E-Paper

Aktion „Licht zeigen“: Freundeskreis Yad Vashem und Kieler Nachrichten starten gemeinsames Projekt

Der Chanukka-Leuchter von #lichtzeigen

Der Chanukka-Leuchter von #lichtzeigen

Kiel. Als Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) vor einigen Jahren mit einer Delegation die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem besucht, sieht er ihn zum ersten Mal: den Chanukka-Leuchter der Familie Posner. Ob Zufall oder Absicht, die Gruppe um Kämpfer wird zuerst zu diesem Exponat geführt, und dann erfährt der OB, dass er vor einem Artefakt aus Kiel steht. Wenn Kämpfer davon erzählt, wühlt ihn die Erinnerung an diesen Moment immer noch auf: „In dem Augenblick wurde mir klar, dass ich vor einem Teil der Geschichte meiner Stadt, meiner eigenen Geschichte stehe, die in ein Museum zum Holocaust mündet.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Arthur Posner war der letzte Kieler Rabbi, bevor die Nazis mit ihren Pogromen begannen. Posners Frau Rahel stellt zu Chanukka 1931 den Leuchter in die Fensterbank ihrer Wohnung im Kieler Stadtzentrum, zündet die Kerzen an und macht ein Foto davon. Im Hintergrund hängen auf der anderen Straßenseite bereits Hakenkreuzflaggen an einer Fassade – es ist die NSDAP-Kreiszentrale. Um den Leuchter der Familie Posner und das ikonografische Foto, das weltberühmt wurde, haben der Freundeskreis Yad Vashem und die Kieler Nachrichten ein einzigartiges Projekt geschaffen: Unter dem Motto „Licht zeigen“ sollen zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar überall in Kiel Abbilder des Leuchters zu sehen sein.

Symbol für die Vertreibung der Dunkelheit

Selbstklebende Sticker in DIN-A4-Größe zeigen das Objekt, das als Symbol für die Vertreibung der Dunkelheit steht und für den Mut, Zeichen gegen ein mörderisches Regime zu setzen. Verteilt wird der Sticker am kommenden Montag, 24. Januar, über die gesamte Druckauflage der „Kieler Nachrichten“ und der „Segeberger Zeitung“ (rund 68.000 Exemplare), die die Aktion in ein Themenpaket zu jüdischem Leben in Kiel damals und heute eingebettet haben. Die Idee: Leserinnen und Leser der beiden Titel platzieren den Leuchter in ihrem Umfeld und werden damit Teil der Aktion gegen Ausgrenzung und Hass.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Für uns war sofort klar, dass wir gerne mitmachen – uns als Medienmarke ist es wichtig, uns gegen ausgrenzende Strömungen in unserer Stadt zu positionieren“, sagt „KN“-Chefredakteurin Stefanie Gollasch. Und die Recherchen der Redaktion zu jüdischem Leben im heutigen Kiel hätten gezeigt: Es gibt sie, diese Strömungen, und sie sind teils derart stark, dass Menschen jüdischen Glaubens Angst davor haben, sich öffentlich dazu zu bekennen, weil sie um ihre Sicherheit fürchten.

„Viele sitzen auf gepackten Koffern“, heißt es in der jüdischen Gemeinde. Und auch Joshua Vogel, Leiter der Dokumentationsstelle für Antisemitismus in Schleswig-Holstein, bestätigt, dass diese Anfeindungen ein ernstes und häufiges Problem sind. „Wir kriegen mehr als einmal pro Woche einen Vorfall gemeldet, gehen aber von einer hohen Dunkelziffer aus“, sagte er im „KN“-Interview. Die Struktur der Vorfälle verweise auf eine „erschreckende Alltäglichkeit“ von Antisemitismus im Land.

Umso wichtiger ist es, die Mahnungen aus dem Holocaust nicht verstummen zu lassen, auch wenn bald keine Zeitzeugen mehr verfügbar sein werden. „Uns als Freundeskreis Yad Vashem ist es wichtig, neue Formen des Erinnerns zu finden“, so Ruth Ur, Geschäftsführerin des Freundeskreises Yad Vashem und Initiatorin des Projekts „Licht zeigen“.

Wie man heute erinnern kann

Die Aktion „Licht zeigen“ ist eine mögliche Antwort auf die Frage, wie Erinnern heute aussehen könnte und wo die Verbindungen zum Jetzt sind. Es geht darum, mithilfe von Exponaten aus der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem einzelne Schicksale quasi zurückzuspulen und von ihrem Ausgangspunkt aus neu zu betrachten. Kai Diekmann, ehemaliger Chefredakteur der „Bild“ und Vorsitzender des Freundeskreises Yad Vashem, hält das Leuchtersymbol für extrem gut geeignet für diesen Einsatz.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Das ikonische Foto von Rahel Posner ist atemberaubend, mehr Aussagekraft als ein Chanukka-Leuchter im Vordergrund und die Nazi-Flagge dahinter kann ein Bild kaum haben“, sagt Diekmann. Das Motiv zeige nicht nur die dunkle Seite der drohenden Nazi-Herrschaft, sondern auch das Licht und die Hoffnung, die sich vor die Bedrohung schieben. „Ich bin sehr froh, dass ‚Licht zeigen‘ dieses Bild mit seiner außergewöhnlichen Geschichte nun zurück nach Kiel bringt und jeder die Möglichkeit bekommt, ein Zeichen gegen Hass und Gewalt zu setzen.“

Für Kiels OB Ulf Kämpfer sendet der Kieler Chanukka-Leuchter mit seiner Geschichte eine „kostbare Botschaft“: den Sieg des Lichts über die Dunkelheit. „An die Stelle von Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit setzt Kiel Solidarität und zeigt gemeinsam Licht.“

Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken