Nachfolgerin von Anne Spiegel

Neue Bundesfamilienministerin: Wie sich Kanzlerkritikerin Lisa Paus auf den Kanzler freut

Lisa Paus, designierte Bundesfamilienministerin bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Lisa Paus, designierte Bundesfamilienministerin bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Berlin. Als die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour am Donnerstagnachmittag die neue Bundesfamilienministerin präsentierten, da lobten sie sie in den höchsten Tönen. Lisa Paus sei „eine hervorragende Nachfolgerin“ der am Montag zurückgetretenen Anne Spiegel, sagte Nouripour. Lang würdigte die grüne Bundestagsabgeordnete als „überzeugte Kämpferin für soziale Gerechtigkeit“, die „Sachverstand, Erfahrung und Leidenschaft“ verbinde. Im Übrigen mache der alleinerziehenden Mutter „bei Finanzfragen niemand etwas vor“.

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Als Letzte war die Gerühmte selbst an der Reihe. „Ich habe einen Riesenrespekt vor der Aufgabe“, sagte Paus. „Aber ich bin bereit.“ Dann warf sie sich für die Kindergrundsicherung und den Feminismus in die Bresche und erklärte zugleich, zwar alleinerziehend, aber ebenso privilegiert zu sein – im Gegensatz zu vielen anderen Müttern in dieser Lage.

Paus: „Auch mit mir im Ministerium wird es wieder eine klare Feministin geben“

Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus wird im Bundesfamilienministerium Nachfolgerin von Anne Spiegel.

Die Flügel schlagen weiter

Als die drei gegen 15 Uhr vor die Presse traten, war der Name Lisa Paus keine Überraschung mehr – anders als noch am Vormittag, als die Nachricht ihrer Berufung durchsickerte. Schließlich waren bekanntere Namen gehandelt worden, etwa jener von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt oder jener der Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge. Tatsächlich gibt es Gründe für die Auswahl der 53-Jährigen, die aus Rheine in Westfalen stammt und schon 1988 zum Studium von Volks- und Politikwissenschaft nach Berlin ging.

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Zunächst hat Paus viel Erfahrung. Sie ist seit 1995 Parteimitglied, zog 1997 in den Berliner Landesvorstand ein, war von 1999 bis 2009 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und wechselte 2009 in den Bundestag, wo sie seither durchgehend Mitglied und Obfrau im Finanzausschuss war. Als Finanzexpertin war Paus ferner Teil des Wirecard-Untersuchungsausschusses, in dessen Zentrum der damalige Bundesfinanzminister und heutige Kanzler Olaf Scholz (SPD) stand.

Lisa Paus als neue Familienministerin ist eine Überraschung
 Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Obfrau im Untersuchungsausschuss Wirecard, Deutschland, Berlin, Bundespressekonferenz, Thema: Pressekonferenz zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses Wirecard *** Lisa Paus, financial policy spokeswoman of the Bündnis 90 Die Grünen parliamentary group and member of the Wirecard Investigation Committee, Germany, Berlin, Federal Press Conference, Topic Press conference on the final report of the Wirecard Investigation Committee

Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus wird im Bundesfamilienministerium die Nachfolgerin von Anne Spiegel. Schon seit 1995 ist Paus Grünen-Parteimitglied.

Im Zuge der jüngsten Regierungsbildung stieg die eher zurückhaltende Frau zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden auf, wo sie die Themenfelder Finanzen, Haushalt, Wirtschaft, Arbeit und Soziales verantwortet. Dass die gebürtige Münsterländerin finanzpolitisch versiert ist, dürfte ihr im neuen Amt sehr zugute kommen. Denn familienpolitisches Kernprojekt dieser Legislaturperiode soll die Einführung einer Kindergrundsicherung werden. Diese wird angesichts der finanziellen Herausforderungen des Krieges gegen die Ukraine und der zunehmenden Inflation jedoch schwer durchzusetzen sein.

Der andere Grund, warum Paus berufen wurde, ist, dass sie wie Spiegel dem linken Flügel zugerechnet wird. Zwar hatte Lang zuletzt offengelassen, ob Flügelzugehörigkeit diesmal maßgeblich sein werde. Nicht wenigen ist das längst ein Dorn im Auge. Am Donnerstag sagte sie nach einem einstimmigen Votum im Bundesvorstand der Grünen: „Wir haben nach Kompetenz entschieden.“

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„Wir freuen uns beide“

Doch die linken Grünen haben offenbar darauf bestanden, dass sie den Zugriff erhalten. Deshalb ist Göring-Eckardt, wie aus Parteikreisen verlautet, gar „nicht angefragt“ worden. Lang und Nouripour haben dem Vernehmen nach darauf verzichtet, einen Flügelstreit zu riskieren. Drei der fünf grünen Bundesminister sind ohnehin auch künftig Realos, Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock vorneweg.

Bemerkenswert ist, wie sich Paus‘ Verhältnis zu ihrem künftigen Chef Olaf Scholz gewandelt hat. Am 27. August 2021, also in der Hochphase des Bundestagswahlkampfes, schrieb sie im Kurznachrichtendienst Twitter mit Blick auf Vorwürfe gegen Scholz in Sachen Wirecard und anderen mutmaßlichen Finanzaffären: „So funktioniert das System Scholz: Spuren verwischen und Nebelkerzen werfen. Statt vollständiger Transparenz werden wichtige Details verschwiegen oder nur das zugegeben, was sich öffentlich nicht mehr leugnen lässt.“ Am Donnerstag sagte sie mit Blick auf denselben Scholz: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Ich habe auch bereits mit ihm telefoniert. Und ich kann sagen: Wir freuen uns beide.“

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