Debatte um die Studienleistungen von Annalena Baerbock – das sind die Fakten
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Von Hannover über Hamburg und London nach Potsdam und Berlin: Annalena Baerbock.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Hamburg/London/Potsdam. Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist „Völkerrechtlerin, LL.M.“. So steht es als Berufsbezeichnung in ihrem Abgeordnetenprofil des Bundestags. Was verbirgt sich dahinter? In den sozialen Netzwerken wird über die Studienleistungen der 40-Jährigen debattiert – teils auch polemisch und aus interessierten rechten Kreisen.
Unter #StudierenwieBaerbock werden Falschbehauptungen verbreitet und Fragen gestellt, andere Nutzerinnen und Nutzer verteidigen Baerbock. Die Fakten zeigen: Baerbocks akademischer Werdegang ist eher ungewöhnlich – aber erklärbar. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wo und was hat Annalena Baerbock studiert?
Von 2000 bis 2004 studierte Annalena Baerbock Politikwissenschaft auf Diplom an der Universität Hamburg mit dem Nebenfach Öffentliches Recht/Europarecht. Das Bachelor/Master-System war damals in Deutschland noch nicht flächendeckend eingeführt. Zwischen Grund- und Hauptstudium gab es eine Zwischenprüfung (Magisterstudiengänge) beziehungsweise ein Vordiplom (Diplomstudiengänge). Im Gegensatz zum heutigen Bachelor gelten diese Prüfungen nicht als Abschlusszeugnis. Beim Wechsel zu einem Masterstudium im Ausland konnten Zwischenprüfung/Vordiplom als gleichwertig mit einem ersten Abschluss behandelt werden.
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Hat Baerbock einen Bachelorabschluss?
Einen Bachelorabschluss, wie er Baerbock 2011 auf der Website der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung zugeschrieben wurde, konnte sie zu ihrer Studienzeit gar nicht erwerben. In aktuellen Lebensläufen wird das auch nicht behauptet. Auch die Böll-Stiftung hat den englischsprachigen Lebenslauf korrigiert und mit einem „Übersetzungsfehler“ entschuldigt.
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Baerbock bestand ihre Diplomvorprüfung mit einer Gesamtnote von 1,3 (sehr gut). Der Kampagnensprecher der Grünen, Andreas Kappler, hat auf Twitter einen Auszug aus dem Diplomzeugnis veröffentlicht.
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Woher stammt ihr Masterabschluss – und was ist ein „LL.M.“?
2004/2005 studierte Baerbock an der renommierten London School of Economics (LSE) und erwarb dort einen Masterabschluss (Master of Laws, LL.M.). Für die Aufnahme in den Masterstudiengang ist üblicherweise ein erster Abschluss erforderlich. Für deutsche Studierende war zu diesem Zeitpunkt laut einer archivierten Website der LSE ein „Diplom, Staatsexamen oder Magister mit guten Noten“ erforderlich.
Doch auch Vordiplom oder Zwischenprüfung können als Zugangsvoraussetzung ausreichen, wenn mindestens zwei Semester des Hauptstudiums nachgewiesen werden können. Laut einer Grünen-Sprecherin hat Baerbock nach dem Vordiplom auch Hauptseminarsscheine in Hamburg gemacht. Die Zulassung zum Studium an der LSE gilt als sehr schwierig, Baerbock wurde angenommen.
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Ist Annalena Baerbock eine Juristin?
Nein. Jura hat sie im Nebenfach studiert. Die Kanzlerkandidaten von CDU und SPD, Armin Laschet und Olaf Scholz, haben Jura im Hauptfach studiert, Baerbock Politikwissenschaft im Hauptfach und dann den britischen Masterstudiengang in „Public International Law“. „Volljuristen“ müssen in Deutschland aber zwei Staatsexamina nachweisen. Laschet hat nur das erste juristische Staatsexamen absolviert. Scholz hat die reformierte, aber inzwischen wieder abgeschaffte einstufige Juristenausbildung durchlaufen und als Rechtsanwalt gearbeitet.
Ist Annalena Baerbock eine Völkerrechtlerin?
Mit ihrem Masterabschluss („with distinction“, mit Auszeichnung) kann sie sich als Völkerrechtlerin bezeichnen. Auch ihr Nebenfach in Hamburg geht bereits in diese Richtung.
Hat Annalena Baerbock für ihr Auslandsstudium bezahlt?
Nach Auskunft einer Grünen-Sprecherin hat Baerbock die regulären Studiengebühren an der LSE bezahlt. In der Zeit vor dem Brexit waren Studentinnen und Studenten aus der Europäischen Union den britischen Studierenden gleichgestellt und mussten nicht die erhöhten Tarife für ausländische Studierende zahlen. Die Studiengebühren sind dennoch happig: Aktuell liegen sie bei rund 17.000 Pfund (fast 20.000 Euro) pro Jahr für den LL.M. 2004/2005 wurden nach Auskunft der LSE knapp 7.800 Pfund (damals rund 11.000 Euro) verlangt. Die Grünen-Sprecherin teilt mit, Baerbock habe in den Semesterferien gejobbt, unter anderem in einer Fabrik, um Geld für das Studium zu verdienen.
Hat Annalena Baerbock eine Abschlussarbeit geschrieben?
Die Abschlussarbeit sei Voraussetzung für den Abschluss als „LL.M.“, teilt die Grünen-Sprecherin mit. Die LSE verlangt heute eine „Dissertation“ in der Länge von 10.000 Wörtern. Das sind gut 30 Seiten und damit deutlich weniger als eine deutsche Magister-/Masterarbeit. Masterarbeiten werden aber üblicherweise nicht veröffentlicht, sodass Thema und Umfang nicht einsehbar sind.
Warum hat Annalena Baerbock ihre Promotion abgebrochen?
Noch beim Einzug in den Bundestag 2013 wollte Baerbock ihre Dissertation zum Thema „Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe“ an der Freien Universität Berlin beenden. Diese sei „fast fertig“, sagte sie damals dem „Tagesspiegel“. Das Porträt erschien direkt nach ihrer ersten Wahl ins Parlament – kurz danach änderte sie ihre Meinung.
Vermutlich hat sie kurzzeitig die Dreifachbelastung zwischen Mandat, Familie (ihre erste Tochter ist 2011 geboren) und akademischer Arbeit unterschätzt. Die Grünen-Sprecherin sagt: „Annalena Baerbock hat die Promotion abgebrochen, um sich ganz auf das Mandat zu konzentrieren.“