Netanjahu zu Besuch: Sperrungen in Berlin – erneute Proteste in Israel
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Vor dem Brandenburger Tor demonstrieren Menschen Anfang März gegen die in Israel geplante Justizreform. (Archivbild)
© Quelle: Jörg Carstensen/dpa
Berlin. Wegen des Besuchs des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu müssen Autofahrer, Fahrradfahrer und Fußgänger in Berlin am Donnerstag mit deutlichen Einschränkungen rechnen. Vor allem die Bereiche rund um das Bundeskanzleramt und das Schloss Bellevue seien betroffen, teilte die Verkehrsinformationszentrale Berlin mit.
Sperrungen soll es auch um das Holocaust-Mahnmal Gleis 17 am Bahnhof Grunewald im Westen der Hauptstadt geben, das Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Netanjahu am Donnerstagvormittag besuchen soll. Einschränkungen gelten auch im Flugverkehr über ganz Berlin und dem näheren Umland, wie die Polizei mitteilte.
Erneute Proteste gegen geplante Justizreform in Israel
Die Demonstrierenden forderten die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf, das umstrittene Vorhaben aufzugeben.
© Quelle: Reuters
Netanjahu hatte sich am späten Mittwochabend auf den Weg nach Berlin gemacht. Am Donnerstagmittag wird er auch von Scholz im Kanzleramt empfangen, am Nachmittag steht dann ein Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an. Die Rückreise ist für den Abend geplant. Der Besuch wird von Protest begleitet - sowohl in Berlin als auch in Israel.
Auch in Israel wird gegen die Justizreform protestiert
Am Tag des Berlin-Besuchs von Ministerpräsident Netanjahu haben am Donnerstag in Israel Proteste gegen die umstrittene Justizreform seiner Regierung begonnen. Bereits in der Nacht zeichneten Künstler in Jerusalem eine dicke rote Linie auf der Straße, die zum Höchsten Gericht führt. Diese sollte die Verbindung zwischen einer unabhängigen Justiz und der Meinungsfreiheit symbolisieren. Fünf Künstler wurden nach Polizeiangaben festgenommen.
Reservisten der israelischen Marine blockierten unterdessen den Hafen der Küstenstadt Haifa mit Booten. „Die Marine wird nicht in eine Diktatur segeln“, hieß es auf großen Bannern entlang der Boote.
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In der strengreligiösen Stadt Bnei Brak eröffneten andere Reservisten eine „Musterungsstelle“. Sie seien gekommen, „um die Last der Wehrpflicht an die ultra-orthodoxe Bevölkerung zu übergeben“, teilten sie nach Medienberichten mit. Ohne Demokratie werde es keine Volksarmee geben. Viele junge strengreligiöse Männer in Israel sind nicht bereit, in der Armee zu dienen. Dies sorgt in anderen Bevölkerungsteilen für großen Zorn.
Proteste vor Botschaft in Tel Aviv
Im Verlauf des Tages waren noch zahlreiche weitere Proteste geplant, auch vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv. Netanjahus rechts-religiöse Regierung will die kontroverse Reform bis Ende des Monats im Schnellverfahren durchsetzen und damit gezielt die unabhängige Justiz schwächen. Kritiker sehen dadurch die Gewaltenteilung als Pfeiler der Demokratie in Gefahr. Mit Spannung wird erwartet, wie Bundeskanzler Olaf Scholz beim Treffen mit Netanjahu am Donnerstag in Berlin mit dem Thema umgehen wird.
Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog hatte am Mittwochabend einen Kompromiss im Streit um die Justizreform vorgeschlagen. Während die Opposition Gesprächsbereitschaft signalisierte, wies Netanjahu den Kompromissvorschlag noch vor seiner Abreise nach Berlin zurück.
SPD-Außenpolitiker Roth verteidigt Netanjahus Besuch: Müssen reden
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Michael Roth, hat den Besuch Netanjahus in Berlin verteidigt. „Wir erweisen ja nicht einem Ministerpräsidenten die Referenz, sondern wir bekennen uns ganz klar zur Sicherheit Israels und in den vergangenen Monaten ist die Sicherheit Israels massiv bedroht“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. Gründe dafür seien etwa die Eskalation im Nahost-Konflikt, die Bedrohung Israels durch das iranische Atomprogramm, aber auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Dennoch teile Roth die massive Kritik der israelischen Bevölkerung an der Justizreform von Netanjahus Regierung.
Roth betonte, die israelische Bevölkerung habe Deutschlands volle Solidarität. Trotzdem müssten Demokratien in Zeiten des Krieges in der Ukraine zusammenrücken. Die in Teilen rechtsextreme Regierung in Israel habe das Land geschwächt, „dennoch müssen wir miteinander reden“.
RND/dpa