DNA-Test: Mann wurde doch nicht von Wolf gebissen
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Ein verschlossenes Tor und ein Zaun begrenzen den Friedhof in Steinfeld. Ein Gemeindearbeiter wurde nach eigener Schilderung bei der Pflege der Grünanlage um den Friedhof von einem Wolf in die Hand gebissen. Foto: Carmen Jaspersen
© Quelle: dpa
Hannover. Der vermeintlich erste Angriff eines Wolfes auf einen Menschen in Deutschland seit Rückkehr der Tiere war wohl doch kein Wolfsangriff. Das teilte das niedersächsische Umweltministerium am Dienstag nach der Untersuchung der genommenen DNA-Proben mit. Um den Vorfall ganz aufzuklären will Umweltminister Olaf Lies (SPD) ein ortsansässiges Wolfsrudel fangen und mit einem Sender ausstatten lassen. „Wir brauchen Klarheit.“
Hunde- und Katzenspuren entdeckt
Der Gemeindearbeiter war am Dienstag vergangener Woche in Steinfeld (Kreis Rotenburg) nach eigenen Angaben auf einem Friedhof von einem Wolf in die Hand gebissen worden. Er ging allerdings erst einen Tag nach der Attacke zum Arzt. Das Umweltministerium hatte die vor Ort genommenen DNA-Proben am Donnerstag vergangener Woche per Kurier an das Senckenberg-Institut im hessischen Gelnhausen geschickt. Es wurden ein Pullover, in den das Tier gebissen hatte, nach Hessen geschickt sowie ein Hammer, mit dem der Friedhofsgärtner den Angreifer vertrieben hatte. Die hessischen Experten entdeckten zwar Spuren, die von Tieren stammten, jedoch keine vom Wolf. Am Friedhof genommene Haarproben stammten von einem Reh. „Ich hätte mir ein klareres Ergebnis gewünscht“, sagte der Umweltminister. Obwohl jetzt keine klaren Beweise vorliegen, müsse man die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen. Deshalb werde er eine „Ad-hoc-Besenderung“ des in Steinfeld gesehenen Rudels anordnen. Man müsse auch der Frage nachgehen, ob es freilaufende Hunde in Steinfeld gebe. Der Friedhofsgärtner habe nur von einem „wolfsähnlichen Wesen“ gesprochen, das ihn von hinten gebissen habe.
Der Präsident des niedersächsischen Jägerverbandes, Helmut Damman-Tamke, begrüßte das Vorgehen von Lies. „Er unternimmt jetzt die richtigen Schritte und ist konsequent“, sagte Damann-Tamke der HAZ. Lies will jetzt auch erreichen, dass der Wolf generell ins Jagdrecht übernommen wird. „Wir prüfen, ob und ab wann die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht helfen kann, um etwa Fragen von Zuständigkeiten und Befugnissen zu lösen“, sagte der Minister – und zwar unabhängig von dem aktuellen Fall in Steinfeld, wo bei einer nachgewiesenen Wolfsattacke „die Polizei hätte helfen müssen“. Sollte der Wolf in das Jagdrecht aufgenommen werden, könne er aber nicht automatisch bejagt werden, betonte Lies. „Der Wolf bleibt streng geschützt. Wir kommen jedoch angesichts der deutlich zunehmenden Population irgendwann in Bereiche, in denen auch eine Bestandsregulierung notwendig sein könnte.“ Spätestens dann müssten die Wölfe ohnehin im Jagdrecht sein, um die Population zu regulieren. Derzeit leben nach Lies’ Angaben etwa 200 bis 250 Wölfe in Niedersachsen, die sich sehr schnell vermehrten.
Grüne halten Minister für überfordert
Die Grünen hatten die Äußerungen von Lies sofort scharf kritisiert. „Es wird deutlich: Dieser Umweltminister ist offenbar mit dem Thema Wolf komplett überfordert“, erklärte Grünen-Fraktionsvize Christian Meyer. „Nach dem Bundesnaturschutzrecht unterliegt der Wolf einer ganzjährigen Schonzeit. Zudem erschwert eine Aufnahme ins Jagdrecht die Abschüsse von Problemwölfen eher und sorgt für viel Bürokratieaufwand, da jeder Revierinhaber die Entnahme eines Problemwolfs genehmigen müsste.“
Von Michael B. Berger und Marco Seng