E-Paper
Ehemaliger Botschafter der Ukraine

Melnyk kritisiert „bremsende Rolle“ der Bundesregierung

Andrij Melnyk, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Deutschland.

Andrij Melnyk, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Deutschland.

Berlin. Der frühere ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, hat der Bundesregierung eine bremsende Rolle im internationalen Umgang mit seinem Land vorgeworfen. Das bilaterale Verhältnis sei deswegen so schwierig, „weil uns bis heute nicht mit allem geholfen wird, was wir zügig benötigen“, sagte Melnyk, der inzwischen Vizeaußenminister in Kiew ist, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Gerade für die jetzt geplante Offensive bräuchten wir noch gestern doppelt oder besser fünfmal so viele Leopard-2-Panzer anstatt nur die 18 gelieferten. Wir brauchen auch modernste deutsche Waffen, Kriegsschiffe und U-Boote für die Zeit nach dem Krieg. Auch darüber wird nicht gesprochen.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Melnyk fügte hinzu: „In Berlin wird das alles bewusst totgeschwiegen.“ Der Vizeaußenminister forderte erneut deutsche Kampfjets und „eine mächtige Eurofighter-Allianz“ – ähnlich wie bei der Lieferung von Leopard-Panzern. „Unsere Verbündeten verfügen ja über zirka 500 solche Kampfjets, darunter allein in Deutschland 138. Dieser Schritt wäre kriegsentscheidend.“

Das Zögern koste Leben von Ukrainern

Der Ex-Botschafter kritisierte die Bundesregierung auch im Zusammenhang mit der von seinem Land angestrebten Nato-Mitgliedschaft. „Die Bundesregierung spielt eine bremsende Rolle dabei, dass es bei unserer Nato-Mitgliedschaft kaum Bewegung gibt, sondern einen Schritt nach vorne und zwei zurück“, sagte er. Nur eine Aufnahme seines Landes in das Bündnis würde dabei helfen, „weitere, vielleicht noch schlimmere russische Kriege in den kommenden Jahrzehnten zu verhindern“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Melnyk warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, Diskussionen über Waffenlieferungen und einen Nato-Beitritt der Ukraine auszuweichen. „Er zeichnet neue oder alte rote Linien, weil man keine Antworten auf diese schwierigen Fragen geben will. Stattdessen wird den Deutschen eingeredet, dass jetzt angeblich in puncto Waffen alles picobello sei, als ob es keinen Krieg gäbe. Das ist ein Irrweg, der umgehend korrigiert werden müsste.“ Das Zögern bei Waffenlieferungen „ist enttäuschend, es kostet ja Leben von Ukrainern“.

Krisen-Radar

RND-Auslandsreporter Can Merey und sein Team analysieren die Entwicklung globaler Krisen im neuen wöchentlichen Newsletter zur Sicherheitslage – immer mittwochs.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seinem Land sollen am Sonntag in Aachen der Karlspreis verliehen werden. Das sei ein Preis „für die Einheit Europas“, mit dem eine klare Richtung vorgegeben werde, sagte Melnyk. „Ein Europapreis heißt für mich auch, dass Deutschland viel schneller vorankommen müsste in Richtung EU- und Nato-Mitgliedschaft der Ukraine.“ Der Preis solle „ein klarer Wegweiser für die europäische und transatlantische Zukunft der Ukraine“ sein.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken