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Kampf gegen den Klimawandel

Emissionshandel in der EU: Klimaverschmutzer sollen mehr bezahlen

Wasserdampf steigt aus einem der Kühltürme des Kohlekraftwerks Staudinger bei Großkrotzenburg.

Wasserdampf steigt aus einem der Kühltürme des Kohlekraftwerks Staudinger bei Großkrotzenburg.

Brüssel. Wer klimaschädliches Kohlendioxid (CO₂) in die Luft bläst, muss künftig in der EU noch mehr dafür bezahlen. Dazu will das Europaparlament am Dienstag in Straßburg eine Verschärfung des sogenannten Emissionshandelssystems (ETS) beschließen. Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kann die EU damit ihr Ziel erreichen, den Ausstoß von schädlichen Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Befürworter des Plans sprechen vom „größten Klimaschutzgesetz aller Zeiten“.

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Ein Emissionshandelssystem gibt es in der EU bereits seit 2005. Die Idee dahinter ist vergleichsweise einfach: Das klimaschädliche Kohlendioxid wird mit einem Preis versehen. Wer viel CO₂ ausstößt, muss mehr bezahlen. Wer weniger CO₂ ausstößt und von fossiler auf erneuerbare Energie umsteigt, spart dagegen Geld. Unternehmen wie Stromproduzenten oder Stahlhersteller können untereinander mit sogenannten Verschmutzungszertifikaten handeln. Diese Zertifikate bestimmen den CO₂-Preis. Nun soll aber die Zahl der Zertifikate deutlich schneller sinken als bislang geplant. Das erhöht den CO₂-Preis, und der Ausstoß von Treibhausgasen wird teurer.

Zudem will die EU den Emissionshandel auf weitere Wirtschaftszweige ausdehnen. Bislang gilt er in Europa nur für Stromerzeuger, energieintensive Unternehmen wie Stahlhersteller und für den innereuropäischen Luftverkehr. Damit werden etwa 40 Prozent der CO₂-Emissionen in der EU abgedeckt. Künftig sollen auch die Schifffahrt und ab 2027 auch der Straßenverkehr und das Heizen von Gebäuden im ETS enthalten sein. Damit wären etwa 70 Prozent der Emissionen erfasst.

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Kosten werden steigen

Mit der Verschärfung des Emissionshandels werden die Kosten für das Heizen mit Gas und Öl ebenso steigen wie die Preise für Benzin. Das soll zum Umstieg auf Wärmepumpen und Elektroautos animieren. Eine Notbremse ist in dem Gesetz allerdings eingebaut. Sind die Energiepreise besonders hoch, kann die Einführung des Systems um ein Jahr verschoben werden.

Weil allerdings längst klar ist, dass sich nicht alle Menschen die Energiewende werden leisten können, haben sich die Unterhändler von Europaparlament und EU-Staaten auf einen sogenannten Klimasozialfonds geeinigt. Mit knapp 87 Milliarden Euro sollen die höheren Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher abgefedert werden. Die Summe dürfte jedoch nicht ausreichen. Es gibt bereits Forderungen nach einer Verdoppelung des Sozialfonds.

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Für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland dürfte sich wenig ändern. Hierzulande gibt es seit 2021 bereits ein Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr. Unklar ist noch, wie das deutsche System in das künftige EU-Regelwerk integriert werden kann. Auch ist völlig offen, ob das Geld im EU-Klimasozialfonds reicht. Kritiker wie der Grünen-Klimaexperte Michael Bloss fordern, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandel zum größten Teil an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden, indem sie ausschließlich für Klimaprojekte verwendet werden.

Kostenlose Zertifikate sollen 2034 auslaufen

Auch müsse die EU-Kommission dafür sorgen, dass die EU-Staaten die Einnahmen aus dem Emissionshandel nicht für ihre Haushalte oder ihre Industrie benutzten. In Polen etwa, so der Grünen-Europaabgeordnete, gingen derzeit 70 Prozent der Einnahmen aus dem ETS an die Kohleindustrie zurück. „Das macht überhaupt keinen Sinn“, sagt Bloss.

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Bald ein Bild der Vergangenheit? Hier schaufelt ein Mitarbeiter im Stahlwerk der Salzgitter AG Sand in eine Abstichrinne am Hochofen.

Zweitgrößter Stahlhersteller will Deutschlands CO₂-Emissionen um ein Prozent senken

Die Salzgitter AG will künftig mithilfe von erneuerbarer Energie produzieren. Allein damit könnte ein Prozent des gesamtdeutschen CO₂-Verbrauchs eingespart werden. Doch für die erste Stufe des Vorzeigeprojekts fehlen noch rund 60 Genehmigungen.

Auch die Industrie in der EU fürchtet einen Preisschock. Noch gibt es Gratiszertifikate für den Ausstoß von CO₂, damit europäische Unternehmen keinen Nachteil gegenüber Produzenten in Ländern haben, in denen es keine CO₂-Preise gibt. Diese kostenlosen Zertifikate sollen nun bis 2034 auslaufen. In der Zeit danach soll ein besonderer Mechanismus die europäische Industrie schützen, der sogenannte CO₂-Grenzausgleich (CBAM). Demnach müssen ausländische Produzenten für den Ausstoß von CO₂ zahlen, wenn sie ihre Produkte in der EU verkaufen wollen. Wie die Abgabe erhoben und kontrolliert werden soll, ist bislang nicht bekannt.

Wissenschaftler begrüßen die neuen EU-Pläne im Grundsatz. Allerdings brauche es eine stärkere soziale Absicherung, sagte etwa die Meeresbiologin Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven, jetzt bei einer Onlineveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Es müssten auch noch klimaschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg oder die Ausnahme von Flugbenzin von der Kraftstoffsteuer abgeschafft werden.

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