Logistikkoordinator der Bundesregierung warnt: Kohlekraftreaktivierung führt zu Verkehrsengpässen
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Das Kohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen wird voraussichtlich länger laufen als geplant. Andere Kraftwerke werden reaktiviert.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Berlin. Vor dem Hintergrund der Reaktivierung von Kohlekraftwerken hat der Logistikkoordinator der Bundesregierung, Oliver Luksic (FDP), vor mangelnden Verkehrskapazitäten zur Lieferung des Brennstoffes gewarnt. „Die Steinkohlekraftwerke benötigen riesige Mengen an Kohle, das wird in der Logistik absehbar zu Engpässen führen“, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Betreiber von Kohlekraftwerken würden große Schwierigkeiten haben, „die notwendigen Mengen an Brennstoff herbeizuschaffen“, prognostizierte er.
Die Verkehrswege sind bereits jetzt vielerorts am Limit und in nächster Zeit wird es durch die Reaktivierung der Kohlekraftwerke zu einer weiteren massiven Belastung kommen.
Oliver Luksic (FDP),
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium
Luksic zufolge ist die Logistikbranche schon heute stark ausgelastet: „Die Verkehrswege sind bereits jetzt vielerorts am Limit und in nächster Zeit wird es durch die Reaktivierung der Kohlekraftwerke zu einer weiteren massiven Belastung kommen.“ Hinzu komme fehlendes Material und der Lokführermangel: So gebe es eine „Knappheit von Wagons bei der Bahn, von Schiffkapazitäten in der Binnenschifffahrt und einen massiven Mangel an Lokführern“, ergänzte er. „Das von der Bundesregierung beschlossene Comeback der Kohleverstromung wird einen erheblichen zusätzlichen Verkehr auf Schifffahrtswegen und Schienen nach sich ziehen.“
Angesichts der verringerten Gaslieferungen aus Russland könnte der Energieträger im Herbst und Winter knapp werden. Um Gas einzusparen, soll nun weniger Gas zur Stromproduktion genutzt werden. Stattdessen sollen Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen, die gegenwärtig nur eingeschränkt verfügbar sind, vor der Stilllegung stehen oder sich in der Reserve befinden.
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© Quelle: Reuters
Von den Logistikproblemen berichtete auch der Verein der Kohlenimporteure jüngst. „Die Steinkohlebranche war nicht darauf vorbereitet, dermaßen in die Bresche zu springen“, sagte der Vorsitzende Alexander Bethe der „Bild“-Zeitung. Bahn und Binnenschiffe seien auf die plötzliche Nachfrage nicht vorbereitet. „Unsere Branche ist seit 2016 stark geschrumpft. Zwischen 2016 und 2020 hatten wir einen Mengenrückgang um rund 50 Prozent. Entsprechend hat sich die Logistik angepasst“, sagte Bethe. Das betreffe sowohl Personal als auch Material.
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Kohle und Öl haben auf den Schienen Vorfahrt
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will den Herausforderungen in der Logistik mit Blick auf die zweite Jahreshälfte nun zuvorkommen: Zusammen mit dem Verkehrsministerium solle es eine Verordnung geben, die Kohle und Öl im Schienenverkehr den Vorzug gebe, sagte Habeck am Donnerstag bei der Vorstellung eines neuen Energiesparpaketes. Schon jetzt sorge die Bahn dafür, dass auf den Strecken die Güterverkehre für Energieversorgung priorisiert werden. „Das Ganze wird dann aber zum Winter in der Verordnung verbindlich geregelt“, erklärte der Grünen-Politiker.
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Unterdessen zeigte sich FDP-Politiker Luksic, der ebenfalls Güterverkehrkoordinator des Bundes ist, auch über den „massiven Fahrermangel“ in Deutschland alarmiert. Der betreffe die Bus- und Lkw-Branche, die Taxiunternehmen und die Kurier- sowie Expressdienste. „Wir arbeiten sehr intensiv daran, die Bürokratie und die Führerscheinanforderungen abzubauen, um mehr Menschen für den Beruf zu gewinnen“, versicherte er. „Aber Führerscheinrecht ist Europarecht, da ist der nationale Spielraum klein.“ Das Verkehrsministerium treibe beispielsweise die Anerkennung von Führerscheinen aus Drittstaaten an.
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