Explosionen der Nord-Stream-Pipelines: Moskau nennt US-Präsidenten Biden „Terrorist“
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Das vom dänischen Verteidigungskommando zur Verfügung gestellte Foto zeigt das Nord Stream 2-Gasleck in der Nähe von Bornholm aus der Luft. (Archivbild)
© Quelle: Danish Defence Command/dpa
Moskau. Die russische Führung hat einen Bericht über eine angebliche Beteiligung der USA an der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines aufgegriffen und US-Präsident Joe Biden schwere Vorwürfe gemacht. „Biden schreibt sich in die Geschichte als Terrorist ein“, schrieb der Vorsitzende des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, am Donnerstag in seinem Telegram-Kanal.
Er reagierte damit auf einen Bericht des US-Journalisten Seymor Hersh, wonach US-Marinetaucher für die Explosionen der Gaspipelines in der Ostsee verantwortlich seien. Das Weiße Haus hat den Bericht bereits dementiert.
Die russische Führung steht selbst im Verdacht, hinter den Explosionen zu stehen, die die von Russland nach Deutschland führenden Pipelines Ende September schwer beschädigt hatten. Moskau wiederum hatte von Anfang die These einer Pipeline-Sabotage durch die Vereinigten Staaten vertreten.
Nord Stream 2 weiter einsatzfähig
Russland hatte Nord Stream 1 zum Zeitpunkt der Explosionen wegen angeblicher technischer Probleme bereits abgeschaltet. Die laut Moskau trotz Beschädigung weiter einsatzfähige Leitung Nord Stream 2 hat bis heute keine Zulassung von deutschen Behörden erhalten. Den Untersuchungen zufolge wurden die Detonationen durch Sabotage hervorgerufen. Bis heute gibt es keinen klaren Beweis für die Urheberschaft.
Nun hat der bekannte Investigativ-Journalist Seymor Hersh in seinem Blog die These aufgestellt, US-Spezialtaucher hätten die Sprengsätze bei einer Nato-Übung im Juni an den Leitungen in der Ostsee angebracht und später - unterstützt durch Norwegen - per Fernzündung detonieren lassen.
Staatsanwaltschaft stuft Lecks an Nord-Stream-Pipelines als Sabotage ein
Die fortgeschrittenen Analysenarbeiten würden fortgesetzt, um sicherere Rückschlüsse rund um den Vorfall ziehen zu können.
© Quelle: dpa
Der 85-jährige Hersh, der vor Jahrzehnten durch die Aufdeckung des My-Lai-Massakers in Vietnam durch US-Truppen bekannt wurde, ist zuletzt aber auch immer wieder mit fragwürdigen Recherchen aufgefallen. Die Quellenlage zu Nord Stream ist ungesichert, die USA und Norwegen haben den Bericht scharf zurückgewiesen. „Das ist völlig falsch und eine vollkommene Erfindung“, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Adrienne Watson.
Vorwürfe aus Moskau
In Moskau hingegen wird der Bericht in Medien und Politik breit diskutiert. Nach den veröffentlichten „Fakten“ sei eine internationale Aufklärung des Falls und die Bestrafung der Verantwortlichen nötig, forderte Wolodin. „Wenn (US Präsident Harry) Truman zum Verbrecher wurde, indem er Atomwaffen gegen die Zivilbevölkerung in Hiroshima und Nagasaki einsetzte, so ist Biden zum Terroristen geworden, der den Befehl zur Zerstörung der Energie-Infrastruktur seiner strategischen Partner Deutschland, Frankreich und Niederlande gegeben hat“, so der Vorsitzende des russischen Parlaments. Die Bombardierung der ukrainischen Energie-Infrastruktur durch Russland als Teil des russischen Angriffskriegs hatte Wolodin zuvor gerechtfertigt.
Der Kreml forderte unterdessen erneut eine Beteiligung an internationalen Ermittlungen. „Sie wissen, dass es auch von unserer Seite Erklärungen zu Informationen gab, die auf eine Beteiligung der Angelsachsen an der Organisation dieses Sabotageakts hindeuten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Leider sei Russland nicht gehört worden, doch die neuen Informationen sollten als Grundlage für eine internationale Aufklärung dienen, forderte Peskow.
„Einige Momente (in dem Artikel) kann man bestreiten, andere brauchen Beweise, aber er ist bedeutsam durch die Tiefe der Analyse und die Klarheit der Auslegung“, lobte Peskow die Recherche des US-Journalisten Hersh. Gerade Deutschland als Geschädigter dürfe nicht über den Bericht hinwegsehen, meinte er.
RND/dpa