Ein neuer Trommler für den schrillen Frontmann Reichelt
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Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt hat sein neues Medien-Start-up mit einem erfahrenen Neuzugang verstärkt.
© Quelle: imago images/Jörg Schüler
Berlin. Vor zwei Wochen hatte Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt seinen früheren Kollegen Ralf Schuler schon einmal in seine Youtube-Show „Achtung, Reichelt“ eingeladen. Die Begrüßung hätte nicht freundlicher ausfallen können: „Mir zugeschaltet ist der großartige Ralf Schuler, einer der klügsten politischen Beobachter des Landes“, schwärmte Reichelt. Da war bereits ein ziemlich offenes Geheimnis, was jetzt offiziell verkündet wurde: Schuler, 57, im Unfrieden gegangener früherer Leiter der „Bild“-Parlamentsredaktion, ambitionierter Hobbyschlagzeuger und Heavy-Metal-Fan, heuert bei Reichelts schrillem Schnellboot an.
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Wie schrill es im Hause Reichelt zugeht, bekommen die Zuschauenden gleich nach acht Sekunden Liveschalte mit Reichelt und Schuler serviert. Über Schulers drei Jahre altes Buch „Lasst uns Populisten sein“, sagt Reichelt in halbem Scherzton: „Wird vermutlich bald verboten.“ Schuler sagt nichts. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärt er, auf die Sendung angesprochen: „Natürlich wird mein Buch nicht verboten, aber ich sah keinen Anlass, Julian dazwischenzugrätschen.“ Schließlich sei, führt Schuler aus, kürzlich sein Twitter-Profil für einen Tag gesperrt gewesen und Facebook habe einen Kommentar von ihm versteckt.
Reichelt führt Krieg gegen alles, was links, grün und an der Macht ist
So ähnlich wird es weitergehen: Reichelt raunt, Reichelt führt Kriege gegen alles, was links und grün und an der Macht ist. Als „rechtspopulistischen Kanal mit stark libertärem Einschlag“, bewertet der Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden in der „Frankfurter Rundschau“ den Youtube-Auftritt, der nach sieben Monaten knapp 230.000 Abonnenten und Abonnentinnen eingesammelt hat. Schuler wird dem Ganzen vermutlich eine seriösere konservative Kante geben.
Während Reichelt expandiert, schrumpft sein Nachfolger bei „Bild“, Johannes Boie, Reichelts früheres Lieblingsprojekt „Bild TV“ anscheinend wegen Erfolglosigkeit zusammen. Der Axel-Springer-Verlag muss sparen, Reichelts „Rome Medien“ kooperiert nach Recherchen von „T-Online“ mit dem konservativen Milliardär Frank Gotthardt.
Der Titel des neuen Talks wird noch gesucht
Schulers Talkformat (der Titel, irgendwas mit Schuler, wird noch gesucht), ist als ausgeruhtes Gespräch mit einem Gast konzipiert. Zum seriös gekleideten und hervorragend vernetzten Senior-Korrespondenten, das ist Teil des Kalküls, könnten auch Gäste kommen, die sich Reichelt nicht gegenübersetzen würden.
Reichelt gibt auch der Influencerin Eva Vlaardingerbroek Raum, die sagt, sie lasse sich nicht „manipulieren von diesen Globalisten, die eine sehr schlimme Agenda haben“. Er scheut also nicht davor zurück, antisemitischen Klischees eine Bühne zu geben.
Was jetzt, Donald?
Das miserable Abschneiden seiner extremen Kandidaten bei den Zwischenwahlen hat den Nimbus von Donald Trump als Königsmacher beschädigt. Bei den Republikanern gibt es erste Absetzbewegungen. Doch ohne Rücksicht auf seine Partei will der Ex-Präsident am Dienstag seine erneute Bewerbung fürs Weiße Haus verkünden.
Schuler wird dort höchstwahrscheinlich klüger sein. Aufdrehen aber kann er auch. „Gott, ist das peinlich: Warum zur Hölle betet die Kirche die Klima-Sekte an?“ hieß sein erster Kommentar für die Website pleiteticker.de, ein Seitenprojekt von Reichelt.
„Bild“ und den Axel-Springer-Verlag verließen beide spektakulär. Reichelt musste vor gut einem Jahr gehen, nachdem sich selbst die „New York Times“ dafür interessierte, wie er mutmaßlich Abhängigkeitsverhältnisse von Mitarbeiterinnen ausnutzte. In der am Dienstagabend ausgestrahlten und vorab in der Mediathek abrufbaren RBB-Sendung „Chez Krömer“ sagte Reichelt nur: „Ich betrachte diese abstoßende, verleumderische Berichterstattung als Teil einer Kampagne, die sich meines Privatlebens bemächtigt hat. Deshalb werde ich dazu nichts sagen.“ Krömer konfrontierte Reichelt auch mit Aussagen einer ehemaligen Mitarbeiterin über dessen Drogenkonsum. „Anonymisierter Schmutz“, konterte Reichelt nur.
Keine Liebe für den Regenbogen
Schuler warf bei „Bild“ mit dem Vorwurf hin, der Axel-Springer-Verlag habe sich der „Agenda der LGBTQ-Bewegung“ ausgeliefert. Der neue Chefredakteur Johannes Boie sagte dazu kürzlich dem „Spiegel“: Wer ein grundsätzliches Problem „mit Schwulen oder Transsexuellen hat, hat bei ,Bild’ nichts verloren. Und wer der Meinung ist, dass ,Bild’ zu links ist, sollte sich vielleicht fragen, ob er womöglich zu rechts ist.“
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