Ärger um Erdogan

Kann die Nato die Türkei rauswerfen?

Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, droht mit einem Veto gegen die Aufnahme von Finnland und Schweden in die Nato.

Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, droht mit einem Veto gegen die Aufnahme von Finnland und Schweden in die Nato.

Im Nato-Hauptquartier in Brüssel rümpft manch einer die Nase, wenn es um den türkischen Präsidenten Erdogan geht. Mit seinen Äußerungen hat sich das türkische Staatsoberhaupt nur selten beliebt bei den anderen Nato-Mitgliedern gemacht. Bei der Terrorismusbekämpfung werde zu wenig getan, kritisiert Erdogan, Europas Länder würden unter „ernsten Problemen auf der Führungs­ebene“ leiden und jetzt die Vetodrohung gegen die Aufnahme von Schweden und Finnland in die Nato.

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Das Vorgehen ist nicht neu, beobachtet Simon Koschut, Professor für Internationale Sicherheitspolitik an der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen. „Die Türkei macht es den anderen Nato-Mitgliedern immer wieder schwer, zum Beispiel mit Provokationen gegen Griechenland“, sagt er im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Immer wieder provoziert die Türkei mit Massenüberflügen türkischer Kampfjets im östlichen Mittelmeer im Streit um eine Insel. In der Vergangenheit habe Erdogan häufig bei wichtigen Entscheidungen mit einem Veto gedroht, wie bei der Wahl von Nato-General­sekretär Rasmussen.

„Dass Erdogan beim Veto gegen die Aufnahme von Schweden und Finnland bleiben will, halte ich für hochproblematisch“, sagt Koschut und betont: Es sei nicht ungewöhnlich, dass nationale Interessen mit institutionellen Entscheidungen verknüpft werden. „Aber wenn es um wichtige Entscheidungen der Nato geht – gerade in dieser kritischen Situation – ,wie die Aufnahme von Schweden und Finnland, schwächt das die gesamte Nato.“

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Erdogan behauptet, Schweden und Finnland würden die kurdischen „PKK-Terroristen“ nicht ernst nehmen, sondern der Arbeiterpartei PKK sogar indirekt helfen. Schweden war lange ein Exilland für PKK-Kämpfer. Die Türkei wirft daher der schwedischen Regierung vor, mit der verbotenen PKK zu sympathisieren. Schweden weist dies zurück. Nachdem Erdogan zunächst Gespräche mit den Regierungen beider Länder abgelehnt hatte, kündigte er am Freitag ein Telefonat mit Finnland an.

Die Nato-Mitglieder sind darauf angewiesen, dass Erdogan der Aufnahme Finnlands und Schwedens in das Militärbündnis zustimmt. Denn die Entscheidungen der Nato basieren auf dem Konsens- und Einstimmigkeitsprinzip. „Die notwendige Einstimmigkeit für die Aufnahme von neuen Mitgliedern lässt sich nur durch eine Änderung des Nato-Vertrags aufheben“, erklärt Experte Koschut. Dafür sei aber eine Zustimmung der Türkei nötig und das sei ausgeschlossen.

Türkei verhindert Nato-Gespräche mit Finnland und Schweden
16.05.2022, Türkei, Ankara: Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, kommt zu einer Zeremonie im Präsidentenpalast. Luxemburgs Außenminister Asselborn hat dem türkischen Präsidenten Erdogan wegen dessen Haltung zu möglichen Nato-Beitritten Finnlands und Schwedens eine «Basar-Mentalität» vorgeworfen. Foto: Burhan Ozbilici/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Türkei hat in der Nato den Beginn der Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden zunächst blockiert.

Könnte die Nato der Türkei die Mitgliedschaft aufkündigen? Nein, sagt Koschut. „Ein Rauswurf ist nicht vorgesehen.“ Nur ein freiwilliger Austritt sei grundsätzlich denkbar, so der Experte, und verweist auf die Austrittsklausel im Artikel 13 des Nato-Vertrags. Er beobachtet schon länger ein doppeltes Spiel Erdogans: „Wenn es um die Sicherheit der Türkei geht, ruft Erdogan die Nato lautstark zu Hilfe. Wenn es aber um die Sicherheit anderer Staaten geht, drückt Erdogan gerne mal auf die Bremse.“

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