#LinkeMeToo: „Neustart“ der Linkspartei gefordert
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Wendet sich entschieden dagegen, „dass mir unterstellt wird, ich hätte irgendjemanden geschützt“: Janine Wissler, Mitglied des Deutschen Bundestages und Bundesvorsitzende der Partei Die Linke.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Wiesbaden/Berlin. Nach Vorwürfen sexueller Übergriffe in der Linkspartei fordern prominente Parteivertreter jetzt tiefgreifende Veränderungen bis hin zu einem „Neustart“ der Partei.
Nach Angaben der mit der Partei verbundenen Linksjugend Solid gibt es in mehreren Landesverbänden mehr als 20 Betroffene, sagte Solid-Bundessprecherin Sarah Dubiel. Die schlimmsten Mittäter, sagen Betroffene dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vertraulich, säßen nicht in Parlamenten oder in Parteiämtern, würden aber bislang gedeckt.
Co-Bundesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow hat im Zuge der Affäre bereits ihren Rücktritt angekündigt. Auf ihrer Internetseite schreibt sie: „Ich stelle heute mein Amt als Parteivorsitzende der Linken mit sofortiger Wirkung zur Verfügung.“ Als Grund für ihren Rücktritt nennt sie die gescheiterte Erneuerung ihrer Partei.
Der „Spiegel“ hatte am Freitag mutmaßliche Fälle von sexualisierter Gewalt in der hessischen Linkspartei öffentlich gemacht. Es gebe verschiedene Dokumente mit Hinweisen auf „mutmaßliche Grenzüberschreitungen, Machtmissbrauch und eine toxische Machokultur“, schrieb das Nachrichtenmagazin nach Gesprächen mit zehn Frauen und Männern.
Die Vorsitzende des Landesverbands Rheinland-Pfalz, Melanie Wery-Sims, forderte auf Twitter eine „ehrliche Aufarbeitung“ und eine „große strukturelle Neuaufstellung“. Wery-Sims, die auch Mitglied im Parteivorstand ist, sprach von einem „Neustart – ohne Täter und ohne Strukturen, in denen Täter sich wohlfühlen“.
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Rat aus Fachleuten soll Vorwürfe aufklären
Benjamin-Immanuel Hoff, Staatskanzleichef von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, schreibt in einem längeren Statement auf seiner persönlichen Internetseite: „Die zutage getretenen sexistischen Vorfälle innerhalb der Linkspartei verschärfen objektiv die existentiell schwierige Situation, in der sich die Partei derzeit befindet. Die sexistischen Vorfälle und der bisherige Umgang damit zeigen jedoch aus meiner Sicht ein strukturelles Problem im Umgang mit Fehlverhalten in der Linkspartei insgesamt.“ Der „Prozess der Erneuerung“ solle „offensiv angegangen werden“.
Hoff verwies darauf, dass sich die Partei auch in einem generationellen Umbruch befinde. Jüngere Parteimitglieder hätten zu einem „Wandel der politischen Kultur von unten“ beigetragen, in dem sexuelle Übergriffe nicht mehr hingenommen würden. Die Partei brauche jetzt „auf allen Ebenen Regelungen und Strukturen“. Als Vorbild nannte Hoff die Grünen und ihren von Bundesvorstand und Landesvorständen beschlossenen „Kodex zum Umgang bei Grenzverletzung gegen die sexuelle Selbstbestimmung und/oder bei sexueller Gewalt“.
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Vizeparteivorsitzende Martina Renner kündigte an, die Linke werde „rasch einen externen unabhängigen Expertinnenrat zur Aufarbeitung der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs und Gewalt zusammenrufen“.
Hessische Linke soll seit Monaten von Vorwürfen gewusst haben
Der Ursprung der vom „Spiegel“ veröffentlichten Vorwürfe unter dem Hashtag #LinkeMeToo liegt in Hessen. Die nach Hennig-Willsows Rücktrott allein verbleibende Co-Bundesvorsitzende Janine Wissler, frühere Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, wandte sich zudem entschieden dagegen, dass „mir unterstellt wird, ich hätte irgendjemanden geschützt“.
Die hessische Linke habe nach Angaben des geschäftsführenden Landesvorstands seit Ende November 2021 Kenntnis von den Vorwürfen gehabt. Die Partei habe seitdem begonnen, „diese auf allen Ebenen aufzuarbeiten“. Als weiteren Schritt zur Aufarbeitung will der hessische Landesverband „neutrale“ Vertrauensleute finden, wie er am Samstag erklärte. Diese sollen in der Partei keine Ämter und Funktionen innehaben. Die Suche wolle man nach Ostern abschließen.
Die Ankündigung komme zu spät und sei nur präventiv, kritisierte Dubiel: „An den aktuellen Fällen wird sich dadurch nichts ändern.“ Dass eine unabhängige Vertrauensstelle schon seit Langem gefordert werde, jedoch erst jetzt umgesetzt werden soll, bezeichnete sie als Blamage. Nötig seien professionell geschulte und ausgebildete Ansprechpartner. „Die Partei muss jetzt Geld in die Hand nehmen, sowohl zur Aufarbeitung als auch für Ansprechpersonen zu potenziellen weiteren Fällen“, forderte Dubiel.