Russland dient jetzt Xi Jinping

China, Russland und die Kohle: schlecht fürs Klima

Das Kohlekraftwerk in Xining in der chinesischen Provinz Qinghai.

Das Kohlekraftwerk in Xining in der chinesischen Provinz Qinghai.

Als Xi Jinping am Montag dieser Woche in Moskau einschwebte, war ein Teil der westlichen Öffentlichkeit freudig erregt: Nun bekomme vielleicht der Frieden eine Chance.

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Am Mittwoch aber, als der chinesische Staatschef winkend abreiste, war klar: Zum Thema Ukraine hatte Xi in Wirklichkeit gar nichts Neues im Gepäck, auch wenn er immer wieder lächelnd sein Land als Macht des Friedens pries, die stets bemüht sei, „auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen“:

Die konkreten Beratungen in Moskau, bei denen mehrere Delegationen gleichzeitig drei Tage lang die Köpfe zusammensteckten, drehten sich um etwas anderes.

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Es ging um Geschäfte. Xi will den russischen Markt schon in Kürze mit chinesischen Autos, Maschinen und Computern fluten. Russland soll im Gegenzug für eine sichere – künftig sogar redundante – Energieversorgung Chinas sorgen. Bei all dem blickt Xi weit über Moskau und auch über Kiew hinweg: auf den globalen Gegner USA.

Am Beispiel Russlands führte Xi vor, wie man als chinesischer Staatschef mit einem Land umgeht, das früher mal ein misstrauisch beäugter Rivale war: Man unterwirft es politisch und ökonomisch gleichzeitig – und macht dabei ein freundliches Gesicht.

Frustrierender Machtverlust für Moskau

Immer mehr Russen mokieren sich inzwischen über den Machtverlust für Moskau. Schach­weltmeister Garri Kasparow, im Ausland lebender russischer Regimekritiker, nannte den Xi-Besuch sogar „die schlimmste Demütigung, die Russland je erlebt hat“.

Zwar schwärmt das russische Staatsfernsehen – vordergründig ökonomisch zutreffend – von der „Ausweitung des Handelsvolumens“ durch die chinesische Wirtschaftsoffensive. Hinter den Kulissen aber wächst in Moskau die Sorge, was für Russland – und von Russland – am Ende übrig bleibt.

Sogar aus Führungskreisen des Regimes wird über eine leise wachsende Frustration berichtet. Die „Financial Times“ zitierte am Mittwoch „eine dem Kreml nahestehende Person“ mit der Deutung, Russland werde leider, „diktiert von der Logik der Ereignisse“, absinken zu einer chinesischen Rohstoffkolonie: „Unsere Server werden von Huawei kommen. Wir werden Chinas Absatzmarkt für alles sein. Sie werden Gas von Power of Siberia beziehen. Und noch vor Ende 2023 wird der Yuan unsere Haupthandelswährung.“

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Auf Wiedersehen, Russland: Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Mittwoch beim Abschied in Moskau.

Auf Wiedersehen, Russland: Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Mittwoch beim Abschied in Moskau.

Für Widerstand aber ist es jetzt zu spät. Xi ist, ganz ohne Gewaltanwendung, den Weisheiten von Sun Tzu gefolgt. Der chinesische General und Philosoph lehrte schon vor zweieinhalb­tausend Jahren: „Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen.“

Russland ist neuerdings auf China angewiesen. Staatschef Wladimir Putin hat sein Land durch den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine international isoliert wie nie. Im Februar forderten 141 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen einen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Russland kann froh sein, dass das große China sich auf UN‑Ebene stets der Stimme enthielt – und weiterhin als Handelspartner zur Verfügung steht, ganz ohne Sanktionen.

Der „liebe Freund“ Xi will Sonderkonditionen

Diese neue Konstellation hat für Russland ihren Preis. Bei Öl und Gas ist Putin seine bislang besten Kunden los, die Europäer und die Amerikaner. Die neuen Abnehmer in Russland, Indien und Afrika, zahlen nicht mehr so viel.

Bei der Kohle pochte Xi in den letzten Tagen zudem auf weitere Sonderkonditionen für China: Schließlich habe man ja eine strategische Partnerschaft vereinbart.

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Die Bedarfsmeldung aus Peking hat einen ernsten Hintergrund. Xi plant derzeit den Bau von zwei neuen Kohlekraftwerken pro Woche. Diese aus Sicht von Klimaschützern unfassbare Zahl bestätigte am Mittwoch das Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) in Finnland und verwies auf eine dazu schon im Februar fertiggestellte Studie.

Egal ob man die schon im Bau befindlichen oder die noch geplanten Projekte betrachtet: Mit seiner massiven Ausweitung von Kohlekraftwerken hängt China den Rest der Welt ab.

Egal ob man die schon im Bau befindlichen oder die noch geplanten Projekte betrachtet: Mit seiner massiven Ausweitung von Kohlekraftwerken hängt China den Rest der Welt ab.

„China plant allein mehr neue Kohlekraftwerke als alle anderen Staaten der Erde zusammen­genommen“; sagte CREA-Energieexperte Lauri Myllyvirta dem RedaktionsNetzwerk Deutsch­land. „Schon im vergangenen Jahr hat Peking seine Kapazitäten zur Kohleverstromung in auffälliger Weise gesteigert.“

Myllyvirta sagte, der geplanten starken Ausweitung von Kapazitäten müsse allerdings nicht notwendiger­weise ein ebenso stark wachsender Kohlendioxidausstoß folgen. China wolle sich Energiereserven für den Fall künftiger internationaler Krisen und Kriege verschaffen. Peking fürchte eine Blockade der Straße von Malakka, durch die Öl und Flüssiggas per Schiff aus dem Mittleren Osten nach China transportiert wird.

„Chinas Kohledeal sollte uns hellhörig machen“

Beim Gipfel mit Putin in Moskau hatte sich Chinas Staatschef Xi dem Vernehmen nach bei der über Landwege transportierten russischen Kohle eine Ausweitung der Liefermengen zusagen lassen.

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„Chinas neuer Kohledeal mit Putin sollte uns hellhörig machen“, sagt Nico Lange, der bis Ende 2021 Chef des Leitungsstabs im Bundesverteidigungsministerium war und jetzt für die Münchner Sicherheitskonferenz arbeitet. „Staaten, die sich eine redundante Energie­versorgung verschaffen, können sich im Kriegs- oder Spannungsfall besser behaupten.“ Während in Europa derartige Erwägungen bislang nur in der Theorie eine Rolle spielten, schaffe China bereits Fakten.

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