsse sehr viel nachholen, was in den vergangenen Jahren liegen geblieben sei, so Nouripour. Er erinnerte zudem an die besondere Herausforderung durch den Krieg in der Ukraine. „Dass wir da im Koalitionsausschuss auch nicht immer derselben Meinung sind, das ist, glaube ich, das Normalste auf der Welt.“ Mit Blick auf die SPD richtete der Grünen-Politiker bereits den Blick auf die kommende Landtagswahl in Niedersachsen im Herbst. Dort würde das Bild für die Sozialdemokraten wieder „komplett anders aussehen“. Das Ergebnis in NRW zeige, wo nachjustiert werden müsse. „Aber es wird jetzt nicht schicksalswendend für die Koalition.“
Dass die Ampel in ihrer Anfangszeit vor allem Krisenmanagement betreiben musste – erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine – wollte CDU-Vize Carsten Linnemann nicht als Argument gelten lassen. Auch in den vorangegangenen Regierungsperioden habe es Krisen gegeben – „die Euro-Krise, die Flüchtlingskrise, dann kam die Corona-Krise“. Dies sei das Problem der Politik, weshalb es endlich eine „Föderalismusreform“ brauche, um den Herausforderungen von Krisen begegnen zu können. Dies habe aber auch seine eigene Partei in den vergangenen Jahren verschlafen, gestand Linnemann ein.
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