Liberale Sterbehilferegelung: Aus zwei Gruppenanträgen im Bundestag wurde einer
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Ein Altenpfleger hält in einem Pflegeheim die Hand einer Frau.
© Quelle: Sebastian Kahnert/zb/dpa
In Deutschland steigen die Chancen für eine liberale Regelung der Sterbehilfe. Die beiden parteiübergreifenden Abgeordnetengruppen, die sich für einen derartige Weg einsetzen, haben ihre unterschiedlichen Vorstellungen zu einem gemeinsamen Gesetzentwurf zusammengeführt, um eine Chance gegen einen weiteren, restriktiven Gruppenantrag zu haben. Das erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Parlamentskreisen.
Über Details wurde striktes Stillschweigen vereinbart. Sie sollen dem Vernehmen nach Mitte Juni vorgestellt werden. Den Informationen zufolge ist geplant, dass der Bundestag abschließend in der ersten Juliwoche über die Gesetzentwürfe entscheidet. Das ist die letzte Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause. Bisher gibt es über die Tagesordnung aber keine Festlegung.
Für eine liberale Regelung setzt sich zum einen die Gruppe um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP), Petra Sitte (Linke) und Helge Lindh (SPD) ein, die auch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstützt wird. Ihr Gesetzentwurf für ein „Suizidhilfegesetz“ sieht eine Regelung außerhalb des Strafrechtes vor. Konkret ist der Aufbau eines Netzes von staatlich anerkannten Beratungsstellen geplant, die Sterbewillige ergebnisoffen aufklären und ihnen auch Alternativen zum Freitod aufzeigen. Ärztinnen und Ärzten soll es frühestens zehn Tage nach einer solchen Beratung erlaubt sein, Medikamente zur Selbsttötung zu verschreiben, zum Beispiel das Schlafmittel Natrium-Pentobarbital. Dazu soll unter anderem das Betäubungsmittelgesetz geändert werden.
Die Parlamentariergruppe um die Grünen-Abgeordneten Renate Künast und Katja Keul verfolgt ebenfalls einen liberalen Ansatz außerhalb des Strafrechtes. Der Gesetzentwurf differenziert aber danach, ob die Betroffenen ihren Tod wegen einer schweren Krankheit anstreben oder aus anderen Gründen. Dann gelten höhere Anforderungen für eine Verschreibung von todbringenden Medikamenten.
Dagegen steht der Gesetzentwurf der Abgeordneten um den SPD-Politiker Lars Castellucci. Die fraktionsübergreifende Gruppe will die auf Wiederholung angelegte, sogenannte geschäftsmäßige Suizidassistenz, in Anlehnung an eine 2015 beschlossene, aber 2020 vom Bundesverfassungsgericht gekippte Neuregelung erneut im Strafrecht verbieten. Nur unter strengen Bedingungen, zu denen eine zweifache ärztliche Begutachtung durch einen Facharzt für Psychiatrie gehört, soll die Beihilfe ausnahmsweise erlaubt werden.
Dieser Gesetzentwurf wurde von 111 Abgeordneten unterzeichnet. Die liberalen Entwürfe haben bisher 69 (Helling-Plahr) beziehungsweise 45 (Künast) Unterzeichner und Unterzeichnerinnen. Gemessen an diesen Zahlen könnte durch die Fusion eine Mehrheit für eine liberale Regelung erreicht werden.
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Sterbehilfe wie vor dem Verbot 2015 wieder straffrei und ohne jede staatliche Regelung möglich. Allerdings gilt der Bereich weiterhin als rechtliche Grauzone. Zudem ist es weiterhin selbst für Menschen mit tödlich verlaufenden, unheilbaren Erkrankungen nur schwer möglich, todbringende Medikamente zu bekommen. Deshalb gibt es die Bestrebungen für eine gesetzliche Neuregelung.
Haben Sie Suizidgedanken? Dann wenden Sie sich bitte an folgende Rufnummern:
Telefonhotline (kostenfrei, 24 Stunden), auch Auskunft über lokale Hilfsdienste: (0800) 111 0 111 (ev.) (0800) 111 0 222 (rk.) (0800) 111 0 333 (für Kinder / Jugendliche)