Razzia bei russischem Oligarchen: Am Tegernsee hat er sich „wie zu Hause gefühlt“
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Der russische Oligarch Alischer Usmanow.
© Quelle: Yuri Kochetkov/EPA/dpa
München. Am Mittwochmorgen rückten 250 Einsatzkräfte aus, um Häuser und Objekte des russischen Oligarchen Alischer Usmanow zu durchsuchen. Der Schwerpunkt der Razzia war im oberbayerischen Rottach-Egern am Tegernsee. Dort besitzt Usmanow mehrere Villen und Grundstücke teils direkt am See. Insgesamt wurden nach Angaben der Münchner Staatsanwaltschaft 24 Objekte in Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hamburg durchsucht.
Der 69-Jährige, dessen Vermögen auf 15 Milliarden Euro geschätzt wird, gilt als enger Vertrauter des Kreml-Chefs Wladimir Putin. Die Ermittler sehen den Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Auch soll er die EU-Sanktionen wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine missachtet haben. Denn als Putin-Vertrauter ist sein Geld eingefroren, er darf derzeit keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben. Usmanow aber soll weiterhin Wachpersonal für seine Villen am Tegernsee beschäftigt und bezahlt haben. Er selbst befindet sich spätestens seit Verhängung der Sanktionen am 28. Februar dieses Jahres nicht mehr in Bayern und in Deutschland.
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Maskierte Polizisten stehen bei einer Razzia vor einem Haus des russischen Oligarchen Alischer Usmanow in Rottach-Egern.
© Quelle: Matthias Balk/dpa
In eine andere Stoßrichtung ermittelt das an der Razzia ebenfalls beteiligte Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Diesem geht es laut Auskunft einer Sprecherin um den Verdacht der Geldwäsche. So soll Usmanow über Jahre hinweg Gelder verschoben haben, um deren Herkunft zu verschleiern. Dies würde auch Steuerhinterziehung bedeuten, die Ermittler gehen von einem „mehrstelligen Millionenbetrag“ aus.
Immobilien, Luxusautos und eine Megajacht
Das wirtschaftliche Reich des Alischer Usmanow ist ebenso riesig wie verschachtelt. Das BKA spricht von einem „komplexen Netzwerk an Unternehmen und Gesellschaften, überwiegend in sogenannten Offshore-Staaten“, also in Steuerparadiesen. Usmanow besitzt verschiedenste Immobilien über ganz Europa hinweg, Flugzeuge und die recht bekannte Yacht Dilbar, eine der weltweit größten Yachten. Diese war in Bremen gebaut worden, lag in Hamburg und ist nun als Folge der Sanktionen beschlagnahmt. Unklar ist häufig, was Usmanow selbst gehört und was er Verwandten oder Strohmännern überschrieben hat.
In Rottach-Egern selbst bekam die Bevölkerung nicht viel von ihrem reichen Mitbewohner mit, obwohl er sich dort in der Vergangenheit offenbar häufig und länger aufgehalten hatte. Er soll Stammgast im Luxushotel Überfahrt gewesen sein und dessen Sterneküche genossen haben. Die Villen dienten demnach eher als Unterkunftsorte für Gäste.
Verstöße gegen Russland-Sanktionen: Bundesweite Hausdurchsuchungen
Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine verhängte die Europäische Union Sanktionen gegen Anhänger von Wladimir Putin.
© Quelle: dpa
Immer wieder, so erzählt es der grüne Bundestagsabgeordnete Karl Bär gegenüber dieser Zeitung, seien in der Gegend lange Kolonnen von Luxuskarossen gesichtet worden, in denen Usmanow und sein Gefolge herum kutschiert worden war. Bär vertritt den Bundestagswahlkreis Miesbach und damit auch die Tegernsee-Gemeinden.
Nun meint der Grüne: „Ich freue mich, dass jetzt härtere Bandagen angelegt werden.“ Es sei komplex für die Ermittler, Wege zu finden, um bei den unklaren Besitzverhältnissen rechtssicher solche Durchsuchungen zu machen. Gefunden wurde offenbar zumindest von der Menge her sehr viel. Ein Bekannter vor Ort hat Bär berichtet, dass Beamte den ganzen Tag über große Kisten mit Unterlagen aus dem Haus schafften.
„Er stilisiert sich als Opfer, nicht als Täter“
Bärs CSU-Kollege Alexander Radwan nennt die Razzia im Gespräch „überfällig“. Er wünscht sich aber ein noch härteres Vorgehen: So sollte es möglich gemacht werden, die Vermögenswerte solcher Oligarchen einzuziehen, diese also zu enteignen.
Alischer Usmanow hingegen hält zumindest über die Presse Kontakt zu seiner Wahlheimat Rottach-Egern. Dem „Münchner Merkur“ teilte er in einem Statement mit, dass er dem Ort und seinen Bewohnern „dankbar für das Glück“ sei, das er dort erfahren habe „und das ich in Zukunft hoffentlich wieder erleben werde“. In Rottach-Egern habe er sich „wie zu Hause in Usbekistan gefühlt“.
Einige in der Gegend profitierten durchaus von ihm, Bauaufträge soll er stets an lokale Betriebe vergeben und prompt bezahlt haben. Der CSU-Politiker Radwan allerdings kritisiert: „Er stilisiert sich als Opfer, nicht als Täter. Er soll endlich einmal sagen, wie er denn zum Ukraine-Krieg steht.“ Dazu hat sich Usmanow bisher nicht geäußert.