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Affäre um Geheimakten

Nach der FBI-Durchsuchung seines Hauses: neuer Ärger für Joe Biden

Kommt nicht aus den Schlagzeilen: Schon wieder wurden Geheimakten im Privathaus von Joe Biden gefunden.

Kommt nicht aus den Schlagzeilen: Schon wieder wurden Geheimakten im Privathaus von Joe Biden gefunden.

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Washington. Äußerlich schien das Weiße Haus in Feierlaune. „Herzlichen Glückwunsch zu unserem zweiten Jahrestag“, leitete Präsidenten­sprecherin Karine Jean-Pierre am Freitagmittag lachend ihre Ausführungen bei der täglichen Pressekonferenz ein. Ein paar Türen weiter, im prunkvollen East Room, pries sich Joe Biden zur Halbzeit seiner Amtsperiode vor 200 Bürger­meistern und Bürger­meisterinnen für die Schaffung von elf Millionen neuen Jobs.

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Doch die Männer und Frauen, die zur gleichen Zeit das Privathaus des Präsidenten im 160 Kilometer entfernten Wilmington bevölkerten, waren nicht zum Gratulieren gekommen: Geschlagene 13 Stunden lang durchkämmten Beamte der Bundespolizei FBI nach Angaben von Bidens Anwalt „alle Arbeits-, Wohn- und Lagerräume“ auf dem stattlichen Anwesen an einem See und stellten weitere sechs vertrauliche Dokumente sowie einige handschriftliche Notizen sicher.

Der Fund ist für Biden in mehrfacher Hinsicht heikel: Zum einen hatte er die Affäre um falsch gelagerte Geheimakten erst am Vortag heruntergespielt: „Da war nichts.“ Zum anderen wurde die amerikanische Öffentlichkeit über die Durchsuchung erneut erst mit 24-stündiger Verspätung am nachrichten­schwachen Samstagabend unterrichtet, was den Eindruck einer verschleiernden Informations­politik durch das Weiße Haus verstärkt, das den ersten Dokumenten­fund von Anfang November zwei Monate lang verschwiegen hatte. Schließlich liefert der Vorgang den Republikanern im Kongress frische Munition für ihre mit Verdrehungen und Verleumdungen gespickte Kampagne gegen Biden und zur Entlastung ihres Vormanns Donald Trump, der mehr als 300 vertrauliche Dokumente beiseitegeschafft hatte.

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Anders als Trump, dessen Anwesen Mar-a-Lago im vergangenen Sommer Ziel einer FBI-Razzia war, kooperiert Biden mit den Behörden. Die Durchsuchung fand im Einvernehmen statt. Das Weiße Haus selbst hatte nach dem ersten Aktenfund Anfang November in einem früheren Büro von Biden bei einer Washingtoner Denkfabrik das Justizministerium eingeschaltet, das nach mehreren weiteren Funden einen Sonderermittler einsetzte. Insgesamt sind nun nach amerikanischen Medienberichten 25 bis 30 vertrauliche Dokumente in Bidens Privathaus, seiner Garage und seinem Washingtoner Büro aufgetaucht, die eigentlich im Nationalarchiv gelagert werden müssten. Die meisten stammen aus seiner Zeit als Vizepräsident (2009 bis 2017). Doch wurden bei der aktuellen FBI-Durchsuchung auch Papiere aus seiner Senatorenzeit (1973 bis 2009) gefunden.

Trump hatte Razzia gefordert

„Der Grund, weshalb das passiert, ist, weil er (Biden, d. Red.) sich einer Untersuchung nicht widersetzt“, strich Ian Sams, der Sprecher des White-House-Rechtsberaters, am Samstagabend die Unterschiede der Aktenfunde beim ehemaligen und beim aktuellen Präsidenten heraus. Dennoch scheint eine Anklage von Trump in diesem politischen Umfeld kaum noch vorstellbar. Und der Ex-Präsident tut alles, um Biden als den eigentlichen Übeltäter darzustellen. „Wann wird das FBI die vielen Häuser von Joe Biden durchsuchen?“, hatte er schon vor Tagen gefordert. Am Samstag dann behauptete er: „Sie haben sich dieses Dokumenten­chaos selbst eingebrockt, indem sie sich so sehr auf mich eingeschossen haben – dabei habe ich nichts Falsches gemacht.“

Mehrere Ausschüsse des inzwischen vom Trump-Flügel der Republikaner dominierten Repräsentanten­hauses haben sich die Untersuchung der Biden-Familie zum obersten Ziel gesetzt. Die unsachgemäße Lagerung der Akten durch den Präsidenten sei „beunruhigend“, erklärte James Comer, der republikanische Vorsitzende des Kontroll­ausschusses. Bemerkenswerte Unterstützung bekam er am Sonntag von Joe Manchin, dem oftmals quertreibenden rechten Demokraten-Senator, der die Lagerung der Papiere „total unverantwortlich“ nannte.

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Zweifel an erneuter Biden-Kandidatur

Zwar gehen die meisten Beobachter und Beobachterinnen davon aus, dass Biden die Akten aus Schlamperei und nicht aus Absicht verlegte, doch auch im linksliberalen Lager wächst der Frust über die politischen Kollateral­schäden der Affäre. Die „New York Times“ veröffentlichte am Samstag einen Gast­beitrag des Buchautors und Kolumnisten Jonathan Alter unter der Überschrift „O, Biden, was hast du gemacht?“, in dem dem Präsidenten der Verzicht auf eine erneute Kandidatur nahegelegt wurde.

Biden wollte eigentlich Anfang diesen Jahres bekannt geben, ob er 2024 für eine weitere Amtszeit antritt. Nun muss er sich erst einmal einen neuen Stabschef suchen. Der bisherige Amtsinhaber Ron Klain, der ihm loyal gedient hat, will nach amerikanischen Medien­berichten den Posten in den nächsten Wochen aufgeben. Solche Wechsel zur Halbzeit einer Administration sind in Washington allerdings nicht ungewöhnlich und haben oft mehr mit der persönlichen Karriere­planung als mit inhaltlichen Gründen zu tun.

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