Heftige Ausschreitungen bei Rentenprotesten

Es brodelt in Frankreich

Eine Demonstration gegen die Rentenreform in Frankreich.

Eine Demonstration gegen die Rentenreform in Frankreich.

Eine Frau am Rande der Menge hält bei den Protesten am Samstag am Rande des Place d’Italie im Süden von Paris mit stolzem Blick ein selbst gemaltes Schild in eine Kamera. „März 23 ist der neue Mai 68“, steht darauf geschrieben. Zur ungefähr gleichen Zeit fährt ein Radfahrer in gelber Warnweste durch Nantes, der eine Fahne an seinem Gefährt angebracht hat. Aufschrift: „Das Wasser kocht bei 100 Grad, das Volk bei 49,3“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Heftige Ausschreitungen bei Renten-Protesten in Frankreich
18.03.2023, Frankreich, Paris: Demonstranten stehen hinter brennenden Barrikaden. Am Samstag fanden in Paris und darüber hinaus zahlreiche Proteste gegen den Plan von Präsident Macron statt, das Renteneintrittsalter in Frankreich von 62 auf 64 Jahre anzuheben. In den Straßen der französischen Hauptstadt stank es nach nicht abgeholtem Müll, während die Arbeiter der Müllabfuhr streikten. Foto: Julien Mattia/Le Pictorium via ZUMA Press/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Wut auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seine Regierung wächst.

Es ist eine Anspielung an den Verfassungsartikel 49.3, den die Premierministerin Élisabeth Borne am Donnerstag angewendet hat, um eine Abstimmung über ihre Rentenreform in der Nationalversammlung zu umgehen. Zu unsicher erschien es bis zum Schluss, ob die Stimmen ausreichen würden, um sie zu beschließen. Die Partei von Präsident Emmanuel Macron und ihre Verbündeten verfügen nur über eine relative Mehrheit und waren auf die konservativen Republikaner angewiesen. Diese zeigten sich gespalten. Die Reform sieht unter anderem die Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre sowie die Beschleunigung eines bereits bestehenden Gesetzes vor, nach dem die Einzahldauer für eine abschlagsfreie Pension schrittweise auf 43 Jahre steigt. In der Bevölkerung ist sie äußerst unbeliebt, mehr als zwei Drittel der Menschen sind dagegen. Macron wollte sie unbedingt durchsetzen, auch gegen den Willen der Gewerkschaften, die acht große Streik- und Protesttage organisiert hatten. Diese liefen geordnet ab – doch das könnte sich ändern, wie die vergangenen Tage gezeigt haben.

Erste Versammlungen und gewaltsame Zusammenstöße mit Polizei

Noch am Donnerstagabend kam es zu ersten spontanen Versammlungen und gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. 292 Menschen wurden festgenommen. Am Freitagabend bewarfen Hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten am Place de la Concorde die Polizisten mit Flaschen und Feuerwerkskörpern, diese setzten Tränengas ein. Am Wochenende wurden Kundgebungen an diesem Platz wie auch auf dem Boulevard Champs-Élysées verboten und dort strenge Kontrollen durchgeführt. Doch die Menschen wichen auf andere Orte aus. Mülleimer brannten, erneut kamen 122 Personen in Gewahrsam. Eine Gruppe von Demonstranten marschierte mit Rauchbomben in das Einkaufszentrum von „Les Halles“ in Paris.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

In ganz Frankreich demonstrierten Zigtausende und nicht immer blieb es friedlich. In Lyon drangen Menschen in ein Rathaus ein und versuchten laut Behördenangaben, Feuer zu legen. Der Brand wurde rasch gelöscht, 36 Menschen kamen in Untersuchungshaft. Mehrere Wahlkreisbüros von Abgeordneten, darunter jenes des Republikaner-Chefs Éric Ciotti, wurden angegriffen.

Die Gewerkschaft CGT kündigte Streiks in mindestens zwei Raffinerien an. Auch bei der Bahn kommt es weiter zu Ausfällen. In Paris, wo die städtische Müllabfuhr seit dem 6. März streikt, erreichten die Abfallberge neue Höhen. Mehr als 10.000 Tonnen Müll sind inzwischen liegen geblieben.

An diesem Montag steht die Regierung zwei Misstrauensanträgen gegenüber. Sollte eine absolute Mehrheit der Abgeordneten in der Nationalversammlung für einen von ihnen stimmen, müssten Premierministerin Borne und die gesamte Regierung zurücktreten. Präsident Macron könnte Neuwahlen ausrufen, die Rentenreform wäre gescheitert. Diesse Szenario gilt jedoch als unwahrscheinlich, denn ein beträchtlicher Teil der Republikaner müssten für den Misstrauensantrag stimmen. Ihr Interesse, die Regierung zu stürzen, ist jedoch gering. Sollten die Anträge scheitern, gilt die Reform als verabschiedet. Doch dann drohen umso heftigere Proteste. Der große Schatten der Widerstandsbewegung der Gelbwesten, die im Herbst und Winter 2018 das ganze Land monatelang in Aufruhr versetzt haben, liegt über Frankreich.

Laden Sie sich jetzt hier kostenfrei unsere RND-App für Android und iOS herunter

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken