Öl von Griechenland nach Bulgarien? Ein neuer Plan für eine alte Pipeline
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Griechenland, Athen: Kyriakos Mitsotakis, Ministerpräsident von Griechenland, begrüßt Rumen Radew, Präsident von Bulgarien. Bulgarien und Griechenland wollen eine Ölpipeline bauen, um ihre Versorgung zu sichern.
© Quelle: Petros Giannakouris/AP/dpa
Die Regierungen in Athen und Sofia wollen alte Pläne für eine Rohölpipeline zwischen dem Schwarzen Meer und der Ägäis neu beleben. Aber statt von Bulgarien nach Griechenland, wie ursprünglich geplant, soll das Öl jetzt in umgekehrter Richtung fließen. So könnte die Rohrleitung helfen, das EU- und Nato-Mitglied Bulgarien unabhängig von Ölimporten aus Russland zu machen. Die Zeit drängt: Bulgarien hat sich gegenüber der EU verpflichtet, bis Ende 2024 auf russisches Öl zu verzichten.
Die Energieminister Bulgariens und Griechenlands unterzeichneten nach mehrmonatigen Verhandlungen jetzt in Athen eine Absichtserklärung zur Umsetzung des Projekts. Erste Überlegungen zu der Pipeline, die den bulgarischen Schwarzmeerhafen Burgas mit der nördlichen Ägäis verbinden soll, gehen zurück ins Jahr 1993. Damals war geplant, Rohöl aus Russland, Kasachstan und den Kaukasusrepubliken mit Tankern nach Burgas zu bringen und durch eine 262 Kilometer lange Pipeline zum nordgriechischen Ägäishafen Alexandroupoli zu pumpen. Von dort sollte das Rohöl auf dem Seeweg zu internationalen Märkten weitertransportiert werden.
Die Inbetriebnahme war bis 2011 geplant
Mit der Pipeline wollte man die zeitraubenden und kostspieligen Tankerfahrten durch den überlasteten Bosporus und die Dardanellen umgehen. 1994 vereinbarten Griechenland, Bulgarien und Russland eine erste Absichtserklärung für das Projekt, 2007 unterzeichneten die Regierungschefs Griechenlands und Bulgariens sowie der russische Präsident Wladimir Putin in Athen einen Vertrag über den Bau der Pipeline. Die Verlegung sollte 2008 beginnen, die Inbetriebnahme war für 2011 geplant. Aber dazu kam es nicht. 2008 begann sich in Burgas und Umgebung Widerstand gegen den Ausbau des Ölhafens und die Verlegung der Pipeline zu regen. Die Leitung sollte zwei Naturschutzgebiete durchqueren. 2010 stieg die bulgarische Regierung wegen Umweltbedenken aus dem Projekt aus.
Jetzt lässt der Überfall Russlands auf die Ukraine das Vorhaben in einem neuen Licht erscheinen. Anfang Januar wurde die Planung für die Leitung wieder aufgenommen, allerdings unter einem neuen Vorzeichen. Während die ursprüngliche Transbalkan-Pipeline Rohöl vom Schwarzen Meer zur Ägäis transportieren sollte, geht es nun darum, Öl mit Tankern zum griechischen Alexandroupoli zu bringen und von dort nach Bulgarien zu pumpen. Möglich wäre eine Verlängerung der Leitung bis nach Konstanza in Rumänien.
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Das Projekt dürfte schnell umsetzbar sein
Mit der geplanten Pipeline könnte Bulgarien vor allem die Versorgung seiner einzigen Raffinerie sichern, Neftochim Burgas. Sie ist die größte Raffinerie Südosteuropas und versorgt auch andere Balkanländer mit Mineralölprodukten. Bisher wird die Raffinerie mit russischem Öl betrieben, das in Tankern über das Schwarze Meer kommt. In der EU gilt zwar seit dem 5. Dezember ein Embargo für russische Ölimporte auf dem Seeweg. Bulgarien hat aber mit Brüssel eine Ausnahmeregelung ausgehandelt. Sie gilt bis Ende 2024.
Wegen der seinerzeit geleisteten Vorarbeiten dürfte das Pipelineprojekt relativ schnell umsetzbar sein. Neu kalkuliert werden müssen auf Basis heutiger Preise die Baukosten, die für das ursprüngliche Vorhaben auf rund eine Milliarde Euro veranschlagt wurden. Wirtschaftlich könnte für das Projekt sprechen, dass die Türkei mit Wirkung vom Oktober 2022 die Durchfahrtsgebühren für Schiffe im Bosporus nahezu verfünffacht hat. Die Gebühr stieg von 0,83 Dollar pro Nettoregistertonne auf 4,08 Dollar.